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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Mit Knochen auf dem Meeresgrund.«
    »Die Hälfte unserer Städte und Siedlungen würde ohne Kalksteinbauten gar nicht existieren.«
    »Warum ist der Kalkstein nicht marmoriert?«, fragte ich. Nicht zuletzt wollte ich Charles damit zeigen, dass ich in Bodenkunde nicht gänzlich unbewandert war.
    Charles schüttelte den Kopf. »Seit einer Milliarde Jahren hat es hier keine größere Bodenaktivität mehr gegeben. Marmor bildet sich nur bei großer Hitze und entsprechendem Druck. Der Mars schläft. Er schafft das nicht mehr.«
    »Oh.« Ich hatte nichts anderes als meine Unwissenheit demonstriert. Das machte mir allerdings gar nichts aus. Ich gab Charles jede Gelegenheit, vor mir anzugeben. Denn schließlich wollte ich erfahren, wer er wirklich war, welchen Mann ich mir für einige Tage Zweisamkeit ausgesucht hatte. Auf einer Brücke überquerten wir das Becken am anderen Ende der Kammer und gelangten in einen abschüssigen Tunnel. Die nächste Kammer enthielt reihenweise spiegelblanke Wellblechbehälter aus rostfreiem Stahl, um die sich orangefarbene Keramikrohre wanden. Hier war der scharfe moderige Geruch fast überwältigend. Dieser Geruch löste bei mir so etwas wie eine archetypische Erinnerung aus. Ich musste an kühle, feuchte Keller an warmen Sommertagen denken, an Keller, in denen Holzkisten mit süßlich riechenden Äpfeln und Kartoffeln lagerten, an festgestampfte, erdige Böden …
    »Die alten Fässer«, sagte Charles. » Cuvés nannte man sie. Der Saft der Trauben …«
    »Lass mich raten«, unterbrach ich ihn. »Ich bin übrigens so etwas wie eine Weinkennerin.« Das war allerdings stark übertrieben.
    »Ach wirklich?«, fragte Charles ehrlich erfreut. »Dann kannst du mir wohl einiges erklären. Ich hab mich immer gefragt, warum es mit der Weinkellerei nicht geklappt hat.«
    »Woher hatten sie die Trauben?«, fragte ich in meiner neuen Rolle als Weinexpertin.
    » Cuvé in situ. Sie haben sie in den Fasskellern gezüchtet. Rebstöcke angebaut, gepropft und die Trauben dann an Ort und Stelle gären lassen.«
    »Darum ist es auch schiefgegangen«, sagte ich naserümpfend. »Das ist der schlechteste Wein, den man sich vorstellen kann.« Das hatte ich jedenfalls gehört, wenn ich solchen Wein auch noch nie selbst gekostet hatte.
    »Meine Leute haben mir erzählt, dass er ziemlich schlecht war. Etwas Wein muss hier noch immer gelagert sein, glaub ich … Sie haben’s dann einfach aufgegeben.«
    »Und wann war das?«
    »Das ist mindestens zwanzig Jahre her.«
    »Erdenjahre«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Ich persönlich zähle lieber in Marsjahren.«
    Charles kam mit meinen kleinen Sticheleien und Frotzeleien ganz gut klar, fand ich. Er ärgerte sich nicht darüber, wich aber auch nicht zurück, nur weil er mir hätte schmeicheln wollen.
    »Sollen wir uns mal danach umsehen?«
    »Ja«, sagte er. »Ich erinnere mich, dass ich als Kind hier mal Wein gesehen habe … irgendwo hier unten.« Er ging voran.
    Ich blieb ein paar Schritte hinter ihm zurück und spähte durch ein Glasfenster, das in die Seite eines cuvé eingelassen war. Es war schwarz und leer. Der ganze Ort deprimierte mich. Wie oft schon hatten Marsianer etwas genauso wie auf der Erde machen wollen, indem sie einerseits der alten Tradition anhingen, andererseits Neues erfanden. Und wie oft schon waren solche Versuche jämmerlich gescheitert?!
    »Du weißt doch, wie wir inzwischen Wein herstellen, oder nicht?«, fragte ich, während ich Charles einholte.
    »Reines Nano, alles künstlich, oder?«
    »Mancher Wein ist gar nicht mal so schlecht.«
    »Hast du schon mal Wein von der Erde gekostet?«, fragte Charles.
    »Um Himmels willen, nein. Meine Familie ist ja nicht reich.«
    »Ich hab vor ein paar Jahren mal einen probiert. Madeira. Ein Freund hatte vierhundert Dollar dafür bezahlt.«
    »Du Glücklicher«, sagte ich. »Madeira alterte früher in den Frachträumen von Schiffen, die Kap Horn umsegelten.« Damit waren meine Weinkenntnisse so ziemlich erschöpft.
    »Er war recht gut. Allerdings ein bisschen süß.«
    Wir schoben eine Tür aus dünnem Fiberglas zur Seite und betraten einen Speicher hinter dem Fasskeller. Fast versteckt hinter säuberlich gefalteten Stößen von Filtermaterial, stand ein einzelner Bottich einsam in einer Ecke herum. Charles bückte sich und musterte das Schild. »Jahrgang 2152«, sagte er. »Marsjahr 43. Wurde nie in Flaschen abgefüllt und nie vertrieben.« Mit komisch-ängstlichem Blick schaute er zu mir hoch. »Könnte uns

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