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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Realität zu tun. Zum einen hatte ich vor sechs Monaten von einem alten Freund erfahren, dass das Envoy-Oberkommando der Mecsek-Regierung durchaus ein Angebot für Missionen nach New Hokkaido unterbreitet hatte – es war nur zu teuer gewesen, um Mecseks kürzlich wiederentdeckten Glauben an das ungehinderte Wirken der Marktkräfte entgegenzukommen. Ein spöttisches Grinsen auf Todor Murakamis schmalem Gesicht, als wir uns auf der Fähre von Akan nach New Kanagawa eine Pfeife geteilt hatten. Würziger Rauch in der Winterluft über dem Reach, im Hintergrund das gedämpfte Dröhnen des Mahlstroms. Murakami ließ sich gerade den stoppeligen Corps-Haarschnitt rauswachsen, und die Seebrise spielte leicht in seinem schon etwas längeren Haar. Er sollte nicht dort sein und mit mir reden, aber man konnte Envoys kaum sagen, was sie zu tun und zu lassen hatten. Sie wussten ganz genau, was sie wert waren.
    He, scheiß auf Leo Mecsek. Wir haben ihm gesagt, was es kostet. Er kann es sich nicht leisten – ist das vielleicht unser Problem? Sollen wir vielleicht das Verfahren abkürzen und Envoy-Leben gefährden, damit er den Ersten Familien noch ein bisschen mehr von ihren Steuern zurückzahlen kann? Scheiß drauf. Schließlich sind wir nicht von hier.
    Du bist von hier, Todd, fühlte ich mich verpflichtet anzumerken. In Millsport geboren und aufgewachsen.
    Du weißt genau, was ich meine.
    Ich wusste, was er meinte. Lokale Regierungen hatten den Envoys nichts zu sagen. Envoys gingen dorthin, wo das Protektorat sie brauchte, und die meisten Regierungen beteten zu den Göttern ihrer Wahl, dass sie niemals so sehr zu wünschen übrig ließen, dass man welche zu ihnen schickte. Die Nachwirkungen einer Envoy-Intervention konnten für alle Beteiligten ausgesprochen unangenehm sein.
    Dieses ganze Servicekonzept ist ohnehin ein Riesenscheiß. Todor blies ein weiteres Rauchwölkchen über die Reling. Keiner kann sich unsere Preise leisten, und keiner traut uns. Ich kapier den Sinn der Sache einfach nicht. Du etwa?
    Ich dachte, es geht darum, Kosten außerhalb der Einsatzzeiten abzuwälzen, wenn Leute wie du nutzlos auf ihrem Arsch sitzen.
    Ach ja. Und wann genau soll das bitte so sein?
    Im Ernst? Ich habe gehört, dass derzeit alles ziemlich ruhig ist. Seit Hun Home, meine ich. Oder hast du Geschichten von verdeckt angezettelten Umstürzen auf Lager?
    He, sam. Er reichte mir die Pfeife. Du bist nicht mehr im Team. Schon vergessen?
    Ich hatte es nicht vergessen.
    Innenin!
    Es explodiert am Rande meiner Erinnerung wie eine in weiter Ferne abgeschossene Marauderbombe, aber nicht so weit, dass man in Sicherheit wäre. Rotes Laserfeuer und die Schreie der Sterbenden, denen das Rawling-Virus bei lebendigem Leib den Verstand wegfrisst.
    Ich erschauderte leicht und nahm einen Zug aus der Pfeife. Todors geschulte Envoy-Wahrnehmung registrierte meine Anspannung, und er wechselte das Thema.
    Worum geht es denn nun bei diesem Schwindel? Ich dachte, du hängst neuerdings mit Radul Segesvar herum. Heimatliche Nostalgie und billiges organisiertes Verbrechen.
    Ja. Ich sah ihn niedergeschlagen an. Wo hast du davon gehört?
    Er hob die Schultern. Hier und da. Du weißt ja, wie das ist. Und warum gehst du wieder nach Norden?
    Das Vibromesser schnitt zum zweiten Mal in Fleisch und Muskeln. Ich schaltete es aus und hebelte das abgetrennte Stück Wirbelsäule aus Yukio Hirayasus Nacken.
    Niederer Yakuza-Adel, tot und entstackt. Mit freundlichen Grüßen von Takeshi Kovacs – das war es, was deutlich sichtbar auf dem Etikett stand, ganz egal, was ich von nun an tat. Tanaseda würde Blut sehen wollen. Und Hirayasu senior höchstwahrscheinlich auch. Möglicherweise sah er in seinem Sohn tatsächlich den großmäuligen Versager, der er ganz offensichtlich war, aber irgendwie zweifelte ich daran. Und selbst wenn – der Zusammenhalt der Familie war ein Aushängeschild der Yakuza von Harlans Welt, und somit war er gezwungen, diese Sache zu bereinigen. So funktionierte das organisierte Verbrechen nun mal. Segesvars haiduci-Mafia in Newpest oder die Yaks, im Norden oder im Süden – es lief alles auf den gleichen Dreck hinaus. Verdammte Blutsbande-Junkies.
    Krieg gegen die Yakuza.
    Warum gehst du wieder nach Norden? Ich sah auf die abgetrennten Wirbel und auf das Blut an meinen Händen. So hatte ich mir die Sache nicht vorgestellt, als ich vor drei Tagen den Hoverlader nach Tekitomura genommen hatte.
    »Micky?« Einen Moment lang sagte mir der Name nichts. »He,

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