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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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dass ich mich daran erinnern konnte. Meine Kehle schmerzte furchtbar. Ich fragte mich, woran das liegen mochte. Der Helmrand an meinem Hals und die Abdichtungen unter meinem Kinn waren feucht. Oh, dachte ich, anscheinend habe ich geweint und geschrien.
    Ein Affekt der Distanzierung. Ich hatte meiner Schwäche nicht durch offenes Trauern nachgeben können. Ich hatte niemanden, nicht einmal mich selbst, merken lassen dürfen, wie fertig ich mit der Welt war. Also hatte ich Gespenster gesehen und war ausgerastet, um meinem Körper Gelegenheit zu geben, den Schmerz herauszulassen. Mein Kopf hatte ein Ablenkungsmanöver inszeniert und die rituelle Reinigung instinktiv in völliger Abgeschiedenheit stattfinden lassen.
    Ich hatte zwei Stunden an der Oberfläche verbracht. Ich fühlte mich anders als zuvor – nicht besser, aber anders. Ich überquerte das Ödland und kehrte in die Schleuse zurück. Dazu benutzte ich meinen Privatschlüssel, der alle Türen in Kaibab öffnen konnte. Die Schleuse schloss sich hinter mir.
    In meinem Zimmer saugte ich den Staub ab, duschte schnell und kleidete mich für die morgendlichen Termine an.
    Zurück an die Arbeit. Genauso klug wie zuvor.
    Aber die Zeit wurde mir knapp.
     
    Ti Sandra und ihr Tross, einschließlich Lieh und vier der dem Auftakt zugeteilten Spitzenleute von Point One, kehrten am folgenden Tag nach Many Hills zurück. In den Diensträumen vor dem Hauptlabor umarmten wir uns herzlich zum Abschied.
    »Ich sehe es gar nicht gern, wie sehr dies alles über unsere Kräfte geht«, sagte Ti Sandra und musterte mich auf Armlänge. Wie immer in letzter Zeit waren wir von Leibwächtern und Hilfspersonal umgeben. Die Art, wie wir jetzt beisammen standen, Präsidentin und Vizepräsidentin, war schon das Äußerste an Privatheit, was derzeit möglich war. »Du bist für mich wie eine Schwester, Cassie. Versprich mir, dass wir heil aus dieser Sache rauskommen und uns dann zu unserer eigenen Siedlung zurückziehen, um da nach dem Rechten zu sehen. Du wirst sie leiten, und ich werde eine Teeplantage betreiben. Wir werden leben wie anständige Marsianer!«
    »Versprochen«, sagte ich. Wir nahmen uns noch einmal in die Arme. Ti Sandra holte tief Luft.
    »Es ist ein Treffen angesetzt, an dem ich nicht teilnehmen kann. Mit Cailetet«, sagte sie. »Aelita hat den Zeitplan. Du wirst heute Nachmittag nach Lal Qila fliegen müssen.«
    »Crown Niger?«, fragte ich. Mein Magen verkrampfte sich.
    »Er sagt, es sei dringend. Wie ich höre, bekommt Cailetet keine Aufträge mehr. Unsere Strafaktion funktioniert. Du kennst ihn besser als ich.«
    »Er ist ein richtiges Schwein«, erwiderte ich.
    »Halte durch, und halt dich wacker«, sagte Ti Sandra. »Verfluchen kannst du mich später, Liebes.«
    Ich ließ Aelita und meine besten Stabsleute die weniger wichtigen Termine heraussuchen, die abgesagt werden mussten, darunter auch eine Lagebesprechung mit Wachsler und den Olympiern.
    Trotz der Tatsache, dass Cailetet von der Regierung boykottiert wurde und selbst unter den abtrünnigen BGs eine isolierte Position innehatte, konnte Cailetet, was die Zukunft der Republik betraf, noch ein paar Trümpfe ausspielen. Crown Niger hatte zwar Schnitzer gemacht, sich aber geschickt im Amt des leitenden Rechtsvertreters behauptet.
    Verschiedene Bezirksgouverneure hatten Schadensersatzansprüche für die Folgen des Einfrierens erhoben, diese Ansprüche wollten sie entweder von der Erde oder von der marsianischen Staatsregierung beglichen sehen. Aber wir hatten keinen derartigen Sonderfonds zur Verfügung. Cailetet hatte angeboten, Gelder bei sympathisierenden Quellen auf der Erde locker zu machen. Bis jetzt hatten wir uns geweigert, die Sache zu erörtern. Der Druck nahm jedoch ständig zu. Ti Sandra hatte in jüngster Zeit angedeutet, es könne nötig werden, mit Crown Niger wieder ins Geschäft zu kommen (obwohl wir ihm überhaupt nicht über den Weg trauten, nicht einmal bis zu der Wüste, in die wir ihn lieber heute als morgen geschickt hätten).
    Ich hatte mein spezielles Hühnchen mit ihm zu rupfen.
    Lal Qila – das Rote Fort – lag ungefähr drei Flugstunden südlich, auf der anderen Seite des Tals. Die unabhängige Region war im Besitz der kleinsten aller muslimischen BGs, Al Medain. Noch vor fünfzig Jahren war Lal Qila ein Urlaubsort gewesen. Aber da seine Ressourcen, Wasser und Geld, inzwischen völlig erschöpft waren, hatte man es gezwungenermaßen in ein Neuislamisches Kloster verwandelt. Ich hatte

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