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Heimkehr in den Palast der Liebe

Heimkehr in den Palast der Liebe

Titel: Heimkehr in den Palast der Liebe
Autoren: Alexandra Sellers
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wiederbegegnen.
    Eine Geschichte gab es jedoch, die erzählte Shakira ihm nie. Viele Male war sie kurz davor, aber dann tat sie es doch nicht. Es war ein schreckliches Erlebnis aus der Zeit im Lager. So aufregend oder rührend die Anekdoten auch sein mochten, die Sharif ihr aus der Vergangenheit ihrer Familie erzählte, diese Geschichte war ein Teil ihrer persönlichen Vergangenheit, die sie niemals jemandem anvertrauen könnte.

7. Kapitel
     
    "Allahu akbar … Allahu akbar …"
    Shakira wachte im frühen Morgengrauen beim Gesang des Muezzins auf.
    "Gott ist groß."
    Erschrocken setzte sie sich auf. Wo war sie? Warum war sie allein in diesem riesigen Zelt? Und warum war es hier so sauber? Auch ihr Bett war sauber, mit schneeweißem Leinen und so vielen Polstern und Kissen, dass noch ein Dutzend andere mit ihr darauf hätten schlafen können. Aber wo waren die?
    "Kommt zum Gebet."
    Das war der Gesang, den sie in ihrer Kindheit so oft gehört hatte, aber jetzt klang er nicht mehr vertraut. War sie tot? War sie im Himmel?
    Das war es wohl. Alles so rein und weiß und unglaublich viel Platz nur für sie allein – sie war im Himmel. Wie eigenartig, dass sie sich gar nicht an ihren Tod erinnerte.
    Langsam kehrte die Erinnerung zurück – erst die Erinnerung daran, dass sie ja gar nicht mehr in einem Zelt schlief, dann an Sharif Azad al Daulehs Gesicht, und dann plötzlich erinnerte sie sich wieder an alles.
    Der Palast. Sie war in ihrem Zimmer – in ihren Gemächern. Es war ein richtiges, weiträumiges Apartment. Seit fast drei Wochen lebte sie jetzt zu Hause, bei ihrer Familie.
    "Kommt zum Gebet."
    In den Lagern hatte es keine Muezzins gegeben, aber hier, ganz gleich, wie gut und tief sie geschlafen haben mochte, hier in ihrem Bett oder zwischen den Kissen auf Sharifs Balkon, wurde sie jeden Morgen von der Stimme des Muezzins geweckt.
    Es erinnerte sie an jene Zeit – wie lange war das her –, als sie manchmal ihren Vater beim Gebet beobachtete und wusste, dass alles in Ordnung war, denn ihr Vater redete mit Gott. Es war fast, als könne sie seine Stimme hören.
    "Bismillah arrahman arraheem …"
    Shakira setzte sich auf die Bettkante und spürte voller Wohlbehagen den seidig weichen Flor des Teppichs unter ihren nackten Zehen. Dann stand sie auf und ging ins Badezimmer, putzte sich die Zähne und wusch sich dem Ritus entsprechend Gesicht, Hände und Füße, wobei sie immer noch sehr sparsam mit dem Wasser umging. Wieder im Schlafzimmer, kniete sie auf dem Gebetsteppich nieder, der in einer Ecke des Raumes lag, und begann, leise das Morgengebet aufzusagen, wie sie es vor so langer Zeit von ihrem Vater gehört hatte.
    "Im Namen Gottes, des Allmächtigen, der ist voller Gnade …"
    Später trat sie auf den Balkon hinaus. Die Fontänen waren noch still um diese Tageszeit und das Wasser spiegelglatt. Der herrliche Balkon mit dem goldenen Kuppeldach, wo schon Generationen von Königen ihre Mußestunden verbracht hatten, spiegelte sich makellos darin.
    Drüben auf der anderen Seite lag Sharifs Apartment, und das Licht brannte schon, wie immer um diese Zeit. Die Tafelgefährten des Sultans arbeiteten alle von früh bis spät. Schließlich ging es um den Wiederaufbau des Landes.
    Lächelnd lehnte Shakira sich an die Brüstung und wartete darauf, dass er herauskommen und sie begrüßen würde, wie jeden Morgen.
    Ein Gärtner mit einem Rechen in der Hand ging gähnend vorbei. In den unteren Stockwerken ging ein Licht nach dem anderen an, denn das Personal begann früh mit der Arbeit, um später in den heißesten Stunden des Tages ausruhen zu können.
    Was für ein Unterschied zu dem Leben in Burry Hill, wo niemand etwas Vernünftiges zu tun hatte und ein Gefühl der Sinnlosigkeit jegliche Aktivität im Keim erstickt hatte, ganz im Gegensatz zu hier, wo nicht nur im Palast, sondern im ganzen Land begeisterte Betriebsamkeit herrschte.
    Shakira hatte natürlich die Sultanin gefragt, was sie denn beitragen könne, aber Dana hatte nur geantwortet: "Vorerst hast du genug damit zu tun, dich zu erholen, dich hier einzuleben und dich mit deiner Familie vertraut zu machen."
    Und es stimmte. Außerdem war sie völlig von dem in Anspruch genommen, was Noor als ihr "Prinzessinnen-Restaurationsprojekt" bezeichnete.
    Wenn sie jetzt an einem Spiegel vorbeiging, warf Shakira nur einen ganz kurzen Blick hinein. Ihr gelocktes Haar war nur noch knapp zwei Zentimeter lang, es sah aus wie eine Kappe, die sich an ihren Kopf schmiegte. Selbst als
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