Heimlich Fee 1: Wie eine Freundin in mein Leben purzelte (German Edition)
mein neunter Geburtstag sein? Der Tag, auf den ich so lange gewartet hatte?
Ich holte mein Handy aus der Tasche, um Emma anzurufen, doch dann zögerte ich. In Neuseeland war es schon Nacht. Aber die beste Freundin darf man doch wohl aus dem Schlaf reißen, wenn man todunglücklich ist, oder?
Und während ich noch grübelte, hörte ich plötzlich ein Flüstern: „Du darfst nicht hinein!“
Ich ließ beinahe das Handy fallen. Wie ein Wirbelwind drehte ich mich im Kreis. Aber ich war allein. Allein mit dem großen Spiegel. Den habe ich vergessen zu erwähnen. Mitten im Gang hängt ein Spiegel, etwa zwei Meter lang, einen Meter breit. Den habe ich extra vergessen, ich mag ihn nämlich nicht besonders. Das ist so ein altes Ding. Der silberne Holzrahmen besteht aus geschnitzten Tieren und Pflanzen. Links und rechts windet sich je eine Schlange um einen dünnen Baum. Und ganz oben hockt ein Uhu. Man hat immer das Gefühl, die Viecher starren einen an.
In diesem Augenblick blitzten die Schlangenaugen auf. Alle vier. Das hätte ich schwören können! Doch als ich genauer hinsah, waren die Schlangen wieder so leblos wie zuvor.
Und ich sah mich. Ein cooles Mädchen mit halblangen braunen Haaren und zehntausend Sommersprossen. Mit einer sagenhaften Jeans, aber ohne Freundin.
Ich rannte weg. In meinem Zimmer angekommen, warf ich wie geplant die Tür zu. Weil ich nicht wusste, was ich machen sollte, putzte ich mir mit der Erfindung meines Papas die Zähne. Aber irgendetwas stimmte mit dem langen Kabel nicht. Schon nach drei Sekunden flogen im ganzen Haus die Sicherungen raus.
Als ich die Zahnbürste auf den Tisch zurücklegen wollte, stutzte ich. Da lag noch ein Päckchen – ein ganz kleines. Ich musste es am Morgen vor lauter Enttäuschung übersehen haben.
Verwundert nahm ich es an mich und drehte es in den Händen. Das Papier war rau und unbedruckt. An dem Band hingen frische Blumen und kantige bunte Steine. War das auch von Mama?
Es gab keine Karte und keinen Absender, also wickelte ich das Papier vorsichtig ab. Es waren mehrere Lagen. Kleiner und kleiner wurde das Päckchen, bis mir endlich das Geschenk entgegenfunkelte: eine Kette! Eine wunderschöne Kette mit bunten Kugeln. Neun Kugeln für neun Jahre. Und mit einem Amulett. Das sah aus wie ein Schneckenhaus oder diese langen, spiralförmigen Muscheln, die man am Strand finden kann. Allerdings war diese hier nicht hohl, sondern massiv.
Eigentlich wollte ich mir das Schmuckstück gleich um den Hals legen, aber dann entschied ich mich anders.
„Nein!“, sagte ich laut zu mir selbst. „Erst will ich herausfinden, wem ich dieses Geschenk zu verdanken habe.“
Da erklang hinter mir ein zartes Lachen.
Ich fuhr herum. Vor dem Fenster glitzerte etwas. Nur ganz kurz, wie eine fallende Schneeflocke im Sonnenlicht. Oder wie die Schlangenaugen am Spiegel. Ich stürzte zum Fenster und sah hinaus. Aber der Hof war leer. Nur ganz hinten fegte Justin den Müll zusammen – und dabei hatte er eindeutig keinen Grund zum Lachen.
Ein Klopfen unterbrach meine Gedanken. Würde sich die Schenkerin – ich war sicher, dass es eine Sie war – jetzt zu erkennen geben? Mit drei Schritten war ich an der Tür und öffnete sie.
Im Flur stand eine Torte. Eine dreistöckige Torte mit rosa Zuckerguss und silbernen Perlen drauf. So wie ich sie vor einer Woche bestellt hatte. Damals, als ich noch damit rechnen konnte, mit Freundinnen zu feiern.
„Darf ich reinkommen, Schätzchen?“, nuschelte die Torte. „Mir fallen sonst die Arme ab!“ Das sagte natürlich nicht die Torte, sondern Frau Bitz, unsere Köchin. „Eigentlich wollte ich die mit dem Lastenaufzug hochschicken, aber der Strom war weg.“ Sie schnaufte.
Um mich für Papas Missgeschick mit dem Kabel zu entschuldigen, lud ich sie zu einem Stück Torte ein. Frau Bitz hält nichts von übertriebener Höflichkeit, deshalb aß sie drei. Ich schaffte nur zwei. Dabei hatte sich unsere Köchin wieder einmal selbst übertroffen. Zwischen leichten Biskuitböden war sahnige Erdbeercreme. Ein Traum! Ich war fast froh darüber, dass ich dieses Kunstwerk nicht an Schnepfen wie Laura und Anne vergeuden musste.
Aber eben nur fast. Denn ehrlich gesagt war ich verdammt traurig, dass alles ins Wasser fiel. Mein einziges Nachmittagspartygeschenk war ein giftgrüner Schal von unserer Köchin! Und sie bestand auch noch darauf, dass ich ihn sofort umlegte – im Spätsommer!
Als Frau Bitz gegangen war, sah ich wieder aus dem Fenster.
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