Heimat Mars: Roman (German Edition)
Algorithmen zur Problemlösung. Es umfasst Begriffe und Gleichungen zur direkten Aktivierung Ihres Gedächtnisses sowie Hilfen für das Nervensystem, die Ihnen das Denken auf höchst abstrakter Ebene erleichtern. Sie werden dadurch nicht selbst zum wissenschaftlichen Genie, aber Sie werden verstehen können, worüber sich die Genies unterhalten. Und Sie werden über eine tolle Ausrüstung für Expeditionen in die unterschiedlichsten Wissensbereiche verfügen, wobei der Schwerpunkt auf physikalischer Theorie liegt.«
»Genau das, was ich brauche«, stellte ich fest.
»Wie Sie gebeten haben, wird dieses Modell auf den neuesten Stand gebracht, außerdem können Sie jederzeit Ergänzungen aus dem Netz für ein Update einspeichern. Wir können für Sie auch die Belieferung mit Supplementen in verschiedenen Basis-Sprachen regeln.«
»Gut.«
Pribiloff sah mich einen Augenblick lang an und fuhr dann fort: »Die Prozedur ist selbstverständlich schmerzlos. Die Erweiterung wird subkutan in einer hyperimmunen Hülle nahe beim Foramen magnum im Schädel eingesetzt. Nach der Implantation stellen Nano-Fasern die neuralen Verbindungen innerhalb einer Stunde her. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden müssten Sie die Erweiterung Ihrer Fähigkeiten – auf jeden Fall zusätzliches Wissen – spüren. Ich brauche von Ihnen noch verschiedene Einverständniserklärungen, die Kreditfreigabe und Ihre Zusage, in den ersten zehn Tagen tägliche Berichte über Ihre Fortschritte abzuliefern. Die Erweiterung erstellt die Diagnose selbst. Sie brauchen den Bericht nur übers Netz durchzugeben. Falls Sie sich nicht melden, erlöschen alle Garantien.«
»Ich verstehe.«
»Selbstverständlich gilt für mich die ärztliche Schweigepflicht.«
»Natürlich.«
»Wann möchten Sie die Erweiterung einsetzen lassen?«
»So schnell wie möglich.«
»Schön. Ich führe alle Eingriffe und Implantationen persönlich durch. Passt es Ihnen morgen um fünfzehn Uhr?«
Am nächsten Tag kehrte ich, nervöser denn je, in sein Büro zurück. Im abgedunkelten Zimmer legte ich mich auf einer bequemen Couch auf den Bauch. Über meinem Hals tauchte ein Lichtkegel auf, ein kleiner Roboter rückte vor und legte seine anmutig geschwungenen Ärmchen vorsichtig um meinen Nacken.
Pribiloff zeigte mir die Erweiterung, eine flache, dünne, pechschwarze Scheibe von knapp einem Zentimeter Durchmesser. Abgesehen von der Produktkennziffer auf der Oberfläche fiel an der Scheibe nichts weiter auf. Vor der Implantation tauchte Pribiloff die winzige Scheibe in Nano-Ladung und Nährsubstanzen, die mir das Aufwachen erleichtern würden, und schob sie dann in das Einführungsinstrument. Ich schloss die Augen und schlief etwa fünf Minuten lang. Der Eingriff ging schnell und schmerzlos über die Bühne.
Ich verließ das Büro mit einem Gefühl, als hätte ich noch einmal eine Art Jungfräulichkeit eingebüßt – als hätte ich meinen Körper und die Mutter, die ihn mir geschenkt hatte, irgendwie verraten. Ich fragte mich, ob ich meinem Vater überhaupt von dem Eingriff erzählen sollte. Ilya sollte es erfahren, auch Charles. Aber warum sollte ich die Veränderung jemand anderem offenbaren? Nach einigen Stunden schämte ich mich selbst über meine alberne, konservative Haltung. Aber die trübe Stimmung wollte nicht weichen.
Und dann begann sich meine Weltsicht zu verändern.
Alte Freunde, Feinde und Bekannte aus ganz unterschiedlichen Lebensabschnitten traten wieder in mein Leben und hinterließen dort neue Spuren. Diane Johara hatte ich seit drei Jahren nicht mehr gesehen, aber auf meinem Kom war eine Nachricht von ihr eingetroffen, während ich in Pribiloffs Praxis war. Über SATKOM unterhielten wir uns, während ich in dem Zimmer, das ich in Shinktown für die Zeit des Eingriffs gemietet hatte, meine Sachen zusammenpackte.
Während einer Dienstreise im Rahmen der Kampagne für die neue Verfassung würde ich durch Dianes Wohnort Mispec Moor in Mariner Valley kommen. Ilya wollte mich dort in Empfang nehmen. Nach Treffen mit LitVid-Reportern würden uns der Nachmittag und der Abend zur freien Verfügung stehen. Voll freudiger Erwartung verabredeten Diane und ich uns zum Abendessen.
»Es ist so schön, wieder persönlich mit dir zu reden«, versicherte Diane erfreut. »Ich hatte solche Bedenken, dir eine Nachricht zu schicken. Ich hatte Angst, du könntest es als Anschleimen auffassen – jetzt, wo du so viel Einfluss hast, weißt du. Meine Güte, Casseia, was du getan
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