Heimkehr in den Palast der Liebe
Gesicht.
"Kannst wohl nicht schlafen, Kleines?"
Die Zärtlichkeit in seiner Stimme und in seinem Blick war gefährlich. Sie lief Gefahr, ihren Schutzwall zu verlieren. Aber sie hatte heute zu viel durchgemacht, um noch Kraft zum Widerstand zu haben. Sie konnte nur ängstlich lächeln.
"Mein Bett ist zu weich", gestand sie und trat zu ihm, so dass sie seinen Arm berührte.
"Es war ein sehr aufregender Tag." Seine dunklen Augen schienen direkt in ihre Seele zu blicken. Wie gefährlich, so durchschaut zu werden, dachte der Teil von ihr, der immer noch Hani war. Aber sie konnte sich nicht losreißen von diesem liebevoll eindringlichen Blick.
"Ich wünschte, du wärst mein Bruder", sagte sie, denn sie war, bei all ihrer Erfindungsgabe, was Flüche und Beleidigungen betraf, sehr unsicher, wenn es darum ging, zärtliche Gefühle auszudrücken. "Er war da, und dann haben sie mich weggebracht, und ich habe ihn nie wieder gesehen."
"Wir werden bald auch nach deinem Bruder suchen", erwiderte Sharif.
Sie lächelte, obwohl ihre Augen brannten. So viele Jahre hatte sie kein einziges Mal geweint, und jetzt, da es doch keinen Grund mehr dazu gab, konnte sie plötzlich die Tränen nicht mehr zurückhalten.
"Das Einzige, das gleich geblieben ist, ist der Mond!" rief sie unvermittelt. "Wie kann das alles hier wirklich sein, wenn es doch so anders ist – so, wie ich es immer geträumt habe. Ich habe davon geträumt, weißt du? Davon, dass man mich Prinzessin nennen und mich lieben würde. Ich … ich habe Angst …"
Vor lauter Schluchzen konnte sie nicht mehr weitersprechen. "Ich habe Angst", sagte sie noch einmal – sie, die gelernt hatte, niemals einzugestehen, dass sie Angst hatte.
Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Dann legte er den Arm um sie und führte sie durch die Tür in sein Schlafzimmer. Eine dicke Matte lag auf dem Boden, voller Kissen, und die Decke war halb zurückgeworfen.
"Das ist kein Traum", sagte er ruhig. "Wenn du aufwachst, wird alles noch da sein, der Palast, deine Familie, alles."
Plötzlich entspannte sie sich. Er hatte etwas von dem, was in ihr vorging, verstanden, besser als sie selbst. Und nun, da es von jemandem verstanden worden war, verlor es an Bedeutung.
Shakira gähnte und ließ sich ohne ein weiteres Wort auf die Matte sinken, zog die Füße unter die Decke und ließ es zu, dass Sharif sie zudeckte.
"Das hier ist nicht so weich", stellte sie lächelnd fest. "Das ist besser, nicht wahr?"
Er lächelte nur, und sie gähnte noch einmal.
"Wo wirst du schlafen?" fragte sie schläfrig und drückte das Kissen an sich. "Ich kann nämlich auch auf dem Boden schlafen."
"Ich auch, Kleines. Mach dir keine Sorgen."
"Mein Zimmer ist so groß", sagte Shakira noch, als müsse sie etwas erklären. "Ich war noch nie allein in einem so großen Zimmer. Hier bei dir ist es besser."
"Ich lasse dich nicht allein", versprach er.
Sie streckte die Hand nach ihm aus, und er ging auf die Knie und hielt sie fest, diese zerbrechliche, kleine Hand.
"Jetzt bin ich wirklich müde", sagte sie.
Er schaltete das Licht aus, und fast im selben Moment spürte er, wie ihre Hand in seiner schlaff wurde. Shakira war eingeschlafen.
"Ist das zu glauben?" sagte Noor und lächelte. "Dass du die ganze Zeit in einem Lager in Australien warst und ich in Sydney, und wir wussten nichts voneinander, dabei sind wir doch Cousinen."
Shakira konnte nur stumm lächeln. Prinzessin Jalia drückte sachte ihre Hand. "Es ist wunderbar, immer noch mehr Verwandte zu finden, wo doch dieses Ungeheuer Ghasib versucht hat, uns alle zu töten", sagte sie leise.
Shakira seufzte und genoss ganz vorsichtig das Glücksgefühl, das sich langsam immer weiter in ihr ausbreitete. Die drei Prinzessinnen saßen zusammen beim Springbrunnen im Schatten eines großen Baumes und genossen den Abend nach Shakiras erstem traditionellen Sofreh, einem Abendessen mit der gesamten Familie, das immer freitagabends stattfand.
"Du musst unbedingt Brautjungfer sein bei unserer Hochzeit, Shakira! Ist das nicht ein glücklicher Zufall – normalerweise wäre ich schon verheiratet, aber die Hochzeit musste im letzten Moment abgesagt werden. Die Geschichte wirst du auch noch zu hören bekommen, aber nicht jetzt." Noor lachte und warf Jalia einen verschmitzten Blick zu. Diese schüttelte nur den Kopf. "Jalia und ich planen eine Doppelhochzeit, und jetzt kommt es mir so vor, als wäre das alles vom Schicksal gewollt, damit du eine von unseren Brautjungfern
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