Heimkehr der Vorfahren
Vorbild!«
Plötzlich wußte Maro die Ursache der Unsicherheit. Es ließ sich weder in Zahlen noch in Worten belegen, aber man spürte es immer und überall: Romain fehlte.
»Wenn ich nur wüßte, weshalb er ging«, klagte Vena. »Nasarow schweigt. Leitungsbeschluß! Ohne Abschied stahl er sich davon – das ist gegen mich gerichtet!«
Maro ging nachdenklich heim. Vena hat recht, dachte er. Romains Verschwinden gleicht einer Flucht. Darf man das auf sich beruhen lassen und tatenlos abwarten, was daraus wird? War das Programm nicht gefährdet, wenn sein eifrigster Fürsprecher floh? Verstanden und beurteilten sie die Heimkehrer richtig?
Er kleidete sich um, verließ die Wohnung und ging zu Nasarow. »Was hocken Sie hier allein?« fragte er, als er ins Zimmer trat.
Nasarow, der am Tisch saß und etwas schrieb, blickte überrascht auf. »Romeda ist im Gebirge, bei Stafford«, erwiderte er.
»Deshalb verkriecht man sich doch nicht wie der Dachs in seinem Bau. Haben Sie kein Bedürfnis, unter gleichgesinnten Menschen zu sein? Wir leben im vierundzwanzigsten Jahrhundert, Genosse Nasarow, da ist die Wohnung kein Zufluchtsort.« Nasarow musterte ihn erstaunt.
»Da gibt es keine Geheimbünde und keine Geheimbeschlüsse!« sagte Maro herausfordernd. »Was wollen Sie eigentlich?« fragte Nasarow. »Ihnen helfen, Ihnen und den anderen«, erwiderte Maro ruhig. »Haben Sie schon Abendbrot gegessen?« Nasarow verneinte.
»Das trifft sich gut, ich auch nicht. Gehen wir essen!« Maro trat ans Telefon, bestellte einen Wagen und schob Nasarow kurzerhand aus der Tür.
Sie fuhren in die Stadt. Nasarow, der sich überrumpelt fühlen mochte, lehnte schweigend in den Polstern.
Maro lächelte verstohlen. Er würde ihn schon zum Reden bringen.
Im zentralen Klub der Stadt fanden sie einen Tisch, von dem aus sie den ganzen Raum und auch die Tanzfläche überblikken, sich aber auch ungestört unterhalten konnten.
Maro war zufrieden. Die aufgeschlossene Atmosphäre würde das Ihre tun, Nasarow aus der Reserve zu locken.
Vorerst kam es zu keinem Gespräch. Kaum hatte Nasarow Platz genommen, schon stand ein blondes Mädchen am Tisch, warf ihm einen kecken Blick zu und fragte, ob es ihm angenehm wäre, mit ihr zu tanzen.
Maro amüsierte sich über Nasarows Miene. Eben noch kühl und abweisend, hellte sie sich beim Anblick des Mädchens sichtlich auf.
Das Mädchen wirbelte Nasarow durch den Saal. Da er den Tanz nicht beherrschte, mußte er sich führen lassen, aber sie machte es so geschickt, daß Maro sicher war, der einzige zu sein, der es bemerkte.
Das Mädchen wollte Nasarow zurückbegleiten, aber er protestierte und geleitete sie an ihren Platz.
Maro beriet mit Nasarow die Speisenauswahl. Ein Betreuer brachte die gewünschten Gerichte und legte dem Helden des Kosmos vor, geschickt und umsichtig.
»Er versteht sein Fach«, sagte Nasarow beim Essen. »Welche Möglichkeiten hat so ein Kellner eigentlich?«
Maro verschluckte sich. »Betreuer ist kein Beruf«, sagte er. »Es ist eine Tätigkeit innerhalb des gesellschaftlichen Arbeitsanteils. Dieser Genosse beispielsweise ist Mediziner des ersten Grades, außerdem hat er Malerei studiert.«
»Kennen Sie ihn?« fragte Nasarow ungläubig.
»Wer kennt ihn nicht? Er ist unser bekanntester – Magenarzt!« Maro kostete Nasarows Verblüffung aus. »Wenn Sie ihn in dieser Eigenschaft kennenlernen wollen, dann brauchen Sie nur eine Folge miteinander unverträglicher Speisen zu bestellen – er kommt prompt!«
Nasarow schwieg eine Weile. »Und was machen Sie neben Ihrem Beruf, als Arbeitsanteil?«
»Momentan bin ich Ihretwegen befreit. Sonst aber überwache ich monatlich vier Stunden ein automatisches Band, das elektronische Bausteine herstellt. Mikrobausteine, aus denen Fernsehgeräte, Elektrokopierer, Biosteuergeräte und viele andere Apparate zusammengesetzt werden. Manchmal bin ich auch im Rechtsausschuß tätig.«
»Eine Vorstufe der Gerichte, nicht wahr? Zivilrechtsstreitigkeiten, üble Nachrede und dergleichen?« fragte Nasarow, mehr feststellend.
»Nein, Vergehen gegen die Verhaltensnorm: grobe Vernachlässigung der gesellschaftlichen Pflichten, Vergehen an Leib und Leben.«
»Gibt es für Mord noch Todesstrafe?«
»Wer einen Menschen tötet, der ist krankhaft enthemmt und muß isoliert und ärztlich behandelt werden. Aber das geschieht so selten, daß die Verhandlung von sämtlichen Sendern der Erde übertragen wird. Viel wichtiger sind die Pflichtverstöße, die sich aus den mannigfaltigen
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