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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Ihre Frauen waren elegant und selbstbeherrscht und trugen alles verhüllende, knöchellange Kleider, darüber seidene oder baumwollene Westen und Schleier, die sie dekorativ an den Schultern drapierten.
    Es hieß, das sittsame Anlegen eines Schleiers in der Gegenwart eines fremden Mannes sei das deutlichste Zeichen höchster Gunst, das einer neuislamischen Frau zu Gebote stehe. Wenn sie sich vor einem ihrer Familie oder der Gemeinschaft bekannten Mann verschleierte, galt das als sehr aufreizend und als erster Schritt der Frau im Balzritual.
    Da es sich um ein privates Treffen handelte, empfingen uns nur die Sicherheitsleute und der Bürgermeister der Siedlung, ein dicklicher, freundlicher Mann, elegant in bodenlanges Silbergrau gehüllt. Dandy, Meissner und D’Monte trafen sich mit den Sicherheitsleuten von Cailetet. Man einigte sich auf bestimmte Sicherheitsvorkehrungen. Aelita Zwei verband sich über Glasfaser mit einem Denker von Cailetet.
    Der Bürgermeister roch nach Anis und Rosenwasser. Er führte uns zu Fuß zu einer weiten, hohen Kuppel, nahe bei der Außenmauer der Siedlung. Innen befanden sich Kissen und von der Erde importierte, feingewebte Teppiche, steinerne Waschbecken für die Gläubigen und zur Schau gestellte Hadschi-Amulette verstorbener Brüder der Gemeinschaft.
    Ich hockte mich auf ein Kissen. Mir war vor Anspannung ganz schlecht.
    Crown Niger trat ein, sein Gang war noch katzenartiger als früher. Es ließ seine Augen blitzschnell durch die Kuppel schweifen. Er ließ sich so ungeschickt nieder, dass schon dieser für ihn ungewöhnliche Stilbruch Bände sprach. Mit leisem Seufzen atmete er aus. »Entschuldigen Sie mich, Frau Vizepräsidentin«, sagte er, »ich bin sehr erschöpft. Ich bin sicher, Sie wissen, warum. Offenbar kann man ja jederzeit in unseren wichtigen Akten herumspionieren. Was ist nur aus dem marsianischen Anstand geworden?«
    Ich lächelte. »Was kann ich für Sie tun, Mister Crown Niger?«
    Seine Nasenflügel bebten. »Ich werde ganz offen mit Ihnen sein. Ich weiß, dass Sie es nicht sein können, aber meine Lage ist anders als Ihre. Ich bin ein kleiner Schakal, der mit den Wölfen geheult hat. Ich werde Ihnen erzählen, was passiert ist. Dann können Sie selbst entscheiden, was daraus zu schließen ist. Ich habe schreckliche Angst.«
    Er log nicht, so viel war klar. Er roch sogar nach Angstschweiß. »Ich will völlig offen sein. Sie haben all dies sicher schon vermutet, aber ich werde es Ihnen jetzt … offen mitteilen. Wir haben vor dem Einfrieren viele Schürfanträge gestellt. Das entsprach einer Anweisung unseres Hauptpartners auf der Erde.«
    »GOWA«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Noch oberhalb von GOWA. Das Bündnis der Bündnisse. Sie haben doch sicher gerüchtweise davon gehört?«
    »Davon nicht«, gestand ich.
    »Aber es existiert, das ist eine Tatsache. Die meisten Schürfanträge wurden abgelehnt. Aber einige Minen haben wir den Interessen der Erde zugänglich machen können, rund neunzig, die wir entweder neu erwarben oder bereits besaßen. Dort hat man Heuschrecken positioniert – Fabriken zur Herstellung zerstörerischer Nano-Maschinen.«
    Mein Gesicht war sicher knallrot angelaufen. Meine Hände begannen vor Wut zu zittern.
    »Wir wussten nicht, dass dies passieren würde … Auch wenn Sie das sicher nicht als Entschuldigung für unsere Mittäterschaft gelten lassen … Aber ich habe Sie nicht deshalb hierher gebeten. Ich erzähle Ihnen das alles, weil wir diesen Heuschrecken inzwischen ebenso ausgeliefert sind wie Sie.«
    »Ich höre«, sagte ich.
    »Ich hatte gehofft, ich könne mit der Präsidentin reden.«
    »Sie hat zu tun.«
    Er seufzte. »Wir haben in Cailetet einen Durchbruch geschafft. Nichts so Spektakuläres wie das Versetzen von Monden. Einen Durchbruch in der Kommunikation … Wichtige Arbeiten, sehr lukrativ. Vor einer Woche haben wir es unseren Kontakten auf der Erde mitgeteilt. Wir wollten die neue Technik patentieren lassen. Wir hatten gehofft, wir könnten trotz der Krisenstimmung Geschäfte tätigen. Die Antwort war völlig anders als erwartet. Sie haben uns aufgefordert, unsere Forschungsgruppe aufzulösen und unsere Wissenschaftler zur Erde zu schicken.«
    Am Anfang des Gesprächs hatte ich das Gefühl gehabt, ich sei ihm überlegen und könne das Gespräch nach Belieben steuern. Jetzt war ich nur noch zu Tode erschrocken. »Sie haben denen alles verraten?«, brachte ich gerade noch heraus.
    »Wir hatten eine Vereinbarung mit

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