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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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sehen. Richtig?«
    »He, Sie sollten Experia-Filme schreiben. So wie Sie es sagen, klingt es beinahe reizvoll.«
    »Ja. Verdammt romantisch. Hören Sie, wenn Sie einen Schlafplatz brauchen, bis Ihre Freunde so weit sind, kann ich Ihnen helfen. Wenn Sie lieber in den Straßen von Tekitomura Micky Nozawa spielen möchten, bitte.« Sie legte den Kopf etwas schief. »Dann werde ich mir den Film einstöpseln, sobald Sie ihn abgedreht haben.«
    Ich grinste.
    »Ist es weit?«
    Ihr Blick huschte nach links. »Da lang.«
    Aus der Bar drangen die Schreie der Verwirrten, und eine vereinzelte Stimme schrie nach Mord und heiliger Vergeltung.
    Wir glitten zwischen den Kränen und Schatten davon.

 
3
     
     
    Kompcho war ein einziges Lichtermeer. Auf den sanft ansteigenden Dauerbeton-Landerampen wimmelten die Angier-Lampen emsig um die gedrungenen Formen der vertäuten Hoverlader, die massig wie an Land gezogene Elefantenrochen in ihren schlaffen Schürzen an den Andockklammern hingen. Licht strömte aus den geöffneten Ladeluken an den Flanken, illuminiumlackierte Fahrzeuge fuhren auf den Rampen hin und her und servierten auf ihren Gabelstaplerarmen die entladene Hardware. Über all dem lag eine Geräuschkulisse von Maschinenlärm und vielstimmigem Rufen, in der die einzelnen Stimmen untergingen. Es machte den Eindruck, als hätte jemand die leuchtende, vier Kilometer östlich gelegene Säuberungsstation herübergebracht und sie zu wucherndem, viralen Wachstum angeregt. Kompchos Licht und Lärm fraßen sich in alle Richtungen tief in die Nacht.
    Wir fädelten uns in das Gewirr von Maschinen und Menschen ein und durchquerten das Hafengelände hinter den Hoverrampen. Das Angebot der Discount-Hardwareverkäufer türmte sich zu hohen Mauern und verbreitete blassen Neonschimmer an der Seeseite der Kais. Dazwischen verstreut konnte man das erregendere Leuchten von Bars, Bordellen und Implantat-Kliniken ausmachen. Alle Türen waren offen und gewährten oftmals auf der ganzen Breite der Straßenfront Einlass. Kunden strömten in dichten Knäueln ein und aus. Vor mir vollführte ein Fahrzeug eine enge Kurve und setzte zurück. Es war mit einer Ladung intelligenter Pilsudski-Bomben beladen, deren Sicherheitsalarm Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht blinkte. Jemand schob sich seitlich an mir vorbei und grinste mit einem Gesicht, das zur Hälfte aus Metall bestand.
    Sie führte mich in einen der Implantat-Salons, an acht Operationsstühlen vorbei, in denen muskulöse Männer und Frauen saßen und mit zusammengebissenen Zähnen in die Spiegelfront und auf die Monitore über ihren Köpfen starrten, um zuzusehen, wie man sie aufrüstete. Wahrscheinlich empfanden sie nicht im eigentlichen Sinne Schmerzen, aber trotzdem war es wohl nicht besonders lustig, mit anzusehen, wie das Fleisch, das man gerade trägt, aufgeschnitten, abgeschält und weggeworfen wird, um für irgendein neues körperinternes Spielzeug Platz zu machen, das in dieser Saison laut Sponsorenmeinung alle DeCom-Teams hatten.
    Sie blieb an einem der Stühle stehen und betrachtete das Spiegelbild des kahlrasierten Hünen, der kaum in seinen Sitz passte. Sie machten irgendwas mit seinem rechten Schulterknochen – ein bis zum Brustbein aufgeklapptes Stück Hals hing über einem blutgetränkten Handtuch vor seiner Brust. Kohlenstoffschwarze Halssehnen zuckten ruhelos im blutigen Fleisch.
    »Hallo, Orr.«
    »Hallo! Sylvie!« Der Hüne hatte offenbar nicht mal die Zähne zusammengebissen. Sein Blick war leicht glasig von den Endorphinen. Er hob träge den Arm seiner intakten Seite und stieß mit ihr die Fäuste an. »Was machst du?«
    »Bin auf Stadtbummel. Bist du dir sicher, dass das bis morgen Früh wieder verheilt ist?«
    Orr reckte den Daumen hoch. »Wenn nicht, sorge ich dafür, dass dieser Skalpellschlitzer genauso aussieht, bevor wir gehen. Ohne Betäubungsmittel…«
    Der Implantatchirurg zeigte ein dünnes Lächeln und arbeitete unbeeindruckt weiter. Offensichtlich kannte er solche Sprüche. Die Augen des Hünen wanderten zu meinem Spiegelbild. Falls er das Blut an mir bemerkt hatte, schien es ihn nicht zu stören. Schließlich war sein Kittel auch nicht gerade fleckenlos weiß.
    »Wer ist der Synth?«
    »Ein Freund«, erklärte Sylvie. »Wir reden oben.«
    »Bin in zehn Minuten da.« Er blickte zum Chirurgen auf. »Oder?«
    »Halbe Stunde«, sagte der Chirurg, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. »Die Gewebeverbindungen müssen sich erst festigen.«
    »Scheiße.« Der Hüne

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