Heiliger Zorn
will meinen verdammten Körper zurückhaben!«
»Bleib cool, bleib cool. Du kriegst ihn zurück. Nur im Moment…«
»Nur im Moment benutzen wir diese Einrichtung, Kovacs.« Der Yakuza-Typ war wieder aufgetaucht. Er grinste immer noch. »Weil sie nämlich, offen gesagt, von Anfang an so ziemlich uns gehört hat. Aber das hat unser Plex wahrscheinlich nicht erwähnt, was?«
Ich blickte zwischen den beiden hin und her. Plex wirkte peinlich berührt.
Der Kerl muss einem einfach Leid tun. Isa, meine gerade mal fünfzehnjährige Kontaktmaklerin in Millsport, mit den kurz rasierten lila Haaren und den brutal sichtbaren, archaischen Datenratten-Anschlüssen, die sich im weltmüden Philosophieren übte, während sie mir Abmachung und Preis darlegte. Schau dich in der Geschichte um, Mann. Sie hat es ihm richtig mies besorgt, das volle Programm.
Tatsächlich war die Geschichte nicht gerade freundlich zu Plex gewesen. Vor drei Jahrhunderten war er mit dem Namen Kohei zur Welt gekommen und wurde früh zur Dummheit erzogen – ein jüngerer Sohn, der es nicht nötig hatte, seine offenkundige Intelligenz für etwas anderes anzustrengen als Gentleman-Hobbys wie Astrophysik oder Archäologie. Dummerweise hatte die Kohei-Familie den Generationen nach den Siedlerkriegen nichts hinterlassen außer den Schlüsseln zu zehn Straßenzügen voll leerer Lagerhäuser und ihren verlotterten Aristo-Charme, der es einem, wie Plex gerne in selbstgeißelndem Tonfall bemerkte, selbst wenn man pleite war, erstaunlich leicht machte, Frauen flachzulegen. Er hatte mir die ganze schäbige Geschichte voll auf Pfeife erzählt, nachdem wir uns noch nicht einmal drei Tage gekannt hatten. Offenbar brauchte er jemanden zum Reden, und Envoys waren gute Zuhörer. Man hört zu, man segelt unter der gerade angesagten Flagge, man saugt alles in sich auf. Jede Kleinigkeit, an die man sich erinnert, kann einem vielleicht später das Leben retten.
Getrieben von der Angst, nur noch ein einziges Leben zu haben und nicht mehr resleevt zu werden, lernten Plex’ nunmehr verarmte Vorfahren, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten – nur dass die meisten von ihnen nicht besonders gut darin waren. Der Schuldenberg wuchs, und die ersten Aasgeier sammelten sich am Himmel. Als Plex auf der Bildfläche erschien, hatte seine Familie sich bereits so weit mit der Yakuza eingelassen, dass Kleinkriminalität für sie einfach zum Alltag gehörte. Wahrscheinlich war er zwischen aggressiven Anzugträgern wie dem hier aufgewachsen, und sein peinlich berührtes, ergebenes Lächeln hatte er mit Sicherheit auf dem väterlichen Schoß gelernt.
Das Allerletzte, was er wollte, war, seine Schutzpatrone zu verärgern.
Und das Allerletzte, was ich wollte, war, in diesem Sleeve mit einem Hoverlader zurück nach Millsport zu fahren.
»Plex, ich habe ein Ticket für die Safran-Königin. In vier Stunden verschwinde ich von hier. Erstattest du mir das Geld für die Fahrkarte?«
»Wir kriegen das hin, Tak.« Seine Stimme klang flehend. »Morgen Abend geht ein anderer Hover nach MP. Ich habe alles, was du brauchst, ich meine, Yukios Leute haben…«
»… klar, benutz meinen verdammten Namen, Mann!«, jaulte der Yakuza.
»Sie können dich auf die Abendfahrt schmuggeln, das merkt keiner.« Plex’ flehender Blick richtete sich auf Yukio. »Stimmt’s? Das würdet ihr doch tun, oder?«
Auch ich sah Yukio an. »Stimmt’s? Wenn man bedenkt, dass Sie mir gerade die Abreisepläne verderben?«
»Sie haben Ihre Abreisepläne schon selbst verdorben, Kovacs.« Mit einem Stirnrunzeln schüttelte der Yakuza den Kopf. Er spielte den sempai, und zwar mit einer Maniertheit und gespielten Ruhe, die er sich wahrscheinlich vor nicht allzu langer Zeit als Lehrling direkt von seinem eigenen sempai abgeschaut hatte. »Haben Sie eine Ahnung, wie viel Feuerkraft da draußen gerade nach Ihnen sucht? Die Bullen haben in der ganzen Stadt Schnüffeltrupps losgelassen, und ich würde sagen, dass es an den Hoverdocks innerhalb der nächsten halben Stunde nur so von denen wimmelt. Die ganze Polizei ist zum Spielen draußen. Mal abgesehen von unseren bärtigen Sturmtruppen-Freunden aus der Zitadelle. Scheiße, Mann, hätten Sie vielleicht noch ein bisschen mehr Blut da oben verschmieren können?«
»Ich habe Ihnen eine Frage gestellt und Sie nicht um eine Einsatzkritik gebeten. Schmuggeln Sie mich auf den nächsten rausgehenden Hoverlader oder nicht?«
»Ja, ja.« Er winkte ab. »Betrachten Sie es als erledigt. Was
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