Heimkehr zu den Dakota
uns zwar nicht als Feinde, wollten uns aber auch nicht allzusehr in ihre Nähe kommen lassen. Sie wichen uns aus, und das benutzten wir, um sie in Richtung des Korrals zu drängen. Du weißt, wie wir einen Korral anlegen? Er hat einen weiten Eingang, wie einen geöffneten Rachen. Dieser verengt sich; durch den engen Durchgang hindurch strömen die Pferde in das weite Rund, das von dem hohen Zaun umringt ist. Sobald sich die Mustangs darin befinden, wird der Eingang an der engen Stelle verschlossen und stark verrammelt. Es gelang uns also, die Herde zu dem Korral hin zu lenken. Immer genauer beobachteten wir jedes einzelne Tier, und jeder von uns suchte sich in Gedanken die Pferde aus, die er für sich gewinnen wollte. Am Lagerfeuer des Abends sprachen wir darüber. Dabei sprachen wir auch von dem Leithengst der Herde, und wir zweifelten, ob dieser sich je würde zähmen lassen. Es war ein herrliches, ein unvergleichliches Tier, ein Falbe mit dunkler Mähne und dunklem Schweif. Kein anderer Hengst kam ihm gleich an Kraft, an Mut, an Umsicht. Ich gestehe dir, daß ich jede Nacht von diesem Tier träumte. Endlich war es eines Abends soweit. Wir hatten die Herde in die Nähe des Korrals gebracht und konnten die Jagd beginnen. Im Halbkreis hetzten unsere Krieger mit lautem Geschrei, und die Herde stob davon, in Richtung des Korrals, voran der Leithengst, der Falbe. Die Tiere stürmten in den Eingang des Korrals. Ich selbst gehörte zu denjenigen, die den Korral hinter der Herde schließen sollten. Ich war schon zuvor außen um den Zaun herumgeritten, hatte mein eigenes Tier festgemacht, war an der engen Stelle auf den Zaun geklettert, um sofort herunterzuspringen und die Stämme vorschieben zu können. Das muß in einem solchen Augenblick schnell geschehen. Von meinem Platze aus konnte ich beobachten, wie die Herde in den Korral hereinstürmte.« Stark wie ein Hirsch machte eine kleine Pause. »Du hättest sehen sollen, Harka«, fuhr er fort, »was jetzt geschah. An der Stelle, an der der Zaun sich verengte, begriff der Falbe an der Spitze, daß er hier in eine Falle ging. Er bäumte sich auf und wollte den Lauf seiner Herde aufhalten. Er schlug und biß gegen die anderen Hengste. Aber diese wollten im wilden Galopp, in der Furcht vor unserem Geschrei, dem Leithengst nicht mehr gehorchen. Es gab einen Kampf der Pferde, wie ich ihn noch nie in meinem Leben gesehen habe. Aber die ganze Herde drängte nach, und dem konnte auch der Falbe nicht widerstehen. Er wurde von seiner eigenen Herde in das Rund des Korrals hineingedrängt. Drei Hengste hatte er vorher totgebissen. Ich sprang herab und schloß mit anderen Burschen zusammen den Korral. Wir verrammelten das Tor mit besonderer Sorgfalt. Dann freuten wir uns unseres Erfolges. Es war Nacht geworden. Wir steckten rings um den Korral unsere Lagerfeuer an, schwatzten und lachten.«
»Ihr hattet Wachen ausgestellt?« fragte Harka dazwischen.
»Wir hatten Wachen ausgestellt. Was denkst du von uns! Aber auch viele, die keinen Wachdienst hatten, dachten nicht so rasch ans Schlafen. Immer wieder kletterten wir Burschen von außen den Korralzaun hinauf, spähten hinunter zu den Mustangs und suchten mit den Augen diejenigen aus, die wir uns später mit dem Lasso herausfangen wollten.«
»Was war aus dem Falben geworden?«
»Er hatte aus dem Kampf nur geringe Verletzungen davongetragen. Ich erkannte ihn. Er stand inmitten des Korralrundes, fast ohne sich zu rühren, während die anderen Mustangs verängstigt und verzweifelt dahin und dorthin drängten. Er hatte den Kopf gehoben. Er spähte und witterte. Nur den Kopf bewegte er noch und die Augen, mit einem seltsamen Ausdruck, so wild, wie ich ihn bei einem Pferde noch nie gesehen habe. Ich erkannte das im Mondschein. Die ganze Nacht blieb ich wach und beobachtete dieses Pferd. Aber es ging nicht von der Stelle. Am nächsten Tage unternahmen wir noch nichts gegen die Herde. Die Tiere wurden etwas ruhiger. Am zweiten Tage wollten wir diejenigen Mustangs, die wir brauchten, herausfangen und für die übrigen den Korral wieder öffnen. Tagsüber gehörte ich zu den Wachen. In der Nacht darauf schlief ich ab Mitternacht ein, so fest, wie man nach einer durchwachten Nacht zu schlafen pflegt. Als wir mit Sonnenaufgang wach wurden, trafen wir sogleich unsere Vorbereitungen, um die Pferde, die wir gewählt hatten, herauszufangen. Ich besah mir die Herde wieder.«
»Du wolltest den Falben fangen?«
»Ja. Aber der Falbe war
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