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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
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ist in Powell Springs, wusstest du das?«
    »Ja, ich habe davon gehört. Wenn Josh und Wade nicht wären, würde ich ihn mir vorknöpfen und ihm die Seele aus dem Leib prügeln für alles, was er uns angetan hat. Er ist überhaupt nicht so ein harter Bursche, wie er den Leuten gern weismacht.«
    Als sie die Bitterkeit in seiner Stimme hörte, zog sich in ihr alles zusammen, und sie bekam ein kaltes Gefühl im Bauch. »Aber du tust es nicht, oder? Dann würde er sie garantiert finden. Im Augenblick weiß er, glaube ich, nicht, wo sie sind.«
    »Keine Bange. Ich habe gesagt, wenn die Jungen
nicht
wären. Jemand muss sie ordentlich erziehen, und dafür ist er nicht der Richtige.«
    Ihr Rücken entspannte sich, und sie atmete hörbar aus. »Mir wäre es am liebsten, er würde einfach wieder verschwinden. Es ist nicht so sehr wegen mir, sondern wegen der Kinder …«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so bald weiterzieht. Er hebt jetzt für den Bestatter Gräber aus und prahlt herum, wie viel Geld er damit verdient.«
    Em schauderte. »Mein Gott, das sieht ihm ähnlich, dieser miesen Kröte. Hier ist er auch aufgetaucht, aber …«
    Tanner erstarrte. »
Hier
? Er hat dich aufgespürt?«
    »Ja, aber dann hat er Bekanntschaft mit meiner Flinte gemacht und die Flucht ergriffen. Du hast recht – wenn es hart auf hart kommt, ist er nur ein elender Feigling. Ich habe einen Ast über seinem Kopf abgeschossen, da hat er die Beine in die Hand genommen.«
    Er begann zu lachen. »Das hätte ich zu gern gesehen.«
    Sie schilderte ihm den Rest von Lamberts Besuch einschließlich der Drohungen, die er aus sicherer Entfernung hinter der Brombeerhecke ausgestoßen hatte. Tanner amüsierte sich köstlich. »Könnte schon sein, dass er wiederkommt, andererseits hatte Lambert noch nie etwas mit dem Gesetz am Hut, zumindest nicht freiwillig. Und ich habe ihm erzählt, dass Whit Gannon ein Bekannter von mir ist.« Sie verschwieg ihm, dass sie noch stundenlang, nachdem Lambert fort gewesen war, im Dunkeln gezittert und um Fassung und Mut gerungen hatte.
    »Nimm dich trotzdem in Acht vor ihm. Er ist unberechenbar.« Tanners Miene wurde etwas ernster. »Du hast ganz schön Mumm, Emmaline.«
    Sie winkte ab. »Ach was, ich tue einfach das Nötige, um über die Runden zu kommen. Aber das ist sicher nicht das Leben, das ich mir vor zwanzig Jahren erträumt habe.« Wieder blickte sie auf die Tischplatte, weil sie das Mitleid in Tanners Gesicht nicht ertragen konnte. Wenn sie es an sich heranließ, würde esden dünnen Schutzwall, den sie um ihre Seele errichtet hatte, niederreißen.
    Schweigen senkte sich über sie und über die Hütte. Draußen stieß ein Buschhäher, wahrscheinlich der letzte in diesem Jahr, im schwindenden Abendlicht ein schrilles Kreischen aus.
    Em räusperte sich. »Hör mal, Tanner, ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir dafür bin, was du die ganze Zeit für meine Jungen getan hast. Ich … na ja, ich erwarte so spät am Nachmittag keine Kunden mehr, also wenn du möchtest …« Sie brach ab und nickte mit dem Kopf zum Bett, das mit billigem Rosenwasser parfümiert war. Es war das erste Mal, dass sie ihm dieses Angebot machte.
    Als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen, fuhr er aus dem Stuhl hoch. Sein Gesicht überzog sich mit Farbe. »Ach du lieber Gott, nein, Ma’am! Ich meine, nicht dass ich es nicht zu schätzen wüsste – Em, das könnte ich nicht mit dir machen …« Er stotterte und stammelte, bis sie ihm die Hand auf den Arm legte.
    »Schon gut. Ich möchte dir nur danken.« Sie seufzte leicht auf. »Mehr habe ich nicht anzubieten.«
    Kurz legte er seine Hand auf ihre, dann zog er sie weg. »So viel habe ich nicht verdient.«
    Sie musterte ihn einen Augenblick. »Du hast noch viel mehr verdient.«

    Jessica und Cole schwiegen während der kurzen Fahrt zur Praxis. Die Stille wurde nur durch den tuckernden Motor des Fords und das vorwurfsvolle Quietschen der Scharniere durchbrochen. Der einzelne Scheibenwischer glitt von Zeit zu Zeit über die Windschutzscheibe, wenn Regenspritzer die Scheibe sprenkelten. Am westlichen Horizont trotzte das leuchtende Band des letzten Sonnenlichts dem bleiernen, grauen Himmel, bevor es ganz dunkel wurde.
    Cole plagten Schuldgefühle, und irgendwie empfand er auch Scham. Abgesehen von seinem gescheiterten Versuch, Soldat zu werden, war Cole dieses Gefühl bisher fremd gewesen. Shaw Braddock duldete bei seinen Söhnen kein Benehmen, das ihm oder dem

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