Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)
Verbindungen zur Pharmaindustrie unterhielten, machte das die Gefährdungsszenarien nicht glaubwürdiger.
Während in den USA die Seuchenschutzbehörde CDC zur Entwarnung beitrug, taten sich deutsche Behörden schwer damit. »Die Kakophonie der Offiziellen ist schwer erträglich«, sagte Michael Kochen. Anfang Dezember 2009 hatte Johannes Löwer vom Paul-Ehrlich-Institut verkündet, die erste große Infektionswelle sei vorbei. Tags darauf warnte Jörg Hacker vom Robert-Koch-Institut vor der zweiten Welle. »Alles reine Spekulation«, empörte sich Kochen. Er bedauerte, dass viele medizinische Politikberater nicht unabhängig von der Pharmaindustrie seien.
Auch die Impfstoffversorgung gehört in die Kategorie Pleiten, Pech und Pannen. Für einen Treppenwitz oder einen Fall für den Bundesrechnungshof hielten Beobachter je nach Gemütslage eines der wenigen Ergebnisse des »Impfgipfels« im November 2009, dass nach der Panikmache nun zu wenig Impfstoff da war. Im Frühjahr die Impfdosen auszuliefern, wäre zu spät gewesen. Was nützt eine Massenimpfung, wenn der Winter vorbei ist und die Grippesaison natürlicherweise ihrem Ende entgegengeht? »Wer abends zum Essen einlädt, sollte vorher in den Kühlschrank schauen«, sagte Gerd Antes. »Nach dem bedingungslosen Aufruf der Politik zur Impfung führt der Mangel an Impfstoff die Empfehlung jetzt ad absurdum.«
Laut Plan sollten Schwangere vorrangig geimpft werden – doch es gab zunächst keinen geeigneten Impfstoff für sie. »Er ist eingetroffen, die Verteilung der 150000 Dosen beginnt nächste Woche«, sagte Andreas Hoffmeier vom Gesundheitsministerium Thüringen im Dezember 2009. Die Lieferung kam viel zu spät. Nicht nur Michael Kochen war überzeugt, dass sich Bund und Länder bei den Vertragsverhandlungen mit den Impfstoffherstellern über den Tisch haben ziehen lassen. »Keiner von den Offiziellen ist jetzt mutig genug, die Fehleinschätzungen zuzugeben«, sagte Kochen. »Wäre die Schweinegrippe eine ernste Bedrohung, hätte uns das chaotische Krisenmanagement in große Gefahr gebracht.«
Ein Großteil des Impfstoffs Pandemrix wurde im Herbst 2011 vernichtet, weil sich in Deutschland nur fünf Prozent der Bevölkerung haben impfen lassen, das Mittel aber für 50 Millionen Menschen bestellt worden war. Für einige Geimpfte hatte das Folgen. Neben Gelenkschmerzen, Fieber und allergischen Reaktionen ist nach der Impfung bei mehr als 160 Menschen weltweit die krankhafte Schlafsucht Narkolepsie aufgetreten. In Finnland und Schweden häufen sich die Fälle, dort sind 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Stoff geimpft.
Überraschend ist das nicht, denn der Impfstoff wurde nicht ausreichend geprüft. Am 24. September 2009 hat die Emea, die europäische Zulassungsbehörde, Pandemrix und Focetria zugelassen, am 1. Oktober 2009 Celvapan. In der Begründung hieß es: Der Impfstoff »wurde unter ›außergewöhnlichen Umständen‹ zugelassen. Dies bedeutet, dass es bisher nicht möglich war, umfassende Informationen über den Pandemie-Impfstoff zu erlangen.« Die Sicherheit werde aber gewährleistet, schrieb die Emea weiter, da die »Unternehmen während des Einsatzes des Impfstoffes Informationen über die Sicherheit sammeln«.
Das ist ungewöhnlich – und klingt nach einem Freiluftexperiment. Die Sicherheitsprüfung müsste vor der Zulassung erfolgen. »Die neuen Impfstoffe sind potentiell gefährlicher als der saisonale Grippeimpfstoff, da die sonst üblichen Sicherheitsprüfungen übersprungen werden«, warnte der »Arzneimittelbrief«. Influenza-Experte Thomas Jefferson kritisierte die Impfkampagne als »Großversuch an der Bevölkerung« – eine Einschätzung, die im »Arzneimittelbrief« als »sehr zutreffend« bezeichnet wurde. Aus früheren Studien mit Pandemrix war bekannt, dass bei mehr als einem von zehn Geimpften Kopf- und Gelenkschmerz sowie Fieber und Mattigkeit vorkommen. »Das wird häufiger als bei der normalen Grippeimpfung sein, ist aber nicht gefährlich«, wiegelte Susanne Stöcker vom RKI damals ab.
Auch das Pandemrix beigefügte Adjuvans AS03 wurde zuvor in keinem Impfstoff verwendet. Die Tests an 5000 Probanden hatten zwar keine Sicherheitsmängel gezeigt. Doch wird an so wenigen Freiwilligen getestet, bleiben seltene Nebenwirkungen unerkannt, die bei der Impfung von Millionen Menschen etliche Opfer fordern würden.
Wer sich fragt, warum die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung am 8. Oktober 2009 trotzdem für
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