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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Rande meines Blickfelds schimmernd Gestalt an.
    Ich warf ihr einen Blick zu und hob die Kaffeedose. »Ich arbeite dran.«
    »Ihre Kollegin hat Ihnen eine Nachricht hinterlassen. Möchten Sie die hören?«
    »Ich denke schon.«
    »Micky, ich mache einen Spaziergang in die Stadt.« Sylvies Stimme kam gemeinsam mit einer passenden optischen Veränderung aus dem Mund des Konstrukts. In meinen angeschlagenen, unausgeschlafenen Zustand hatte es eine stärkere Wirkung auf mich, als gut war. Eine ungünstige, stechende und nicht gerade willkommene Erinnerung an mein Hauptproblem. »Ich werde mich da mal in den Datenstrom stürzen. Will sehen, ob ich das Netz zum Laufen kriege. Vielleicht kann ich es benutzen, um Orr und die anderen anzurufen. Um rauszufinden, was da drüben los ist. Ich bringe ein bisschen Zeug mit. Ende der Nachricht.«
    Das plötzliche Wiedereinsetzen der Konstruktstimme ließ mich aufschrecken. Ich nickte und ging mit meinem Kaffee zum Tisch, wo ich ein paar Frühstücksreste vom Datengitter räumte und eine Weile vor mich hinbrütete. Grabung 301 schwebte hinter mir.
    »Über diesen Anschluss komme ich also in die Universität von Millsport, richtig? Ich könnte den Hauptstack durchsuchen, ja?«
    »Es ginge schneller, wenn Sie mich darum bitten würden«, erklärte das Programm bescheiden.
    »Na schön. Führe eine Indexsuche durch zum Thema…« Ich seufzte. »Quellcrist F…«
    »Beginne.« Sei es aus Ungeduld nach all den Jahren der Langeweile oder nur, weil es nicht die Fähigkeit hatte, meine Intonation zu interpretieren, jedenfalls war Grabung 301 bereits an der Arbeit. Das Datengitter wurde heller und größer. Eine winzige Kopie von Kopf und Schultern des Konstrukts erschien am oberen Ende der Anzeige und listete ein Inhaltsverzeichnis auf. In den Bereich unter der Projektion purzelten illustrative Bilder. Ich sah gähnend zu und ließ der Sache ihren Lauf. »Ergebnis eins, Quellcrist, auch Qualgrist, amphibischer Tang von Harlans Welt. Quellcrist ist eine Spezies von Seichtwasser-Seetang, ockerfarben, Vorkommen größtenteils in gemäßigten Zonen. Obwohl er einige Nährstoffe enthält, schneidet er im Vergleich mit von der Erde stammenden oder gezielt gezüchteten Mischspezies schlecht ab und gilt deshalb nicht als ausreichend ökonomisches Nahrungsmittel, um Kultivierung und Anbau zu rechtfertigen.«
    Ich nickte. Damit hatte ich zwar nicht anfangen wollen, aber…
    »Aus den ausgewachsenen Quellcrist-Strängen können Substanzen mit medizinischer Wirkung gewonnen werden, aber abgesehen von einigen kleinen Gemeinden im südlichen Millsport-Archipel handelt es sich dabei um keine verbreitete Praxis. Genau genommen ist Quellcrist eigentlich nur wegen seines ungewöhnlichen Fortpflanzungszyklus interessant. Wenn er über einen längeren Zeitraum ohne Wasser auskommen muss, trocknen die Sporenkapseln des Tangs zu einem schwarzen Staub aus, der vom Wind über mehrere hundert Kilometer getragen werden kann. Die Reste der Pflanze sterben und zerfallen, aber der Quellcrist-Staub bildet, sobald er wieder mit Wasser in Berührung kommt, mikroskopische Triebe aus, aus denen im Verlauf weniger Wochen eine neue Pflanze wachsen kann.
    Ergebnis zwei, Quellcrist Falconer, Kampfname der Aufstandsführerin und politischen Denkerin Nadia Makita in den Siedlerjahren. Geboren am 18. April 47 (Koloniale Zeitrechnung) in Millsport, gestorben am 33. Oktober 105. Einziges Kind des Millsporter Journalisten Stefan Makita und der Marineingenieurin Fusako Kimura. Makita studierte an der Universität von Millsport Demodynamik und publizierte eine kontroverse Magisterarbeit, Undichte Geschlechterrollen und die Neue Mythologie, sowie drei Gedichtsammlungen auf Stripjap, die in Millsporter Literatenkreisen schnell Kultstatus erlangten. In ihrem späteren Leben…«
    »Könntest du hier etwas genauer werden, Grabung?«
    »Im Winter 67 verließ Makita die Universität, wobei sie gerüchteweise sowohl ein großzügiges Angebot für eine Forschungsstelle an der sozialwissenschaftlichen Fakultät als auch schriftstellerische Förderung von einem führenden Mitglied der Ersten Familien ablehnte. Zwischen Oktober 67 und Mai 71 bereiste sie weite Teile von Harlans Welt, wobei sie sich zum Teil durch die Unterstützung ihrer Eltern und zum Teil durch verschiedene einfache Tätigkeiten finanzierte, zu denen zum Beispiel die Ernte von Belatang und Simsfrucht gehörten. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass Makitas Erfahrungen unter

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