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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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Zeitalter der Dinosaurier, die man einige Säle weiter bewundern kann. An den Wänden geben ausladende Gemälde Ereignisse der amerikanischen Geschichte wieder, bei denen Indianer eine Rolle gespielt haben. Die romantischen Bilder im orientalisierenden Stil des 19. Jahrhunderts lassen sie als Fußnote zur amerikanischen Saga der Eroberung des Westens erscheinen. Von den Gräueln zeigen sie nichts. Ich bin gespalten. Auf der einen Seite stört mich die Präsentation der Indianer als Kulturfossilien. Diese Darstellungsart ist heute in Ethnologiemuseen eigentlich überwunden. Immerhin sind sie Amerikaner von heute, auch wenn ihre Gruppe klein ist. Alle Indianer der USA zusammen kommen ungefähr auf die Einwohnerzahl Berlins. Andererseits wirkt das Fremde der anderen Kultur hier so faszinierend auf mich wie sonst kaum irgendwo. In manchem schön bebilderten Beitrag von National Geographic oder Geo wird das Fremde und die damit einhergehende Befremdung allzu schnell glattgebügelt und zivilisiert.
    Nachdem ich mich in der Cafeteria gestärkt habe, suche ich weiter nach Spuren der Indianer in New York. Dazu brauche ich nur den Central Park zu durchqueren, und schon bin ich im berühmten Metropolitan Museum of Art. Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert auf der Upper East Side mit seiner monumentalen klassizistischen Front ist ein gewaltiger Museumstempel. Hier gibt es Rembrandts, Cézannes und Picassos im Dutzend. Außerdem bietet das Haus eigene Abteilungen zu den antiken »Hochkulturen« der Griechen, Perser und Römer. Ein neuer Trakt ist den alten Ägyptern gewidmet, und von dort geht es weiter zu den Maya und Inka.
    Überraschenderweise finden sich hier auch Werke der »einfachen« Indianerkulturen Nordamerikas. Erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts spricht man einzelnen Artefakten dieser nichtwestlichen Völker den Rang von Kunstwerken zu. Die Marke »primitive Kunst« war aus der Taufe gehoben und startete auf dem Weltkunstmarkt eine steile Karriere. Entsprechend präsentiert das Metropolitan die Indianerkultur ganz anders als die Kollegen von der Naturkunde. Die Stücke der Nordwestindianer werden als einzelne erlesene Kunstwerke mit geschickter Lichtführung zelebriert und als Indianerskulpturen in den Rang der Fine Arts erhoben. Die Werke erscheinen als erhabene Höchstleistungen der Menschheit. Sie werden ganz selbstverständlich Teil der Weltkunst. Hochkulturen und »Primitive« begegnen sich auf Augenhöhe. Aber gibt es auch eine inhaltliche Verbindung? Eine solche Ansammlung von Kunstwerken verschiedener Kulturen drängt die Frage geradezu auf: Was verbindet diese verschiedenen Kunstkulturen?
    Für eine Antwort bietet sich ein drittes New Yorker Museum an, das die direkte Konfrontation gewagt hat. Das Museum of Modern Art, im Volksmund kurz MoMA, ist das Mekka der internationalen Gegenwartskunst, die hier in ihrer ganzen verwirrenden Vielfalt aufgeboten wird. Der hochmoderne Bau zwischen den Wolkenkratzern in der Nähe des Rockefeller Center mit seinem großen Innenhof bildet den größten denkbaren Kontrast zur historischen Wucht des Metropolitan. Auch Touristen, die sich nicht sonderlich für moderne Kunst interessieren, kommen hierher: »It’s a must, you know.« Also heißt es erst einmal Schlange stehen. Und die macht ihrem Namen alle Ehre! Sie ist so lang und gewunden, dass dafür extra ein großer Parkplatz geräumt wurde. Ich habe reichlich Zeit, darüber nachzudenken, was ich hier eigentlich erwarte, blättere in einem Kunstreiseführer und dem hip gestalteten MoMA-Faltblatt. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, hier auf Kunst der Nordwestküstenindianer zu treffen, aber wer weiß?
    Schließlich fand im MoMA im Jahr 1984 eine mittlerweile legendäre Ausstellung statt: »Primitivism in 20th Century Art«. Seitdem ist die Kunst der Kwakiutl schwer »angesagt«. Der Primitivismus ist eine Bewegung der modernen Kunst spätestens seit Gauguin. Den Maler zog es immer wieder in die Südsee, auf Tahiti ließ er sich von der dortigen Lebensweise inspirieren. Hatte das Primitive bis dahin als roh und ungeschlacht gegolten, so erschien es jetzt als einfach und vorbildlich. Berufen konnte man sich auf Denker wie Rousseau oder Künstler wie Delacroix. Als umfassende Richtung der modernen Kunst wurde der Primitivismus in der Megaschau zum ersten Mal umfassend dokumentiert.
    Die einfache und zugleich geniale Idee des Kurators, William Rubin, bestand darin, Kunstwerke ganz verschiedener Herkunft unmittelbar

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