Heimkehr
schwindenden Lebens m ittelvorräte in einen gemeinsa me n Hort gesammelt. Und jeden Tag wird eine lächerliche Ration an uns ausgegeben. Darüber hinaus hat das Konzil beschlossen, dass jeder Mann die gleiche Arbeit zu le is ten hat. Daher steht Jathan m it seinen Gefährten Wache wie ein gewöhnlicher Soldat. Die Män n er wac h en zu zweit, weil ein einzelner Wächter zu leicht dem merkwürdi g en Wahn zum Opfer fallen könnte, der an diesem Ort lauert. Wir sprechen nicht viel darüber, aber wir alle leiden unter seltsamen Träumen, und einige aus unserer Companie scheinen mit ihren Gedanken meistens woanders zu sein. Sie schieben die Schuld daran dem vielen Wasser zu. Sie sch l agen vor, kleine Suchtrupps loszuschicken, die nach einem guten, trockenen Platz für unsere Siedlung suchen sollen.
Ich habe kein Vertrauen in diese wackeren Pläne. Diesen wilden Ort küm m ern weder unsere Regeln noch unser Konzil.
Bisher haben wir nur wen i g gefunden, wovon w ir uns ernähren könnten. D i e Vegetat i on ist sehr fre m d artig, und die einzigen Lebewesen, die wir gesehen h a ben, bewegen sich hoch oben in den Ästen. Dennoch erkennt man Schönheit in dieser ungezä h mten, üppigen Wildnis, wenn man ein Auge daf ü r hat. Die Sonnenstrahlen, die den Baldachin der Bäume durchdr i ngen, beleuchten m it ihrem sanften Licht die federartigen Moose, die in dichten Büscheln von den Kletterpfla n zen herabhängen. In einem Mo me nt verwünsche ich sie, weil wir uns durch ihr zähes Netz kämpfen m ü ssen, doch im nächsten wirken sie auf m i ch wie dunkelgrüne Spitze. Gestern verweilte ich trotz meiner Müdigkeit und Jatha n s Ungeduld an einer Stelle, um die Schönheit einer b l ühenden Kletterpflanze zu bewundern. Als ich sie unters u chte, stellte ich fest, dass jede trompetenförmige Blü t e eine kleine Menge Regenwasser enthielt. Es sc h m eckte süßlich nach dem Nektar der Blu m e. Sa m öge m ir vergebe n , aber meine Kinder und ich stillten erst unseren Durst aus vielen dieser Blüten, bevor ich den anderen von me iner Entdeckung berichtete. Wir fanden auch schmackhafte Pilze, die w i e Ges i m s e an den Baumstämmen wachsen, und eine Kletterpflanze, die rote genießbare Bee r en hervorbringt. Aber all dies kann schwerlich genügen.
Dass wir uns heute Abend im Trockenen schlafen legen werden, ist ebenfalls mein Verdienst. Ich fürchtete eine weitere Nacht, die ich auf feuchtem Boden verbringen m u sste, und nach der ich nass und m it juckendem Ausschlag am ganzen Körper aufwachen würde. Oder die ich auf unseren Habseligkeiten zusammengekauert zubringen sollte, während diese langsam im Schlamm versan k e n. Als an diesem Abend die Schatten länger wurden, bemerkte ich Vogelnester, die wie schw i ngende Taschen von einigen Ästen herabhingen. Ich weiß sehr gut, wie geschickt Petrus auf Möbel und sogar an Vor h ängen emporklettern kann. Ich suchte einen Ba u m, der einige kräftige Äste auf gleicher Höhe aufwies, und f o rderte me inen Sohn a u f, auszuprobieren, ob er sie erreich e n könne. Er hielt sich an den Kletterpflanzen fest, die v o n dem Baum herunterhingen, während er sich mit den Füßen von der rauen Rinde abstieß. Schon bald saß er h o ch über uns auf einem sehr dicken Ast, ließ die Füße b a umeln und l achte über uns, die wir zu ihm hinaufstarrten.
Ich bat Jathan, seinem Sohn zu folgen, und die Damastvorhänge mitzunehmen, die ich bisher getragen hatte. Andere erkan n ten rasch meinen Plan. Jetzt hängen Schlaflager aller Art wie bu n te Früchte in den dichten Zweigen. Einige Mitstreiter ruhen auf breit e ren Ästen oder gar in Astgabeln, andere in Hängematten. Es ist eine gefährliche Rast, aber wenig s tens bleiben wir trocken.
Alle waren vo l l des Lobes für m ich. »Meine Frau war schon immer sehr klug«, erklärte Jathan, als wolle er m ir mein Verdienst abspenstig m achen. »Ich habe einen eigenen Namen«, erinnerte ich ihn. »Ich war lange Carillion Waljin, bevor ich Lady Carrock wurde! Einige meiner besten Kunstwerke aus die s er Zeit, wie z u m Beispiel ›Schwebende Bassins‹ und ›Schwimmende Laternen‹, erforderten solche Kenntnisse von Balance und Statik! Der Unterschied liegt im Maßstab, nicht in den Prinzipi e n.« Bei meinen Worten rangen ein i ge Frauen in unserer Gruppe nach Luft. Sie hielten m ich für eine Angeberin, aber Lady Duparge r i ef aus: »S i e hat Recht! Ich habe Lady Carrocks Arbeiten schon imm e r bewundert!«
Einer dieser
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