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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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schwarzer Blitz traf sie der Gedanke, dass sie sich vorsätzlich vom Dach stürzen könnte. Wenn sie Mia Ziemann war, als die sie sich soeben ausgegeben hatte, dann gab es einen Bereich ihrer Persönlichkeit, mit dem sie noch keinen Frieden geschlossen hatte. Und zwar war dies der zutiefst menschliche Bereich von Mia Ziemanns Psyche, der des Lebens wahrhaft überdrüssig war und sich nach dem Tod sehnte.
    Mittlerweile aber war sie viel stärker geworden.
    »Wir hatten gehofft, du würdest uns eine Kusshand zuwerfen«, sagte Benedetta und rutschte ein Stück beiseite, um Maya Platz zu machen.
    »Das behalte ich mir für Gerontokraten vor«, sagte Maya. Sie gab Benedetta den Stift zurück.
    Die Klappe wurde angehoben. Einer von Helenes Hunden zwängte sich durch den Schlitz. Ein kleiner weißer Hund, der auf einem schrägen Dach nichts zu suchen hatte, sich aber gleichwohl mit vollkommen unhündischer Gewandtheit bewegte. Er kroch wie ein Gecko, wie ein Salamander. Als er sie entdeckte, wäre er vor Überraschung beinahe ausgerutscht. Er winselte.
    »Voici un raton!«, rief Bouboule. »Patapouff, defendsmoi!«
    Ein kreischender Blitz aus goldbraunem Fell. Primaten waren smarter als Hunde. Primaten konnten gut klettern. Der Hund jaulte auf und stürzte winselnd über die Dachkante.
    »Ach, mein armer Kleiner«, sagte Bouboule, den zitternden Krallenaffen an sich drückend, »du hast deinen hübschen Hut verloren.«
    »Nein, ich sehe ihn«, sagte Niko. »Er liegt in der Dachrinne.« Sie kletterte hinunter und brachte das Hütchen dem Affen.
    Eine Weile schwiegen alle und wogen die Konsequenzen ab.
    »Wir sollten besser nicht mehr nach unten gehen. Kennt ihr noch einen anderen Ausgang?«, wandte Maya sich an Benedetta.
    »Andere Ausgänge sind meine Spezialität«, sagte Benedetta.
    Sie nahmen die U-Bahn und trennten sich. Das schien ihnen das Klügste. Maya nahm Benedetta mit zu sich nach Hause. Sie hatten eine Menge miteinander zu bereden. Um zwei Uhr morgens verspeisten sie in der weißen Fellwohnung der Schauspielerin Cocktailhappen. Dann rief Novak über das Netzgerät der Schauspielerin an. Der Bildschirm blieb leer. Novak konnte Videoübertragungen nicht ausstehen.
    »Ihr solltet euch nicht noch einmal im Tete treffen«, meinte er düster.
    »Nein?«
    »Sie hat um ihr Hündchen geweint. Klaus kann das nicht ausstehen. Das war grausam und dumm.«
    »Tut mir Leid, dass es zu dem Unfall gekommen ist, Josef. Es ist einfach so passiert.«
    »Du bist ein schlimmes, destruktives Mädchen.«
    »Ich hab das nicht gewollt. Ehrlich.«
    »Helene versteht dich viel, viel besser, als du jemals Helene verstehen wirst. Sie meint es wirklich nur gut, aber wie sehr sie leidet! Sie gesteht sich einfach kein Glück zu.« Novak seufzte. »Helene war heute Abend grob zu mir. Kannst du dir das vorstellen, Mädchen? Es ist tragisch, mitzuerleben, wie eine Dame sich vergisst. Und noch dazu in der Öffentlichkeit! Das bedeutet, sie hat Angst, weißt du.«
    »Tut mir Leid, dass sie grob war.«
    »Du hättest sie in ihrer Jugend kennen sollen, Maya. Eine große Förderin der Künste. Eine Frau mit Geschmack und scharfem Urteil. Sie wollte uns lediglich helfen. Aber die Parasiten haben sie umdrängt und sie ausgenutzt. Sich jahrzehntelang von ihr genährt. Ohne ihr jemals etwas zu verzeihen. Das hat sie bitter werden lassen. Sie setzt sich für dich ein, das solltest du wissen. Sie schützt dich vor sehr viel schlimmeren Dingen als Helene Vauxcelles-Serusier. Sie beschützt die jungen Künstler. Helene glaubt noch immer an die Kunst.«
    »Josef«, sagte Maya, »rufen Sie von zu Hause an?«
    »Ja.«
    »Könnte es sein, dass Sie abgehört werden?«
    »Zuzutrauen wäre es Helene«, antwortete Novak. Plötzlich klang seine Stimme gepresst. »Das heißt aber nicht, dass sie sich die Mühe machen würde.«
    »Tut mir Leid, dass der Abend in einem solchen Debakel geendet hat. Hassen Sie mich jetzt, Josef? Bitte hassen Sie mich nicht. Ich fürchte nämlich, das Schlimmste kommt erst noch.«
    »Meine Liebe, ich hasse dich nicht. Ich muss dir leider sagen, dass ich dich gar nicht hassen könnte, ganz gleich, was du anstellst. Ich bin steinalt. Außer meiner Ironie und meinem Stolz und einer nebelhaften Milde ist mir nicht mehr viel geblieben. Ich fürchte, du könntest auf die schiefe Bahn geraten. Doch ich bringe es nicht über mich, dich zu verurteilen oder dich zu hassen. Du wirst immer mein kleines Lieblingsmonster sein.«
    Da Maya nicht wusste, was

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