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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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triefendem Sarkasmus. Ich trat beiseite und winkte ihn rein. Sylvie musterte ihn erschöpft von oben bis unten.
    »Bin durch die Rettungsbootluke geklettert«, erklärte Lazlo. »Musste ein paar Umwege machen und sieben Meter in einem spiegelglatten Stahlschacht hochklettern. Nichts Besonderes.«
    Sylvie seufzte. »Es ist keine tolle Leistung, Las, es ist nicht besonders schlau, und eines Tages wirst du das verdammte Schiff verpassen. Woher kriegen wir dann einen neuen Anführer?«
    »Sieht so aus, als hättet ihr schon einen Ersatz in der Warteschlange.« Er warf einen Seitenblick in meine Richtung. »Wer genau ist das?«
    »Micky, Lazlo.« Sie wedelte lässig mit der Hand zwischen uns beiden hin und her. »Lazlo, das ist Micky Dusel. Er ist für eine Weile unser Reisegefährte.«
    »Habt ihr ihn mit meinen IDs an Bord gebracht?«
    Sylvie zuckte die Achseln. »Du benutzt sie ja sowieso nicht.«
    Lazlo bemerkte Jadwigas Gestalt im Bett, und ein Grinsen erhellte sein knochiges Gesicht. Er ging zu ihr hinüber und schlug ihr auf den Hintern. Als sie nicht reagierte, runzelte er die Stirn. Ich schloss die Tür.
    »Lieber Himmel, was hat sie letzte Nacht genommen?«
    »Sie ist tot, Las.«
    »Tot?«
    »Im Moment ja.« Sylvie warf mir einen Blick zu. »Du hast seit gestern eine ganze Menge von der Party verpasst.«
    Lazlos Blick folgte dem von Sylvie zu mir. »Und es hat alles mit dem großen, dunklen Synthetikmann zu tun, stimmt’s?«
    »Stimmt«, antwortete ich. »Wie ich schon sagte, eine lange Geschichte.«
    Lazlo ging zur Waschnische, ließ sich Wasser in die Hände laufen, tauchte das Gesicht hinein und prustete. Dann strich er sich mit dem übrigen Wasser das Haar zurück, richtete sich auf und beäugte mich im Spiegel. Betont ruhig wandte er sich zu Sylvie um.
    »Na schön, Chef. Ich höre.«

 
6
     
     
    Die Reise nach Drava dauerte einen Tag und eine Nacht.
    Ab etwa der Hälfte des Weges über das Andrassy-Meer fuhr die Gewehre für Guevara mit halber Kraft, reizte das Sensornetz aufs Äußerste aus und hatte die Waffensysteme ständig in Bereitschaft. Der offizielle Standpunkt der Mecsek-Regierung besagte, dass die Mimints für einen Landkrieg entwickelt worden waren und deshalb New Hok nicht verlassen konnten. Allerdings hatten DeCom-Teams an Land von Maschinen berichtet, für die im Regierungsarchiv keine Beschreibungen zu finden waren, was vermuten ließ, dass zumindest einige der auf dem Kontinent umherstreifenden Waffen sich erfolgreich über ihre ursprünglichen Programmparameter hinausentwickelt hatten. Man munkelte, dass auf New Hok experimentelle Nanotechnik außer Kontrolle geraten war. Offizielle Stellen hielten dagegen, dass nanotechnische Systeme zur Zeit der Siedlerkriege längst nicht weit genug erforscht und entwickelt gewesen waren, um sie als Waffe einzusetzen. Die Gerüchte wurden als regierungsfeindliche Panikmache abgetan, und über die offizielle Linie machte sich jeder lustig, der auch nur ansatzweise zu einer intelligenten Unterhaltung fähig war. Ohne Satellitenbilder oder Luftunterstützung konnte man weder das eine noch das andere beweisen. Mythen und Fehlinformationen beherrschten das Gebiet.
    Willkommen auf Harlans Welt.
    »Schwer zu glauben«, brummte Lazlo, als wir die letzten paar Kilometer die Flussmündung hinauf und durch die verlassenen Hafenanlagen von Drava fuhren. »Wir sind seit Jahrhunderten auf diesem Scheißplaneten und können immer noch nicht in die Luft.«
    Irgendwie hatte er sich Zutritt zu einer der offenen Aussichtsgalerien verschafft, die aus dem gepanzerten Rücken des Hoverladers gewachsen waren, als wir den Sensorradius der Drava-Basis erreicht hatten. Und irgendwie hatte er es außerdem geschafft, uns zu überreden, ihn nach oben zu begleiten. Jetzt standen wir also gemeinsam in der klammen Morgenluft, während die Kais von Drava lautlos vorbeiglitten. Der Himmel erstreckte sich in allen Richtungen in einem nicht besonders vielversprechenden Grau.
    Orr klappte den Jackenkragen hoch. »Las, wenn dir irgendwann mal eine Möglichkeit einfällt, ein Orbital zu deCommen, sag Bescheid.«
    »Da wär ich auch gern dabei«, sagte Kiyoka. »Wenn du ein Orbital runterholst, würden sie Mitzi Harlan dazu bringen, dir für den Rest deines Lebens jeden Morgen einen zu blasen.«
    Es war das übliche DeCom-Gerede, das Äquivalent zu den Geschichten von fünfzig Meter langen Flaschenrücken, die sich die Fischer in den Bars von Millsport erzählten. Ganz egal, was für

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