Heimat Mensch - Was uns alle verbindet
diese universal verbreitete Vorstellung so nah ans Wesentliche wie möglich. Unabhängig voneinander und jenseits der elaborierten Seminardebatten haben die Kulturen den Kern schon lange getroffen: Bei Kunst geht es darum, etwas so zu verändern, dass es zu etwas ganz Besonderem wird.
Krieg und Frieden Gewaltverherrlichung und Konfliktvermeidung
Menschen sind einfach gewalttätig, da kann man nix machen!« Im Halbdunkel der plüschigen Kneipe gibt ein Wort das andere. »Quatsch, die Menschen sind eigentlich friedlich. Es sind nur die Politiker, die Kriege anzetteln. Schau dir nur die friedlichen Naturvölker an. Es geht auch ohne Staat!« Eine solche Grundsatzerklärung kann nicht unerwidert bleiben. »Nicht die Politik ist schuld, sondern die Religionen. Denk doch an Christentum und Islam!« Nun schaltet sich auch die Kellnerin ein: »Du Idealist! Es sind doch die Männer, und die gibt es schließlich überall. Männer sind einfach aggressiv! Das siehst du ja schon auf der Straße.« Ob am Stammtisch in der Kölner Südstadt, bei Anne Will in der Talkrunde am Sonntagabend oder im Uni-Seminar, wenn es um Krieg und Frieden geht, sind alle dabei. Wo Gewalt, Mord und Tod Thema sind, werden Diskussionen schnell hitzig und wir selbst wortgewaltig.
Diese Themen gehen jeden an, und jeder hat etwas beizutragen. Bei einem solchen verbalen Schlagabtausch wird schnell die Ebene der persönlichen Gewalt mit Auseinandersetzungen auf gesellschaftlicher Ebene vermischt. Ganze Zivilisationen, wie die islamische, werden leichthin als Monolith abgehandelt. Oder man fällt mal eben ein Urteil über »die Chinesen«, immerhin ein Sechstel der Menschheit. Praktisch nie wird zwischen aggressiven Gefühlen, aggressivem Reden, offener Gewalt und Krieg unterschieden. Vermeintlich klare Vorstellungen hat trotzdem jeder. Die sind meist ziemlich extrem, allerdings wechselt man gern zwischen den Polen, was erstaunlich leicht geht, da die Meinungen in der Regel nicht auf Wissen, sondern auf tief sitzenden Vorstellungen beruhen. Das sind nicht nur allgemeine oder politische Weltbilder, sondern vor allem Bilder vom Menschen – an sich und überall. Hier sind wir alle Privatanthropologen.
Gewalt interessiert jeden
Medienmacher wissen, dass gute Nachrichten auf mäßiges Interesse stoßen. Frieden ist höchstens nach erbittertem Kampf eine Meldung wert. Nachrichten ohne jeden Konflikt haben wir noch nie aufgetischt bekommen, denn wir würden schnell weiterzappen. Als Thema oder Motiv wirken Konflikt und Gewalt auf Menschen unterschiedlichster Kulturen ungemein anziehend. Romanautoren empfiehlt man deshalb, mit einem persönlichen Streit in ein Kapitel einzusteigen. Das Interesse an Auseinandersetzungen, vor allem körperlicher Art, an ihren Vorgeschichten und ihren Folgen ist universell.
Ob in der traditionellen Spielhölle, im Jugendzimmer oder im Internet, die echten Mega- und vor allem Longseller sind Kriegsspiele. Das Rollenspiel »World of Warcraft« hat derzeit elf Millionen Mitspieler. Der Ego-Shooter »Counterstrike« wird zu jeder beliebigen Minute von 200000 Spielern gleichzeitig gespielt. Das Spiel ist grafisch vergleichsweise lieblos gemacht, aber man kann nach Herzenslust zerstören, verletzen und töten. Menschen interessieren sich für Gewalt. Kinder spielen Krieg, selbst wenn reale militärische Auseinandersetzungen um sie herum toben.
Die Schlager an der Kinokasse kreisen um Gewalt, Macht und Geschlecht. Ohne Sex and Crime kein Hollywood. Der Einwand gegen diese Verallgemeinerung: »Ja, das ist eben die typische amerikanische Tradition: gewalttätig, männerdominiert. Daraus kann man nicht auf die gesamte Menschheit schließen!« Die Welt ist schließlich größer als Amerika und Europa. Vielleicht sollten wir erst einmal ganz andere Filme anschauen! Genau das haben Matthias Uhl und Peter Hejl getan. Sie sind Soziologen und Medienwissenschaftler an der Universität Siegen. Zusammen mit Keval Kumar, einem indischen Filmspezialisten, haben sie sich sehr, sehr viele Bollywoodfilme angeschaut. Forschung darf auch Spaß machen!
Zunächst fallen nur die Unterschiede auf. Die erste Besonderheit ist die Länge. Viele indische Filme dauern drei Stunden, manche noch viel länger. Das Team hat also auch sehr, sehr lange vor der Leinwand gesessen. Es gibt eine Vielzahl von Handlungselementen, die für den Aufbau von Filmen wichtig sind. Gefahr für Leib und Leben und die Partnerwahl sind hier wie bei den Hollywoodstreifen die
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