Heimkehr in den Palast der Liebe
seines anzunehmen. Er war älter als ich, viel älter. Damals war mir das nicht bewusst, aber Majdi liebte mich auch. Auf seine Art."
"Ich schickte eine Botschaft zum Palast, an Safa, in der ich ihm meine Situation schilderte. Ich schrieb, ich würde zwei Wochen auf Antwort warten, und ich sagte Majdi, wenn Safa nicht innerhalb dieser Zeit zu mir käme, dann würde ich ihn heiraten."
"Safa kam nicht. Er schickte mir keine Antwort. Nichts. Noch bis zur letzten Sekunde blickte ich hoffnungsvoll die Straße hinab … da wurde mir klar, dass Safa mich nie geliebt hatte und dass ich mich damals richtig entschieden hatte. Ich heiratete Majdi und nannte meinen Sohn Mahlouf. Das war dein Vater. Ich schrieb noch einmal an Safa, einen sehr bitteren Brief, in dem ich ihm erzählte, dass sein Sohn, wenn schon nicht den Namen, so doch die Augen der al Jawadis hatte."
"Da kam er, uns zu besuchen. Er war furchtbar wütend, denn er hatte meinen ersten Brief nie bekommen. Majdi hatte ihn zerrissen und mir gegenüber behauptet, ihn an Safa geschickt zu haben."
"Oh!" Shakiras Augen weiteten sich. "Und dann? Du konntest doch nicht …"
Die alte Dame schüttelte den Kopf. "Es war zu spät. Es gab keinen Weg zurück. Ich war die Frau eines anderen. Es hätte einen zu großen Skandal gegeben, wenn ich mich von Majdi getrennt hätte, um Prinz Safa zu heiraten. Und mit einem Kind … wer hätte geglaubt, dass wir zuvor schon einmal verheiratet gewesen waren? Es war einfach unmöglich."
"Wir waren danach nie wieder zusammen, aber wir liebten uns bis zum Schluss", sagte Suhaila, und plötzlich standen ihr Tränen in den Augen. "An dem Tag, an dem Safa ermordet wurde, starb ein Teil von mir mit ihm."
9. Kapitel
Erster öffentlicher Auftritt der verschollenen Prinzessin
Gestern erschien Prinzessin Shakira zum ersten Mal in der Öffentlichkeit, als sie anlässlich einer spontanen Demonstration auf dem Shah Jawad-Platz mit dem Sultan und anderen Mitgliedern ihrer Familie auf den Balkon des Jawad-Palastes trat.
Die Menge, die auf etwa hunderttausend Menschen geschätzt wurde, hatte sich versammelt, weil sich Gerüchten zufolge die beliebte Sängerin Suhaila im Palast aufhielt. Nach mehreren Stunden wurden sie für das Warten belohnt, denn die Sängerin, die von allen Schichten der bagestanischen Bevölkerung für ihre gefühlvollen Aufnahmen von Anti-Ghasib-Protestsongs während ihres Exils geliebt wird, erschien endlich auf den Balkon.
Die Menschen schrien sich die Kehle heiser, als dann auch noch der Sultan, die Sultanin und andere Mitglieder der Königsfamilie erschienen. Eine knabenhafte Gestalt, von der man annimmt, dass es sich um Prinzessin Shakira handelte, wurde direkt neben dem Königspaar gesehen.
Schließlich wurde ein Mikrofon installiert, und das Publikum bekam endlich, was es wollte: Mit dem Sultan an ihrer Seite gab die große Suhaila nun das Lied "Aina al Warda" zum Besten, die Erkennungsmelodie der bagestanischen Widerstandsbewegung. Die Bagestanis waren schon immer ein sehr emotionales Volk, doch diesmal übertrafen sie sich selbst. Sie jubelten, fielen sich gegenseitig weinend in die Arme und gaben sich erst zufrieden, nachdem die alte Dame das Lied zum dritten Mal gesungen hatte.
Der zentrale Basar von Medinat al Bostan war ein Gewirr von engen Gassen, das sich hinter dem großen Platz, nicht weit von der Shah-Jawad-Moschee befand. Als er durch die dem Mittelpunkt am nächsten gelegene Gasse ging, konnte Sharif Azad al Dauleh von dort aus die im Sonnenlicht glänzende goldene Kuppel und die hohen, kunstvoll verzierten Minarette sehen.
Um ihn herum feilschten Männer und Frauen über Preise und Qualitäten, wie seit Tausenden von Jahren. Wie immer am Donnerstagnachmittag, herrschte auf dem Basar die Geschäftigkeit eines Bienenstocks, denn jedermann ging einkaufen, um vorbereitet zu sein für den Freitag. Seitdem die Moschee als Gebetstätte wiederhergestellt worden war, herrschte freitags in der Hauptstadt immer Festtagsstimmung. Unter Ghasibs Herrschaft war die alte, aus dem zwölften Jahrhundert stammende Moschee in ein Museum umgewandelt worden, und die Gläubigen waren in eine kleine Moschee verwiesen worden, die nicht annähernd so prachtvoll ausgestattet war wie die Shah-Jawad-Moschee.
Doch das war jetzt anders. Touristen wurde zwar immer noch Zutritt zu der heiligen Stätte gewährt, jedoch nicht zur Stunde des Gebets am Freitagnachmittag. Dann war die Moschee zum Bersten gefüllt mit
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