Heimkehr am Morgen (German Edition)
ihnen gut?«
Emmaline saß Tanner Grenfell an ihrem wackeligen Küchentisch gegenüber. Er besuchte sie alle paar Monate in der Butler Road, um ihr von Wade und Joshua zu berichten. Sie war sich nicht sicher, ob es ein Segen oder ein Fluch war, denn wenn sie ihm zuhörte, wurde ihre Sehnsucht nur noch größer. Trotzdem brachte sie es nicht übers Herz, Tanner zu bitten, nicht mehr zu kommen.
Das grüne Holz im Ofen sorgte für ein qualmendes Feuer. Der Geruch drang in jede Ritze, aber wenigstens linderte es die Kälte. Obwohl sie hier oben relativ isoliert war, wusste sie von der Epidemie. Sie ließ keinen Kunden über ihre Schwelle, der hustete oder irgendwie krank aussah. Aber sie konnte es sich auch nicht leisten, ganz mit dem Arbeiten aufzuhören. Die Geschäfte gingen ohnehin schlecht, was man schon daran erkannte, dass sie heute ein verschossenes gemustertes Hauskleid anstatt ihres verschossenen Morgenmantels trug.
»Die fühlen sich pudelwohl, Em, sie schießen in die Höhe wie Unkraut. Die Schule ist geschlossen, deshalb können sie sich dort nicht anstecken.«
»Sind sie gut in der Schule?«
»Ja. Ich weiß, dass dir ihr Bücherwissen wichtig ist. Ich kann ihnen selbst nicht viel helfen, aber Miss Susannah sorgt dafür, dass sie fleißig lernen. Seit sie im Krankenhaus hilft, lässt sie mich und die Kinder allerdings nicht mehr in ihre Küche. Wir behelfen uns damit, dass ich im Blockhaus der Farmarbeiter koche.« Er grinste. »Obwohl ich am Herd nicht viel tauge, denke ich. Josh sagt, er kann keinen Schinkenspeck mit Kartoffeln mehr sehen, aber wir verhungern zumindest nicht. Sie will einfach kein Risiko eingehen.«
»Und sie hat immer noch keine Ahnung von … mir?«
»Meines Wissens nicht. Die Jungs ganz bestimmt nicht.«
»Fragen sie manchmal nach mir?«
Er wandte den Blick ab, offensichtlich verlegen. »Nicht mehr so viel.«
Sie stützte ihr Kinn auf die Hand und spielte mit dem Päckchen Lucky Strikes auf dem Tisch. »Nach drei Jahren denken sie wohl, dass ich sie abgeschrieben habe, genauso wie ihr nichtsnutziger Vater.«
»Nein, so ist es nicht. Ich habe ihnen gesagt, dass ich ihr Onkel bin und du dich in einem Tuberkulosesanatorium in Colorado erholst, wie du es mir aufgetragen hast.« Er zuckte die Schultern. »Das lässt eine Hintertür offen, falls du sie irgendwann einmal wieder zu dir nehmen möchtest.«
Emmaline setzte sich gerade. »Du weißt verdammt gut, dass ich sie gern zu mir nehmen würde! Ich kann bloß nicht – Tanner, das weiß keiner besser als du. Du hast mich doch damals in Parkridge auf der Straße aufgelesen, als ich mitten in der Nacht einen Arzt gesucht habe, weil Lambert mir das Jochbein gebrochen hatte. So sehr ich ihn auch hasste, als er weg war, wusste ich nicht, was ich tun sollte.«
Er hob beschwichtigend die Hand. »Schon gut, schon gut, reg dich nicht auf. Entschuldige meine Formulierung. Ich weiß doch,dass du sie lieb hast.« Er beugte sich vor, legte die Ellbogen auf die Knie und sah ihr ins Gesicht. »Aber es hätte auch andere Wege gegeben. Ich hätte dich zu mir genommen und für dich und die Jungen gesorgt.«
Ja, sie hätte sein Angebot annehmen können. Er war jung – ungefähr zehn Jahre jünger als sie – und hatte ein gütiges, bescheidenes und zurückhaltendes Wesen. Ein guter Mann. Er sah auch nicht schlecht aus. Sein sandfarbenes Haar und die rauchgrauen Augen erinnerten sie an ein geduldiges Zugpferd. Aber das hatte für sie nicht gezählt. Nichts hätte an ihrer Entscheidung etwas geändert.
»Ach Tanner, das haben wir doch bereits besprochen. Du hast mehr als genug getan, indem du dich der Kinder angenommen hast. Ich weiß nicht, was ohne deine Hilfe aus Joshua und Wade geworden wäre. Aber Lambert hat dir mit seinem Vieh-Schwindel ein schönes Sümmchen Geld aus der Tasche gezogen. Da fand ich es nicht fair, dir auch noch seine Frau aufzubürden.« Abwesend studierte sie einen der nackten Deckenbalken. »Wie dem auch sei, nach ihm wollte ich niemandem mehr Rechenschaft ablegen müssen.«
Er straffte seinen langen Körper und schlang einen Arm um die Rückenlehne seines Stuhls. »Ich muss dir nicht sagen, dass ich mir wünschte, ich wäre diesem Schuft niemals begegnet. Er hat mich um meine gesamten Ersparnisse gebracht, und ich war so jung und dumm, mir alles abschwatzen zu lassen. Aber immerhin hatte es auch etwas Gutes – ich war da, als ich gebraucht wurde.«
Sie senkte den Blick und sah in seine sanften Augen. »Er
Weitere Kostenlose Bücher