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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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traf im Foyer einen Bekannten aus Berlin.«
    »Und wer war das?«
    »Ein Herr Sellmer … Chef des SS-Fahnungsdienstes.«
    Borgas fragte: »Was wollte er von dir? Erkundigte er sich nach jemandem?«
    »Ja, nach dir.«
    Borgas zuckte zusammen, als habe er einen Schlag erhalten. Dann beugte er sich zu Wüllner hinüber:
    »Sagte er sonst noch etwas?«
    »Ja. Ich solle mich aus dieser Gesellschaft heraushalten, wenn ich nicht Schwierigkeiten haben wolle. Aus allem konnte ich entnehmen, daß man eine neue Aktion starten will.«
    Borgas wandte sich ab und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Dann wanderte er im Raum hin und her, ging zum großen Fenster, blickte über die Dächer und in die Sterne.
    »Wie friedlich ist es da oben. Manchmal wäre ich froh, wenn ich nicht mehr diese Erde mit all ihrem Haß sähe.«
    Er ging zu dem kleinen Fenster an der linken Wand, das auf die Straße zeigte, und lehnte sich an die Scheiben. Plötzlich fuhr er zurück:
    »Dort unten steht einer! Er steht und blickt herauf. Er geht hin und her und wartet. Es ist soweit – sie kommen wieder!«
    »Nein!« rief Dr. Curtius, »ich will nicht. Ich will leben – ich habe eine Frau und Kinder.«
    Wüllner nahm Hildes Mantel, half ihr beim Anziehen, drückte Curtius den Hut in die Hand und wandte sich an Borgas:
    »Nicht die Nerven verlieren, alter Junge. Du weiß ja, daß du unter Beobachtung stehst. Heute ist es besonders streng – du hast verdächtigen Besuch.«
    Er gab ihm die Hand.
    »Sehen wir uns noch einmal?« fragte Borgas.
    »Rede nicht so einen Blödsinn. Morgen vormittag komme ich bei dir vorbei!«
    Er klopfte Borgas leicht auf die Schulter, wandte sich zur Tür und ging hinaus. Die beiden anderen folgten ihm in auffallender Eile.
    Bedächtig wie immer verschloß Borgas die Tür, ging zum Fenster, sah auf die Straße, sah den Mann, der hin und her ging, schaltete seine Arbeitslampe ein, nahm seinen weißen Arbeitsmantel und begann, aus Ton eine Figur zu kneten.
    Unheimlich schnell formten seine Hände den Körper, einen Mann, der einen großen Stein auf seinen Schultern trägt. Das Gesicht war verzerrt, die Muskeln bis zum Zerreißen angespannt, dicke Adern quollen von Stirn und Armen. Aber der Stein war zu schwer, er drückte den Mann zu Boden, so sehr er auch den Fuß dagegenstemmte.
    Borgas arbeitete wie besessen, aufkommende Müdigkeit unterdrückte er. Seine Hände formten, kneteten, strichen und modellierten.
    Als der Morgen graute, stand die Figur im Rohbau auf dem Tisch. Da beugte sich der Bildhauer Borgas nieder und schrieb auf dem Sockel in den Ton: Die Last der Zeit!
    Anschließend ging er zum Bücherschrank, öffnete ein Schubfach und entnahm ihm eine kleine Pistole. Noch einen Blick warf er auf die Straße, wo jetzt ein anderer Mann hin und her ging; dann setzte er sich in den Sessel vor seine Tonfigur und sah auf die Uhr.
    Der Zeiger wies auf die vierte Morgenstunde. Mit einem Lächeln wandte Borgas den Kopf, legte ihn weit in den Nacken, öffnete den Mund und schob den Lauf der Pistole zwischen seine Zähne.
    Am Abend darauf brachten die Zeitungen auf einer der letzten Seiten eine kleine unscheinbare Notiz, die man leicht übersehen konnte – die man wohl übersehen sollte. Sie besagte, daß der bekannte Bildhauer Friedrich Borgas heute morgen einen tödlichen Unglücksfall erlitten habe.
    Weiter nichts … nur einen Unglücksfall.
    Noch viel schneller, als Heinz Wüllner es befürchtet hatte, vergingen die fünf Tage des Urlaubs. Die Trennung rückte mit jeder Stunde näher an beide heran. Je mehr sich Hilde vor dieser Stunde ängstigte, um so lustiger wurde sie äußerlich, um so ausgelassener suchte sie Heinz auf andere Gedanken zu bringen, der seit dem Tode von Borgas stumm und in sich gekehrt an ihrer Seite ging, auf ihre Späße höflich reagierte, aber selbst alle Behendigkeit seines Wesens abgelegt hatte.
    Mit kleinen Dingen suchte sie sein Gemüt zu erfreuen. Ob sie sich abends an das Klavier setzte und mit zarter Stimme einige Schlager sang, oder ob sie ihn in den Freundeskreis schleppte – Heinz blieb schweigsam und voll düsterer Stimmung. Auch wenn sie allein in der Wohnung waren, fand er nicht mehr den lauten, herzlichen Ton.
    Und dann war sie da, die letzte Nacht in Berlin. Am nächsten Tag acht Uhr früh sollte er mit dem Zug nach Wien fahren, wo ihn ein Flugzeug erwartete, das ihn nach Belgrad bringen würde, von dort ging es dann wieder in Windungen über Gebirgspässe und durch Schluchten,

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