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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hoffentlich einmal gleichen!« ­ »Nun«, sprach er die Hündin selbst an, »bleib nur hier und warte, bis wir den Elch bringen! Dann hast du auch zu fressen und kannst deine Jungen kräftig säugen.«
    Harka nahm das eine der Jungen in die Hand; die Hundemutter beobachtete ihn scharf. »Solch ein Hund«, sagte Harka, »wäre nicht schlecht als Begleiter, wenn ein Mann in der Prärie allein reitet.«
    »So mag sie dieses eine Junge für dich aufziehen, Harka Wolfstöter! Das andere gewöhne ich an mich.«
    Die beiden jungen Männer gingen zu den Pferden. Stark wie ein Hirsch bat den Blutsbruder, sich für die Jagd einen guten Mustang aus dem Besitze des Häuptlings auszuwählen. Das tat Harka gern, und die beiden begannen den Ritt.
    Viele Dorfbewohner waren aus den Zelten gekommen und schauten den Ausziehenden nach. Der Elch, stark, schnell und für den Menschen gefährlich, wurde meist im Winter gejagt, wenn er im Schnee einbrach, die Jäger aber die Schneeschuhe benutzen konnten, oder die Jäger überlisteten das Tier zur Brunstzeit, indem sie das Röhren nachahmten. Solche Vorteile konnten Harka und Stark wie ein Hirsch jetzt nicht wahrnehmen, und ihr Vorhaben erschien allen Zeltbewohnern sehr kühn und in seinem Erfolg ungewiß.
    Die beiden jungen Männer ritten schnell.
    Gegen Mittag fanden sie die Fahrte, von der Stark wie ein Hirsch gesprochen hatte. Der Elch war in schnellem Tempo in die Bergwälder hinaufgelaufen, und die beiden Jäger trieben ihre Pferde an. Sie gelangten zu einem Wildbach, dessen Wasser die Erde weggetragen und sich bis auf den Fels gefressen hatten. Von Stufe zu Stufe plätscherten die undurchdringlichen Wellen herab. Die Reiter erreichten jenen Platz, wo sie als Knaben gerastet und gebadet, wo damals ein Elch sie überrascht und sie des Nachts mit Luchsen gekämpft hatten. Es war nicht notwendig, eine Rast einzulegen, aber es war verlockend. Die beiden stiegen ab, behielten ihre Mustangs dicht am Bach und ließen sich das Wasser, das über glatt gescheuerte Felsen in schillerndem Schleier herabfiel, über Nacken und Rücken laufen. In Erinnerung an ihre Knabenerlebnisse bei diesem Wasserfall mußten beide lautlos lachen. Stark wie ein Hirsch ging ein paar Schritte am Bach entlang und fing zwei unter einem Uferüberhang stehende Forellen mit der Hand. Er machte ein wenig Feuer und briet die Fische, und die beiden aßen, nicht aus Hunger, aber aus Freude, den Augenblick ganz zu genießen.
    Sie hatten einander noch nichts erzählt, was der eine oder der andere in den Jahren ihrer Trennung erlebt hatte. Erst jetzt fing Harka an, von solchen Erlebnissen zu sprechen, aber auch jetzt noch bei weitem nicht von dem, was ihn am tiefsten und schwersten beschäftigte. »Ich habe einen Mustang gesehen«, erzählte er, »einen solchen Mustang sah ich bis dahin noch nie.«
    Stark wie ein Hirsch hob überrascht den Kopf. »Du meinst das Geisterpferd?«
    »Kennt ihr es?«
    »Ja.« Stark wie ein Hirsch beobachtete seinen Gefährten und sah ihm wohl an, wie er von dem Gedanken an dieses Pferd besessen war.
    »Wenn ihr es kennt, so läuft es sehr weite Strecken, denn ich habe es viele Tagesritte weiter im Süden gesehen«, bemerkte Harka.
    »Das mag sein. Es ist selten zu erblicken und kommt und verschwindet immer überraschend.«
    »Seit wann habt ihr es beobachtet?«
    »Seit dem vergangenen Sommer.«
    »Immer allein?«
    »Immer allein.«
    »Das ist merkwürdig.«
    »Ja, merkwürdig.«
    Die Forellen waren aufgegessen. Die beiden Jäger machten sich auf, um der Elchfährte weiter zu folgen. Sie gelangten im Walde aufwärts bis zu dem Winterlagerplatz der Siksikaugruppe, die von Brennendes Wasser geführt wurde. Hier machten sie aber nicht halt, sondern ritten weiter, immer auf der Fährte des Elches. Gegen Abend gelangten sie zu einem Hochmoor. Den Spuren nach zu urteilen, hatten sie den Elch nahezu eingeholt. Er mußte sich in der Nähe aufhalten. Sie machten die Pferde fest und schlichen im Abendsonnenschein zu Fuß auf der Fährte weiter. Der Elch hatte die Ausläufer des Moores gekreuzt; tief hatten sich die Hufzehen des schweren Tieres in den weichen Boden eingedrückt. Die Fährte lief im Bogen über das Moor in den Wald zurück. Das Tier hatte sich Zeit gelassen, um da und dort zu äsen.
    Die Jäger hielten an und lauschten. Sie hörten, wie in einiger Entfernung an Blättern und Zweigen gerissen wurde. Das konnte das gesuchte Wild sein.
    Lautlos schlichen die beiden Indianer weiter durch den Wald,

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