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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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gehört, es sei sehr schön. Alle Gebäude dort befanden sich an der Oberfläche und waren mit heimischen Steinen verkleidet. Darunter verborgen waren Polyesterschichten zum Druckausgleich und Schutzschilder gegen die Strahlung.
    Dandy Breaker und zwei jüngere Leibwächter, Kiri Meissner und Jacques D’Monte, begleiteten eine kleinere Kopie von Aelita und mich.
    Der Shuttleflug über das Tal war, wie immer, eindrucksvoll. Sechs Kilometer unter uns wirbelten Stürme in den tiefen Schluchten von Capri Ströme von rosa- und orangefarbenem Staub auf. Das Eos-Chaos schwamm in Wolken aus Eiskristallen, die im Lee von Höhenwinden nach Süden trieben. Ich hatte allerdings gar keine Zeit, mich in den Anblick der Landschaft zu vertiefen. Aelita versorgte mich mit den jüngsten Informationen über Cailetets finanzielle Lage, den Stand seiner Anleihen bei Banken des Dreierbundes auf dem Mond und sogar über Crown Nigers persönliche finanzielle Verhältnisse.
    »Erzähl mir mehr über sein Privatleben«, forderte ich den Denker auf. Aelita Zwei verfügte über verschlüsselte Dateien, in denen das meiste Datenmaterial von Point One abgespeichert war. Ihre Projektion nahm jetzt Lebensgröße an und wirkte wie lebensecht. Sie nahm neben mir Platz und tat so, als wühle sie in einem virtuellen Aktenberg. Sie hielt ein Blatt mit angesengten Rändern hoch und warf mir einen durchtriebenen Blick zu.
    »Die Sache ist wohl echt heiß, wie?«, fragte ich.
    »Er gehört dem Neuen Islam an, genau wie seine Frau. Sie hat die Fatimiden vor drei Jahren verlassen, um ihn zu heiraten. Allerdings ist seine Religionszugehörigkeit wohl eher dadurch bedingt, dass sie ihm gesellschaftlich nützt. Er ist nicht fromm.«
    Das wusste ich schon. »Nicht gerade aufregend«, sagte ich zu Aelita Zwei.
    »In sexueller Hinsicht ist er ein Allesfresser. Männer und Frauen.«
    »Auch Schafe?«
    »Keine Schafe.«
    »Leichenschändung?«
    »Keine Anhaltspunkte.«
    »Viele Politiker lassen gern mal die Sau raus. Behandelt er seine Partner gut? Irgendwelche Beschwerden, Klagen oder sonst was in dieser Richtung?«
    »Keine gerichtlich anhängigen Verfahren. Seine Frau ist unglücklich, will sich aber nicht von ihm trennen.«
    »Das ist alles sehr zahm. Warum das angesengte Blatt, Aelita?«
    »Achmed Crown Niger war nach den anti-zentralistischen Protestaktionen in Sinai für drei Jahre auf der Erde. Unsere Spione im Datennetz haben Dokumente aufgetrieben, die darauf hindeuten, dass ein Mann mit sehr ähnlichem Sprachmuster möglicherweise bei mehreren politischen Aktionen in Südafrika mitgemischt hat. Es waren Aktionen, die gegen die pan-afrikanische Vereinigung gerichtet waren.«
    »In welcher Weise ähnliche Sprachmuster?«
    »Die Sprachmuster stimmen mit achtundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit überein. Der Mann steht auf einer Liste von Flüchtlingen, für die Auslieferungsanträge von GASH und dem Vereinigten Afrika vorliegen. Er heißt Yusef Mamoud.«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich diese Information, selbst wenn sie wichtig war, verwerten sollte. »Aelita«, sagte ich. »Ein angesengtes Papier sollte auf Schlimmeres hindeuten, zum Beispiel auf Mord, Päderastie oder die Eigenwerbung mit einem Riesenpenis in der Anzeigenrubrik Einsame Herzen …«
    »Wie bitte?«, fragte Aelita. Mit Humor war sie genausowenig gesegnet wie mit politischem Instinkt.
    »Wir haben keine Beziehungen oder Verträge mit dem Vereinigten Afrika. Und GASH wird ihn auf Afrikas Ersuchen hin auch nicht ausliefern. Das ist kein echter Knüller. Wir wissen, dass er ein politischer Opportunist ist. Ein Verräter. Eines Tages«, ich erstickte fast an den Worten, aber vor Wut sprach ich sie dennoch aus, »werden wir ihn vielleicht umbringen müssen.«
    »Ich verstehe.«
    Lal Qila, die Rote Festung, hielt, was ihr Name versprach. Dicke rote Mauern, die an jeder Ecke Minarette trugen, umgaben ein Dutzend steinerner Kuppeln. Die größte davon hatte einen Durchmesser von mehr als zweihundert Metern. Alles sah sehr kostspielig und nach marsianischem Empfinden sehr anmaßend aus. Die Gemeinschaft des Neuen Islam auf dem Mars war immer schon stolz und patriotisch gewesen. Sie betete nie in Richtung der Erde, sondern stets nach Westen gewandt, in Richtung der untergehenden Sonne.
    Die neuislamischen Siedlungen, die ich bisher besucht hatte, waren sauber, ordentlich und politisch recht passiv gewesen, die Männer höflich und sorgfältig in lange Gewänder oder Dschellabahs gehüllt.

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