Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Lanckes offenem Wesen sehr angetan.
    Die Kanne Kaffee war in einer halben Stunde leer, und beim zweiten Aufguß kam das Gespräch auf Heinz Wüllner.
    Als Hilde einmal draußen war, regten sich Oma Bunitz und Frau Lancke darüber auf, daß Wüllner nichts von sich hören ließ. Besonders im Hinblick auf Hilde fanden sie sein Schweigen empörend und rücksichtslos.
    Was wußten die guten Weiblein vom Krieg, vom Schrecken der Front und vom Leben des Landsers in Dreck und Feuer! Was wußten sie in ihrer bürgerlichen Einfältigkeit von den einsamen Menschen im Land des Feindes, die auf verlorenem Posten ausharren mußten und dem Tod zuwinkten wie einem fahrenden Gesellen am Straßenrand.
    Frauen stellen sich den Weltbau als einen babylonischen Turm des Gefühls vor, sie regieren mit der Seele, denken mit dem Herzen. Alle Schrecken und alles Grauen meinen sie heilen und bekehren zu können mit der Reinheit ihrer liebenden mütterlichen Herzen.
    Still gingen die Weihnachtstage vorüber, stiller noch die letzten Stunden des Jahres. Als die Glocken über die verschneite Stadt klangen, als fern einige übermütige Stimmen ihr Prosit Neujahr in die klirrende Luft schrien, da stand Hilde allein am Fenster von Wüllners Herrenzimmer, in der rechten Hand ein Glas dampfenden Punsches und in der linken sein Bild. Sie stellte das Bild auf die Fensterbank und blickte in den klaren Sternenhimmel. Als ihre Blicke zur Venus fanden, von der Venus zum Mars und vom Mars zum Großen Wagen, da stellte sie auch das Punschglas neben das Bild, faltete die Hände und sagte leise mit einer zitternden, flehenden Stimme:
    »Venus, stolze Venus, gib mir die Liebe und die Kraft, die alles vergessen und ertragen läßt. Und du, Mars, du finsterer Geselle des Krieges, wende dein Angesicht von den Schlachtfeldern dieser Welt und wandere weiter zu anderen Welten und Sternen. Und du, Großer Wagen, fahre mit meinem Heinz heim, wo er auch sein mag, lade ihn auf und ziehe den Weg bis zu mir. Ich will in Hütten wohnen und zufrieden sein mit der Not – wenn ich ihn nur wiederhabe!«
    Und sie hob das Glas hoch zu den Sternen und rief in die kalte Nacht:
    »Prosit Neujahr, mein Schnöselchen …«
    Nach den Festtagen der Einsamkeit stürzte sie sich weiter auf das Studium und verbrachte die meiste Zeit in den Räumen der Universität, um nicht immer in Wüllners Wohnung an die Sehnsucht erinnert zu werden. Doch nach und nach verwandelte sich die frische Farbe ihres Gesichts in ein durchsichtiges Weiß, wurden die Hände schmaler und die kleine Nase spitzer, legte sich vor den Glanz der Augen ein Schleier der Tränen, zuckte hin und wieder eine flackernde Angst auf vor der Zukunft und der Wahrheit.
    »So geht es nicht mehr weiter«, meinte eines Tages Rolf, der Chirurg, und versammelte seine Freunde um sich. »Hier muß etwas geschehen.«
    Ernst, der Maler, der unterdessen seine Ellen geheiratet hatte, um sicher zu sein vor Verwechslungen – wie er sagte –, machte ein kluges Gesicht und meinte:
    »Man könnte sich nach Heinzens Feldpostnummer erkundigen.«
    »Schön und gut – aber bei wem?«
    »Heinz hat doch öfters von einem Dr. Elbers im Propagandaministerium gesprochen, mit dem er sich ganz gut verstand. Ministerialrat ist der, glaube ich. Der müßte uns helfen können.«
    »Meinst du, die lassen uns so einfach mir nichts, dir nichts da rein?«
    »Warum nicht? Versuchen wir's halt!«
    So geschah es, daß eines Morgens beim Ministerialrat Dr. Elbers drei junge Männer erschienen – ein Chirurg, ein Maler und ein Chemiker, wie die Karten verrieten –, in klaren, aber spontanen Worten den Fall erklärten und um die Anschrift des Kriegsberichters Heinz Wüllner nachsuchten.
    Ministerialrat Dr. Elbers lehnte sich lächelnd im Sessel zurück.
    So etwas wie heute war ihm noch nie passiert. Aber da ihn alles interessierte, was Wüllner betraf – warum er den Kerl so sympathisch fand, konnte er sich nicht erklären –, hatte er die drei Bittsteller sofort vorgelassen.
    »So, so, er schreibt seiner Braut nicht?« meinte er und suchte in den Akten herum. »Uns schreibt er alle zwei Tage. Einen tollen Bericht nach dem anderen. Nachdem der Balkan lebendig wurde, ist Wüllner überall da, wo Späne fallen.«
    »Aber warum schweigt er sich dann aus bei seiner Braut?« staunte Rolf und rang nervös seine schmalen Chirurgenhände.
    »Vielleicht aus Edelmut. Ich darf Ihnen jedenfalls die Versicherung geben, daß Wüllner bei bester Gesundheit ist.«
    »Alles ganz

Weitere Kostenlose Bücher