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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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heiser.
    »Wir haben so lange darauf gewartet, dass Sie zurückkehren«, heulte er. »Wir haben so lange gewartet.«



Niemand hörte, wie Ebisu zurückkehrte, bis es zu spät war, und dann konnte nichts mehr ungesagt gemacht werden, was gesagt worden war, nichts mehr konnte ungetan gemacht werden, was getan worden war, und alle Anwesenden mussten sich verantworten…
     
    Legenden des Meeresgottes traditionelle Überlieferung

Unvorhersehbare Windrichtungen und -geschwindigkeiten… mit Sturm zu rechnen…
     
    Sturmverwaltungsnetzwerk von Kossuth
Warnung vor extremen Wetterbedingungen

 
38
     
     
    Ich wachte in Kossuth-typischer Hitze und flachwinkligem Sonnenlicht auf, mit einem leichten Kater und zu sägenden Knurrgeräuschen. Draußen in den Ställen fütterte jemand die Sumpfpanther.
    Ich blickte auf meine Uhr. Es war noch recht früh.
    Eine Weile lag ich ruhig da, bis zu den Hüften in die Laken verwickelt, und horchte auf die Tiere und die rauen männlichen Rufe der Fütterer auf den Stegen über ihnen. Segesvar hatte mich zwei Jahre zuvor zu einer Besichtigungstour mitgenommen, und ich erinnerte mich noch sehr gut an die ehrfurchtgebietende Kraft, mit der die Panther nach oben ausschlugen, um die Fischstücke zu erwischen, die groß wie der Torso eines Menschen waren. Auch damals hatten die Fütterer laut gebrüllt, aber je länger man ihnen zuhörte, desto mehr wurde einem bewusst, dass das Geschrei nur dazu diente, sich in einer Situation instinktiver Furcht Mut zu machen. Mit Ausnahme von ein paar abgehärteten Sumpfwildjägern rekrutierte Segesvar seine Leute fast ausschließlich am Hafen und in den Slums von Newpest, wo die Chancen, dass die Jungen jemals einen echten Panther gesehen hatten, genauso gering waren wie die, dass sie jemals in Millsport gewesen waren.
    Ein paar Jahrhunderte früher war alles anders gewesen. Die Lagune war kleiner gewesen, da man sie erst später so weit nach Süden ausgebaut hatte, um Platz für die Belatang-Monokulturen der Konzerne zu machen. Stellenweise krochen die giftig-schönen Bäume und die Schwimmblätter fast bis an die Stadtgrenze heran, und der Binnenhafen musste alle zwei Jahre neu ausgebaggert werden. Es war nicht ungewöhnlich, dass man an den Laderampen auf Panther stieß, die sich in der Sommerhitze sonnten, mit schimmerndem Chamäleonfell, das das flirrende Tageslicht imitierte. Besondere Variationen im Fortpflanzungszyklus ihrer Beute in der Lagune trieben sie manchmal auf die Straßen, die dem Sumpfland am nächsten lagen, wo sie versiegelte Abfallbehälter mit müheloser Wildheit aufrissen und gelegentlich bei Nacht einen Obdachlosen oder unvorsichtigen Betrunkenen mitnahmen. Genauso wie in ihrem sumpfigen Lebensraum legten sie sich in kleinen Gassen flach auf den Boden, Körper und Gliedmaßen unter einer Mähne und einem Mantel verborgen, der sich in der Dunkelheit pechschwarz tarnte. Für ihre Opfer sahen sie bestenfalls wie ein besonders tiefer Schatten aus, bis es zu spät war und sie für die Polizei nicht mehr zurückließen als große Blutflecken und das Echo von Schreien in der Nacht. Mit zehn Jahren hatte ich bereits etliche dieser Tiere leibhaftig gesehen und war sogar einmal schreiend mit meinen Freunden die Leiter an einem Lagerhaus hinaufgestürmt, als ein schläfriger Panther sich bei unserer Schritt-Anhalten-Schritt- Annäherung herumgerollt hatte, um eine Ecke seiner schlaffen Bartelmähne in unsere Richtung zu schleudern und mit klaffendem Schnabel zu gähnen.
    Wie so vieles, was man in der Kindheit erlebt, war der Schrecken nur vorübergehend. Sumpfpanther waren unheimlich, sie stellten eine tödliche Gefahr dar, wenn man ihnen unter den falschen Bedingungen begegnete, aber letzten Endes waren sie ein Teil unserer Welt.
    Das Knurren von draußen schien ein Crescendo zu erreichen.
    Für Segesvars Leute waren Sumpfpanther wie die bösen Jungs aus hundert billigen Holospielen oder vielleicht eine nicht geschwänzte Biologiestunde in der Schule, die plötzlich real geworden war. Monster von einem fremden Planeten.
    Von diesem.
    Und im Innern dieser jungen Schläger, die für Segesvar arbeiteten, bis der Lebensstil der unteren haiduci-Ränge sie unweigerlich fertig machte, erweckten diese Monster vielleicht die zitternde existentielle Erkenntnis, wie weit wir alle in Wirklichkeit von unserem Zuhause entfernt waren.
    Andererseits vielleicht auch nicht.
    Jemand rührte sich im Bett neben mir und stöhnte.
    »Geben diese verdammten

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