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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Flaschen und Pfeifen machten in der kalten, klaren Luft die Runde. Unter den Wartenden herrschte nervöse Belustigung – hier und da versetzten die Leute sich gespielte Schläge oder machten sich über das antike Lesegerät lustig. Bei jeder neuen DeCom-Gruppe lächelte der Steward müde.
    »Und wo, zum Teufel, ist Las?«, wollte Kiyoka wissen.
    Sylvie zuckte die Achseln. »Er wird schon noch kommen. Macht er immer so.«
    Wir stellten uns ans Ende der nächsten Schlange. Die Mitglieder der kleinen DeCom-Gruppe vor uns blickten sich kurz um, bedachten Sylvies Haar mit abschätzenden Blicken und wandten sich dann wieder ihren eigenen Streitereien zu. In dieser Versammlung war Sylvie nichts Ungewöhnliches. Ein hoch gewachsener schwarzer Sleeve ein paar Gruppen weiter vorn hatte eine Dreadlock-Mähne von ähnlichen Ausmaßen, und hier und da waren weitere, weniger imposante Exemplare zu sehen.
    Jadwiga stand schweigend neben mir.
    »Bei Las ist das wirklich krankhaft«, erklärte Kiyoka mir, wobei sie sich sichtlich bemühte, Jad nicht anzusehen. »Er ist immer so verdammt spät dran.«
    »Bei ihm ist das eingebaut«, sagte Sylvie geistesabwesend. »Man wird kein erfolgreicher Blinzelfisch, wenn man nicht dazu neigt, mit dem Feuer zu spielen.«
    »He, ich bin ein Blinzelfisch, und ich bin pünktlich!«
    »Aber du bist kein Blinzelfisch-Anführer«, erwiderte Orr.
    »Oh, klar. Hör mal, wir sind alle…« Sie warf einen Blick auf Jadwiga und biss sich auf die Lippe. »›Anführer‹ ist auch nur eine von vielen Positionen im Feld. Las ist nicht besser verdrahtet als ich oder…«
    Wenn man Jad sah, wäre man niemals darauf gekommen, dass sie tot war. In der Wohnung hatten wir sie gesäubert – Strahlwaffen hatten eine kauterisierende Wirkung, deshalb war es keine allzu blutige Angelegenheit gewesen – und ihre Wunde verborgen, indem wir ihr eine eng anliegende Marinekampfweste und eine Jacke übergezogen hatten. Dann hatten wir ihr schwere schwarze SV-Linsen auf die vor Schock aufgerissenen Augen gesetzt. Schließlich hatte Sylvie sich übers Teamnetz in sie eingeklinkt und die motorischen Funktionen aktiviert. Wahrscheinlich nahm Jads Motorik einen gewissen Teil von Sylvies Aufmerksamkeit in Anspruch, aber das war nichts gegen die Konzentration, die sie aufbringen musste, wenn sie ihr Team online gegen die Mimints auf New Hok koordinierte. Sie ließ Jad zu ihrer Linken gehen, während wir einen unauffälligen Verteidigungswall um die beiden bildeten. Einfache Befehle an die Gesichtsmuskeln verschlossen der toten DeCom den Mund, und was die fahle Hautfarbe betraf – nun, mit den SV-Linsen und der wasserfesten schwarzen Schlauchtasche über der Schulter sah Jad nicht schlimmer aus, als es nach einem Schauder-Absturz mit anschließender Endorphin-Bruchlandung angemessen war. Wir andern sahen wahrscheinlich auch nicht gerade berauschend aus.
    »Autorisierung, bitte.«
    Sylvie reichte dem Steward einen Stapel Papiere. Er zog ein Blatt nach dem anderen durchs Lesegerät. Gleichzeitig musste Sylvie einen kleinen Energiestoß durchs Netz zu Jadwigas Halsmuskeln geschickt haben, denn die Tote legte etwas steif den Kopf schief, als würde sie die gepanzerte Flanke des Hoverladers mustern. Nettes Detail. Sehr natürlich.
    »Sylvie Oshima. Fünferteam«, sagte der Steward und blickte auf, um zu zählen. »Hardware schon verstaut.«
    »Richtig.«
    »Kajütenzuweisung.« Er sah mit zusammengekniffenen Augen auf den Monitor. »Hier. P 19 bis 22, Unterdeck.«
    Weiter hinten, am vorderen Ende der Rampe, entstand Unruhe. Alle außer Jadwiga blickten sich um. Ich konnte ockerfarbene Gewänder und Bärte ausmachen. Wildes Gestikulieren und wütende Stimmen.
    »Was ist da los?«, fragte Sylvie beiläufig.
    »Oh… Bärte.« Der Steward schob die eingelesenen Dokumente wieder zu einem Stapel zusammen. »Die laufen hier schon den ganzen Morgen rum. Anscheinend hatten sie letzte Nacht Ärger mit zwei DeComs, irgendwo ein ganzes Stück östlich von hier. Sie wissen ja, wie die bei so was sind.«
    »Ja. Scheißzurückgebliebene.« Sylvie nahm die Papiere und verstaute sie in ihrer Jacke. »Haben die Kerle Personenbeschreibungen, oder geben sie sich mit zwei beliebigen DeComs zufrieden?«
    Der Steward grinste schief. »Kein Video, sagen sie. Die Bar hat ihre ganze Kapazität für Holopornos ausgeschöpft. Aber sie haben eine Zeugenaussage. Eine Frau. Und ein Mann. Ach ja, die Frau hatte Haar.«
    »Lieber Himmel, das könnte ich sein«,

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