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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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eingerichtet, wo wir es machen können.«
    »Koi.« Ich schob mich in sein Sichtfeld. »Zuerst müssen wir reden. Es gibt da ein paar Dinge, die Sie wissen sollten.«
    Er sah mich eine ganze Weile an, ohne dass seinem faltigen Gesicht eine Regung anzumerken war. Aber in seinen Augen stand ein Hunger, an dem ich, wie ich wusste, nicht vorbeikommen würde.
    »Das muss leider warten«, sagte er. »Unsere höchste Priorität ist die Bestätigung ihrer Identität. Es wäre mir sehr lieb, wenn niemand von euch meinen Namen nennen würde, bis dieser Punkt erledigt ist.«
    »Konstatierung«, sagte ich in scharfem Tonfall. Es ging mir allmählich auf den Geist, mit welcher Betonung von ihr gesprochen wurde. »Sie meinen die Konstatierung, nicht wahr, Koi?«
    Sein Blick rutschte von meiner Schulter ab und kehrte zum Rochenjäger zurück.
    »Ja, das habe ich gemeint«, sagte er.
     
    Den Unterklasse-Wurzeln des Quellismus wurde große Bedeutung beigemessen, vor allem in den Jahrhunderten nach dem Tod der grundlegenden Architektin, die sich damit praktischerweise aus dem Reich der politischen Debatte zurückgezogen hatte. Die Tatsache, dass Quellcrist Falconer ihre Machtbasis inmitten der ärmsten Arbeiterschicht von Harlans Welt aufbaute, führte zur seltsamen Überzeugung vieler Neoquellisten, dass die Absicht während der Siedlerkriege darin bestanden hatte, die Führungsriege ausschließlich aus dieser Klasse zu rekrutieren. Dass Nadia Makita selbst das Produkt einer relativ privilegierten Mittelklasse war, wurde geflissentlich übersehen, und da sie niemals eine politische Herrschaftsstellung innehatte, hatte sich die Frage, wer den Laden schmeißen soll, nachdem der Sturm vorbei ist, niemals gestellt. Aber dieser immanente Widerspruch im Herzen der modernen quellistischen Philosophie blieb bestehen, und in neoquellistischer Gesellschaft wurde es als unhöflich betrachtet, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
    Also enthielt ich mich eines Kommentars zur Tatsache, dass die abhörsichere Wohnung im unteren Heck der Bilder der Schwebenden Welt offenkundig nicht dem vornehm wirkenden Pärchen ehemaliger Mitglieder der Schwarzen Brigade gehörte, das dort auf uns wartete. Das untere Heck war auf allen Floßstädten und Meeresfabriken die billigste und unfreundlichste Wohngegend, und niemand, der es sich aussuchen konnte, zog freiwillig dort ein. Ich spürte, wie die Vibrationen des Antriebs der Schwebenden Welt intensiver wurden, als wir über einen Niedergang von den begehrenswerteren Besatzungsquartieren in den Aufbauten über dem Hauptdeck ins untere Heck hinunterstiegen, und als wir die Wohnung erreicht hatten, war das Geräusch ein ständiges Mahlen im Hintergrund. Zweckmäßiges Mobiliar, abgewetzte und zerkratzte Wände und ein Minimum an Dekoration machten deutlich, dass, wer immer hier logierte, nicht viel Zeit zu Hause verbrachte.
    »Verzeihen Sie das Ambiente«, sagte die Frau weltmännisch, als sie uns ins Apartment führte. »Es ist nur für diese Nacht. Aber die Nähe zum Antrieb macht jeden Abhörversuch nahezu unmöglich.«
    Ihr Partner forderte uns auf, die Stühle rund um einen billigen Plastiktisch zu besetzen, auf dem Erfrischungen standen. Tee in einer gewärmten Kanne, verschiedene Sushi-Gerichte. Sehr förmlich. Er sprach, während wir Platz nahmen.
    »Außerdem sind wir weniger als hundert Meter von der nächsten Wartungsschleuse entfernt, von der Sie alle morgen Früh abgeholt werden. Man wird den Skimmer genau unter die Ladekräne zwischen den Kielen sechs und sieben manövrieren. So können sie ganz einfach hinuntersteigen.« Er deutete auf Sierra Tres. »Selbst wenn Sie verletzt sind, dürften Sie keine allzu großen Schwierigkeiten haben.«
    All das hatte eine einstudierte Kompetenz, aber während er sprach, wanderte sein Blick immer wieder zur Frau in Sylvie Oshimas Körper hinüber, um sich jedes Mal abrupt abzuwenden. Koi hatte fast genauso reagiert, seit wir sie von Bord der Spiel mit dem Engelsfeuer gebracht hatten. Nur das weibliche Mitglied der Brigade schien ihre Augen und ihre Hoffnungen wirklich unter Kontrolle zu haben.
    »Also«, sagte sie konziliant. »Ich bin Sto Delia. Das ist Kiyoshi Tan. Wollen wir beginnen?«
    Konstatierung.
    In der heutigen Gesellschaft ist es ein genauso übliches Ritual wie die elterliche Anerkennungsfeier anlässlich einer Geburt oder die Wiederheirat, um ein neu gesleevtes Paar in ihrer alten Beziehung zu bestätigen. Die Konstatierung war teils stilisierte

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