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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Bartens
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Influenza-Arznei Relenza – insgesamt Mittel für ein Drittel aller Bayern.
    Diese Zahlen stammen aus einem Schreiben des bayerischen Gesundheitsministeriums vom März 2012 – als Antwort auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion, ob der Umgang mit Tamiflu angesichts der Kritik geändert werde. Im Bericht drückt sich Gesundheitsminister Marcel Huber um eine klare Antwort. Man prüfe, ob Tamiflu in Zukunft erforderlich sei. Ähnlich gewunden äußert sich das Ministerium auch zu den Belegen für die ungenügende Wirksamkeit des Mittels. Huber verweist auf das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die in Deutschland zuständige Prüfbehörde. Das BfArM sehe Tamiflu »weiterhin als Therapie der Wahl« an. »Die aktuelle Cochrane-Analyse vom 18. 1. 2012 ändert unsere Einschätzung nicht«, zitiert Huber aus einem Schreiben des BfArM vom 27. Februar 2012. Auch das Gesundheitsministerium des Bundes verweist auf das BfArM und auf die Europäische Arzneimittelbehörde EMA. »Deren Einschätzung schließen wir uns an«, sagt Ministeriumssprecher Oliver Ewald gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« (SZ). [89]   Man wüsste gerne vom BfArM, wie es trotz massiver Kritik der Cochrane-Wissenschaftler zu seinem positiven Urteil gekommen war. Und wie das Robert-Koch-Institut zu seiner weiterhin bestehenden Empfehlung gekommen war, das Grippemittel für 20 Prozent der Bevölkerung einzulagern.
    »Niemand fühlt sich verantwortlich«, kritisiert Kathrin Sonnenholzner gegenüber der »SZ«. Die Ärztin ist gesundheitspolitische Sprecherin der bayerischen SPD-Landtagsfraktion und hat die Anfrage an die Staatsregierung mit initiiert. »Anfangs habe ich die Tamiflu-Vorräte befürwortet in dem Glauben, das Mittel könne die schweren Verläufe der Influenza reduzieren. Nach allem, was jetzt bekannt ist, sage ich: Die Daten reichen nicht aus, um nur einen Cent für Tamiflu-Vorräte auszugeben.«
    Das sehen viele Bundesländer anders. Hessen und Baden-Württemberg horten antivirale Grippemittel für 20 Prozent der Bevölkerung. In Nordrhein-Westfalen lagere der Tamiflu-Wirkstoff Oseltamivir für 27 Prozent der Bürger, sagt Christoph Meinerz, Sprecher des Gesundheitsministeriums. 2011 haben sich die nordrhein-westfälischen Lager jedoch etwas geleert. 624000 der Tamiflu-Einheiten waren abgelaufen – und wurden vernichtet.

Schweinegrippe-Impfung – eine Konjunkturspritze für die Pharmaindustrie
    Fehleinschätzungen oder Irrtümer einzugestehen ist nicht leicht. Erst recht nicht, wenn sie fast eine Milliarde Euro gekostet haben – so teuer war die Impfung gegen die Schweinegrippe. Politiker und Behörden haben offenbar besonders große Probleme damit, Trugschlüsse zuzugeben, wie die Einschätzungen zur Schweinegrippe zeigen. Im Herbst 2009 erklärte der damalige Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) immer wieder, »dass die Impfung gegen die Neue Influenza richtig, notwendig und jedem zu empfehlen ist«. Schon damals eine gewagte Aussage – fast täglich war in renommierten medizinischen Fachblättern zu lesen, dass die Gefahr durch die Schweinegrippe massiv überschätzt wurde.
    »Die Menschen sind nicht so dumm«, sagt Michael Kochen, langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin. »Die hatten längst mit den Füßen abgestimmt.« Nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung haben sich gegen Schweinegrippe impfen lassen. Auch von Ärzten und Mitgliedern anderer Gesundheitsberufe sind lediglich 14 Prozent dem Aufruf zur Impfung nachgekommen.
    Die Zurückhaltung hatte gute Gründe. Die Zahlen für England wurden nach unten korrigiert. Schwere Verläufe waren dort viel seltener als bei früheren Grippewellen und seltener als bei der saisonalen Influenza. Aus den USA wurde in mehreren Fachblättern berichtet, dass die Lage anfangs falsch gedeutet wurde. »Die gute Nachricht lautet, dass die H1N1-Grippe weniger bedrohlich ist als zunächst befürchtet«, sagte der Harvard-Mediziner Marc Lipsitch. Er hatte diese Analyse bereits im Herbst 2009 öffentlich verbreitet. [90]  
    Umso weniger verständlich, warum die Weltgesundheitsorganisation WHO am 11. Juni 2009 einen umstrittenen Schritt unternommen hatte. Sie erklärte größte Seuchengefahr. Höchste Alarmstufe für eine Pandemie – aber niemand außerhalb Mexikos war wirklich beunruhigt. Das sollte eine Seuche sein? Als bekannt wurde, dass Regierungsberater in Großbritannien wie auch WHO-Experten enge

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