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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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mit Hörnern und Donner vom Berge, überhaupt die Krieger, standen nicht in vorderer Reihe der Zuschauer und Zuhörer, sondern hielten sich zurück. Über die Mütter und Großmütter hinweg schauten sie auf den Kreis der jungen Mädchen. Stein mit Hörnern hatte seine Schwester erkannt. Sie war als letzte von allen gegangen und stand nun, als der Kreis der Jungfrauen sich geschlossen hatte, neben der Nichte Machpiyalutas und Sitopanaki. Unter den männlichen Zuschauern hatte sich Schonka eingefunden. Mattotaupa war nirgends zu sehen, auch von den Oberhäuptlingen der drei Stämme waren erst wenige anwesend. Vielleicht fand noch eine Beratung statt.
    Machpiyalutas Schwestertochter sprach deutlich und einfach. Sie nannte den Namen ihres Vaters und den ihren. Sie berichtete, wie sie im Zelte der Eltern arbeitete, wie sie Felle gerbte, Kleider nähte und stickte und wie sie das Zelt im Winter, als der Vater des Nachts einmal nicht anwesend war, gegen einen hungrigen Silberlöwen mit dem Messer verteidigt hatte. Sie zeigte ihren Arm mit den Narben des Prankenschlages. Ihr Bericht gefiel allgemein. Zwei junge Krieger und zwei ältere Frauen traten vor, um das Mädchen zu loben, das stolz und fleißig sei, wie es sich für eine Häuptlingstochter gezieme.
    Dann sprach Sitopanaki. Sie sprach sehr kurz, wie es ihre Art war, auch deutlich, so daß alle sie verstehen konnten, und auch sie begleitete ihre Worte mit Gesten, die für jedermann, auch für Dakota und Assiniboine, verständlich waren. Als besondere Tat hatte sie folgendes zu berichten: Vor zwei Wintern war ihr kleiner Bruder weit in den schon tauenden Schnee gelaufen und hatte sich an gefährliche Stellen gewagt. Oben am Berg war Schnee losgebrochen, und der kleine Junge war verschüttet worden. Niemand hatte gewußt, wo er geblieben sein könnte, aber Sitopanaki hatte mit der großen schwarzen Hündin zusammen so lange gesucht, bis sie, selbst von weiteren Schneeabbrüchen bedroht, den kleinen Bruder ausgraben konnte. Der Geheimnismann hatte ihn wieder zum. Leben erweckt. Brennendes Wasser bestätigte den Bericht seiner Tochter. Dann trat Nachtwandler, der Sohn von Kluge Schlange, vor. Laut lobte er Sitopanaki, die mutig und arbeitsam sei, deren Füße leise gingen und deren Hände sich schnell bewegten. Von ihr könne kein junger Krieger sagen, daß sie ihm je einen Blick zuviel gönne, und derjenige, der sie einst in sein Zelt heimführe, werde von allen gelobt werden, da er gut gewählt habe. Die junge Frau Spottdrossel sprang vor und bestätigte diese Meinung aus vollem Herzen. Damit war der Bericht über Sitopanaki beendet. Stein mit Hörnern hatte sich nicht gerührt und Donner vom Berge sah seiner Mutter an, daß sie darüber gekränkt war. Welcher Ruhm wäre es für ihre Tochter gewesen, wenn auch Stein mit Hörnern, der Sieger aller Wettbewerbe, sie gelobt haben würde.
    Die Mädchen setzten ihre Berichte in der Reihe fort.
    Stunden vergingen darüber. Es wurde Mittag und Nachmittag. Aber nicht nur die Mädchen harrten im Kreise aus, auch von den Zuhörern ging niemand weg, und die Kinder blieben so ruhig, wie sie das in ihrem ersten Lebensjahr, in der Trage festgebunden, schon gelernt hatten. Es fanden sich über Mittag noch einige Zuhörer mehr ein, so die Oberhäuptlinge der Siksikau und auch Mattotaupa. Er stellte sich abseits, entfernt von seinem Sohn und Donner vom Berge.
    Uinonah hatte als letzte zu sprechen. Da Schonka in der Nähe geblieben war, witterte Stein mit Hörnern Unheil und bat Donner vom Berge mit einem Blick, mit ihm zusammen etwas näher an den Kreis der Mädchen heranzutreten.
    Uinonah trug ein besonders kostbares Kleid, das kostbarste im ganzen Kreis, obgleich es nicht mit einem einzigen Faden bestickt war. Aber es bestand aus dem Fell eines weißen Büffels, wie er äußerst selten zu finden war. Mattotaupa hatte diesen Büffel als junger Krieger mit dem Speer erlegt und das Fell seiner Mutter, Harkas Großmutter, geschenkt, die es als Kleid verarbeitet nur zu festlichen Anlässen trug. Als Mattotaupa eine Frau in sein Zelt führte, hatte Untschida dieser das kostbare Festkleid übertragen. Die Kugel eines Pani hatte Mattotaupas Frau getötet, und Untschida hatte das Kleid für die Enkelin aufbewahrt. Jetzt, an diesem Tage, bei dem großen Fest, hatte Uinonah das Kleid aus weißem Büffelfell zum erstenmal angelegt. Stein mit Hörnern glaubte seine tote Mutter wiederzusehen, als er die Schwester in dem Kleide sah.
    Uinonahs

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