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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zeremonie, teils rührselige Wie-war-es-noch-gleich-damals- Sitzung und variierte in Form und Förmlichkeit von Planet zu Planet und von Kultur zu Kultur. Aber auf jeder Welt, die ich besucht hatte, war sie ein zutiefst akzeptierter grundlegender Aspekt der sozialen Bindungen. Abgesehen von teuren hochtechnisierten psychografischen Prozeduren war sie die einzige Methode, wie wir unseren Freunden und Verwandten beweisen konnten, dass wir ungeachtet des Fleisches, in dem wir auftraten, wirklich diejenigen waren, die zu sein wir behaupteten. Die Konstatierung war die soziale Kernfunktion, mit der die Fortdauer der Identität im modernen Zeitalter definiert wurde. Für uns war sie genauso lebenswichtig, wie es die primitiveren Methoden der Unterschrift oder der Fingerabdruckspeicherung für unsere prämillenialen Vorfahren gewesen waren.
    Beziehungsweise war es für einen gewöhnlichen Bürger so.
    Für nahezu mythische Heldengestalten, die – vielleicht – von den Toten zurückgekehrt waren, hatte die Prozedur eine hundertmal wichtigere Bedeutung. Soseki Koi zitterte sichtlich, als er sich setzte. Seine beiden Kollegen trugen jüngere Sleeves und ließen es sich weniger anmerken, aber wenn man sie mit Envoy-Augen betrachtete, lag die gleiche Anspannung in den unsicheren, übertriebenen Gesten, im Gelächter, das zu schnell ausgehustet wurde, im gelegentlichen Zittern einer Stimme, wenn sie in einer trockenen Kehle erneut ansetzen musste. Diesen Männern und dieser Frau, die einst zur meistgefürchteten revolutionären Truppe in der Geschichte dieses Planeten gehört hatten, wurde plötzlich ein Hoffnungsschimmer inmitten der Asche ihrer Vergangenheit gewährt. In der Frau, die Nadia Makita zu sein behauptete, sahen sie all das, was ihnen jemals etwas bedeutet hatte, und es hing deutlich sichtbar im Gleichgewicht hinter ihren Augen.
    »Es ist uns eine Ehre…«, begann Koi und brach ab, um sich zu räuspern. »Es ist uns eine Ehre, von diesen Dingen zu sprechen…«
    Auf der anderen Seite des Tisches sah die Frau in Sylvie Oshimas Sleeve ihn ruhig an, während er sprach. Sie beantwortete einige seiner indirekten Fragen mit fester Zustimmung, und andere ignorierte sie. Die anderen beiden Brigade-Mitglieder schalteten sich ein, und sie drehte sich ein wenig mit ihrem Sitz zu ihnen herum, bot jedes Mal eine altertümliche Geste der Einbeziehung an. Ich hatte das Gefühl, auf den Status eines Zuschauers reduziert zu werden, als die anfängliche Runde der Höflichkeiten zu Ende war und die eigentliche Konstatierung in Schwung kam. Das Gespräch gewann an Tempo, bewegte sich schnell von Fragen zu den letzten paar Tagen zu einer langen und düsteren politischen Retrospektive und schließlich zu den Siedlerkriegen und den Jahren, die ihnen vorausgegangen waren. Die Sprache veränderte sich genauso schnell, von zeitgenössischem Amenglisch zu einem mir unvertrauten alten japanischen Dialekt mit gelegentlichen Einschüben in Stripjap. Ich blickte mit einem Achselzucken zu Brasil hinüber, als sich die Themen und die Syntax immer weiter von uns entfernten.
    So ging es stundenlang weiter. Die arbeitenden Motoren der Floßstadt erzeugten dumpfen Donner in den Wänden um uns herum. Die Bilder der Schwebenden Welt pflügte unablässig voran. Wir saßen da und lauschten.
    »… nachdenklich. Ein Sturz von einem solchen Sims, und man ist nur noch Matsch in der ›Ebbe?‹. Keine Bergung vorgesehen, keine Resleeving-Versicherung, nicht einmal eine Todesfallentschädigung für die Familie. Es ist eine ›Wut?‹, die man zuerst in den Knochen spürt und dann…«
    »… erinnern, wann Sie zum ersten Mal erkannten, dass das der Fall war?«
    »… ein Artikel meines Vaters über Kolonialtheorie…«
    »… haben ›?????‹ auf den Straßen von Danchi gespielt. Wir alle. Ich erinnere mich, wie die ›Straßenpolizei?‹ einmal versuchte…«
    »… Reaktion?«
    »Familien sind so – zumindest meine Familie hat immer ›ge?????‹, wenn es eine Gallertopus-›Plage?‹ gab…«
    »… sogar, als Sie noch jung waren, nicht wahr?«
    »Ich habe diese Sachen geschrieben, als ich kaum aus der Pubertät raus war. Ich kann es nicht fassen, dass es tatsächlich gedruckt wird. Ich kann es nicht fassen, dass es Leute gab, die ›gutes Geld ausgaben für / sich so ernsthaft beschäftigten mit?‹ so viel ›?????‹.«
    »Aber…«
    »Wirklich?« Ein Achselzucken. »Es hat sich nicht so angefühlt, als ich ›zurückschaute / es mir noch einmal

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