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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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überfüllten Planeten ein Gleichgewicht erst noch finden. Das Bedürfnis nach Heimat ist stark und legitim. Fast alle Menschen brauchen eine Ortsbindung. Etwas anderes ist der ethnozentrische Gruppenegoismus, der sagt: »Wir sind hier die Herren im Haus.« Das schließt das andere als solches aus – und damit eben auch andere Menschen.
    Fatal an diesem chronischen Ausgrenzungsreflex ist, dass die Abschottung kurzfristig nützlich sein mag, langfristig aber destruktiv auf die eigene Gruppe zurückwirkt. Wer nur sich selbst im Mittelpunkt der Welt sieht, koppelt sich von der sozialen Evolution ab. Gruppen, die sich einigeln, sind im Zeitalter globalen Austauschs nicht überlebensfähig. Wir leben auf einer Welt, die eine Kugel ist. Ständig reden wir von Globalisierung, vergessen aber nur zu oft, dass es auf einer Kugeloberfläche keinen Mittelpunkt gibt.

Da guckst du! Überall verständliche Emotionen
    Während auf der anderen Seite des Globus die alte Weltordnung ihrem Ende entgegengeht, suchen die Leahy-Brüder 1933 im Hochland von Neuguinea nach Gold. Von der Ostküste aus sind sie die waldigen Berge hinaufgestiegen. Ihr Ziel ist das Mount-Hagen-Massiv im Inneren. Das Klima ist extrem anstrengend, und auf schlammigen Wegen kommen die australischen Männer mit ihren Trägern nur mühsam voran. Neuguinea gilt als das Eldorado des Pazifiks. Deshalb sind sie nicht die Einzigen, die in dem völlig unbekannten Terrain nach einem Gebiet forschen, das Goldgewinnung im großen Maßstab verspricht. Alle Goldsucher haben der fremden Umwelt ihren Tribut gezollt. Viele mussten aufgeben und nach Australien zurückkehren, andere sind verunglückt oder an Tropenkrankheiten gestorben. Aber die Leahys sind harte Burschen und seit langem im Geschäft. Und es sind stolze Männer. Sie machen Fotos von sich. Michael, der Älteste und ihr Anführer, stemmt die Arme in die Hüften und stellt sich mit Tropenhut und Buschhemd mit aufgekrempelten Ärmeln in Positur.
    Die Männer kommen von einem Kontinent, der als unbewohnt galt, als die Europäer ihn entdeckten. Deshalb nannten sie Australien »leere Erde«: Terra Nullius . Lange galt auch Neuguinea als unbewohnt. Aber die Leahys wissen, dass in anderen Teilen des Archipels Menschen leben. Sogar ziemlich viele. In Hunderten von Tälern betreiben sie, weitgehend voneinander isoliert, wie ihre Vorfahren seit 9000 Jahren Landwirtschaft. Kein Wunder, dass es Hunderte von Sprachen gibt. Das Landesinnere um den Mount Hagen halten sie jedoch für menschenleer – bis einer der Brüder an einem Berghang Menschen entdeckt. Es sind Männer, das sehen sie schon von weitem. Die Leute sind nämlich fast nackt.
    Ansteckendes Lachen
    Das unvorhergesehene Treffen elektrisiert die erschöpften Goldsucher. Für kurze Zeit vergessen sie ihr Gold und nähern sich langsam den fremden Männern. Die wirken vollkommen verblüfft, ja erschüttert. Einige drehen sich weg, andere rennen fort, schließlich kommen sie ihnen aber ebenfalls vorsichtig entgegen. Einer der Leahys sagt »Hello« und erhält eine unverständliche Antwort. Offensichtlich ist das Pidgin -Englisch, das in anderen Teilen der Insel bereits gesprochen wird, nicht bis hierhin vorgedrungen. Dennoch entwickelt sich ein erstes Gespräch. Jedenfalls etwas Vergleichbares. Man verständigt sich jenseits der Worte. Zwar reden alle. Aber keiner versteht die Sprache des anderen. Trotzdem tauschen sie sich lebendig aus. Einer der Goldsucher streckt die Hand zum Gruß aus. Ein Papua-Junge weicht etwas zurück. Andere halten die Hände an ihre Brust. Daniel lächelt, ein Papua lächelt zurück. Lächeln ist das Öl im Getriebe der Geselligkeit.
    Die fast nackten Männer interessieren sich für die seltsamen Werkzeuge der Australier, auch deren Gewehre. Sie wundern sich offensichtlich über deren Kleidung. Um ein Haar fassen sie die Goldsucher an, schrecken dann aber zurück. Die Leahys kratzen sich erstaunt am Kopf. Einige der Papua knabbern an den Fingernägeln. Dauernd kichern sie und halten sich die Hand vors Gesicht. Sie legen den Arm auf die Schulter eines anderen Papua. Die Leute erscheinen den Goldsuchern schüchtern. Aber es wird auch gelacht. Michael macht Fotos von diesem seltsamen Aufeinandertreffen der Kulturen.
    Diese Männer sind nicht etwa Mitglieder einer kleinen Gruppe. Nach und nach bemerken die Goldsucher, dass das Gebiet dicht besiedelt ist. Statt der erwarteten unbewohnten Gebirgskämme finden sie eine Vielzahl flacher Täler, in denen

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