Heiliges Feuer
rühren sollte.«
Benedetta umarmte sie. »Tut mir Leid, Schätzchen. Ich weiß Bescheid. Ich weiß, wie es funktioniert. Ich weiß sogar, wie ich es an dich weitergeben kann. Aber wie ich mich vor dem, was ich bin und was ich weiß, verstecken sollte, das weiß ich nicht.«
Drei Wochen verstrichen. Es war Frühling, und Prag stand in voller Blüte. Maya arbeitete noch immer mit Novak zusammen, doch irgendetwas hatte sich verändert. Er behandelte sie jetzt eher wie eine Assistentin denn als magische Waise oder gestrandete Elfe. Milena spürte, dass Ärger in der Luft lag. Milena konnte die Polizei nicht ausstehen, aber noch mehr zuwider als die Polizei war ihr die Störung des häuslichen Einerleis, die Maya bewirkt hatte.
Maya fuhr mit dem Zug nach Mailand und machte eine langweilige Fotosession mit einigen von Viettis langweiligen Angestellten. Da es ein Arbeitstermin war, sah sie kaum etwas von der Stadt und so gut wie nichts vom Emporio Vietti. Vietti selbst machte sich nicht die Mühe, ihr seine Firma zu zeigen; der große Mann hielt sich in Gstaad auf und beschäftigte sich mit seinen Krabben.
Die Ergebnisse der Session waren perfekt, raffiniert aufgemacht und grässlich, denn mit Josef Novak hatte das nichts zu tun. Maya lernte eine Menge dabei, das meiste aber gefiel ihr nicht. Gleichwohl hielt sie es für ratsam, diese Arbeit zu tun. Die Leute hatten viel zu viel Aufhebens um Novaks Fotos gemacht. Das Netz wimmelte davon, doch sie waren zu schön und viel zu wahr. Sie hatte den Eindruck, dass die Menschen glücklicher wären, wenn sie unter Beweis stellte, dass sie langweilig sein konnte. Noch ein dummes Model, noch eine Modeaufnahme. Außerdem gab es gutes Geld dafür.
Sie überredete Benedetta, nach Mailand zu kommen und sich um ihr Geld zu kümmern. Benedetta verwaltete ihr Geld nicht selbst, sondern kannte Leute, die Leute kannten, welche wiederum andere Leute kannten, die mit Geld umgehen konnten. Benedetta schenkte ihr einen wunderschönen und sehr nützlichen Mailänder Designerfuroshiki und einen großen indonesischen Netzserver, der ebenfalls wunderschön und nützlich war. Maya fuhr zurück nach Prag und begab sich zur Wohnung der Schauspielerin, den Furoshiki um den Kopf geschlungen und den Server in einem bruchsicheren Koffer in der Hand.
Die Installationsanweisungen des indonesischen Servers waren in äußerst dürftigem Englisch verfasst. Maya bootete den Server, scheiterte damit, löschte alles, bootete erneut und scheiterte wiederum. Dann fütterte sie die Katzen der Schauspielerin. Anschließend löste sie sämtliche Kabelverbindungen, bootete den Server erneut, was zu einem noch schlimmeren Absturz führte, und machte sich einen Frappe, um sich zu beruhigen. Sie bootete noch einmal, bekam den Rechner teilweise zum Laufen, untersuchte den Kristallprozessor auf interne Konflikte und eliminierte drei hässliche Fehler. Das System stürzte wieder ab. Sie startete den Diagnosetest, löschte eine Reihe wackeliger Speicher, nahm den Hauptprozessor heraus und ließ ihn fallen. Daraufhin funktionierte er. Sie installierte eine Netzwerkidentität. Schließlich schloss sie den Server ans Netz an.
Sogleich klingelte der Server. Es war ein Voice Call von Therese.
»Woher wusstest du, dass ich online bin?«, fragte Maya.
»Ich habe so meine Methoden«, antwortete Therese. »Stimmt es wirklich, dass man dich aus dem Tete hinausgeworfen hat, weil du einen Polizeihund getötet hast?«
»Das hat sich ja schnell rumgesprochen. Nein, das war ich nicht, das war jemand anders, ehrlich.«
»Wenn sich die Neuigkeiten heutzutage unterhalb der Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, dann nur deshalb, weil wir nicht aufmerksam genug sind«, meinte Therese. »Ich passe sehr gut auf. Weil ich dich um einen großen Gefallen bitten möchte.«
»Um den Gefallen, Therese?«
»Ja, um den Gefallen, Maya, falls du diskret bist.«
»Therese, ich habe im Moment so viele eigene Schwierigkeiten, dass ein Problem mehr oder weniger nicht ins Gewicht fällt. Worum geht es denn?«
»Ich brauche ein Zimmer in Prag«, sagte Therese düster. »Und zwar ein hübsches Zimmer mit einem sehr bequemen Bett. Kein Hotel, da wird man registriert. Und ich brauche einen Wagen. Es muss kein schöner Wagen sein, aber sehr diskret. Kein Leihwagen, da wird man registriert. Ich brauche das Zimmer für eine Nacht und den Wagen für zwei Tage. Anschließend sollte mir niemand Fragen stellen.«
»Keine Fragen und keine Registrierung. Ist
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