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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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ungesetzliche Ansammlung sind zwei Nigger oder mehr, die nach Einbruch der Dunkelheit irgendwo rumhängen. Wir kümmern uns um die bekannten Unruhestifter, und das ist ungefähr jeder Arsch auf der Straße. Wir überprüfen die Bars und die Schnapsläden und schleifen die bösen Bimbos raus. Da fängt der Spaß dann richtig an. Macht es dir Spaß, Nigger fertig zu machen, Fred?«
    »Hab’ ich nie versucht«, sagte ich. » Macht es Spaß?«
    Nors lachte wieder. »Du hast ’nen sonnigen Humor. Von dir hab’ ich schon gehört. Du hast die beiden Sombreros in die ewigen Jagdgründe geschickt, als ob du noch in Wilshire gearbeitet hast. Du bist ’n richtiger Held. Aber irgend’ne Scheiße mußt du gebaut haben, sonst wärst du nicht hierher versetzt worden. Ich find’ dich gut. Wir werden bestimmt gute Freunde.«
    Impulsiv packte Norsworthy meine Hand und zerquetschte sie schon wieder. Ich zog sie weg, bevor er irgendwelche Knochen brechen konnte. »Whow, Partner«, sagte ich, »ich brauch’ diese Hand noch, um Berichte zu schreiben.«
    Norswirthy lachte. »Du wirst diese rechte Hand in dieser Abteilung noch für ’ne Menge Scheiß mehr brauchen, als Berichte zu schreiben, mein Kleiner«, sagte er.
    Wenn Norsworthy schon nicht gerade sensibel war, so war er doch ein guter Ausbilder. Widerwillig fing ich an, ihn trotz seines Rassismus und seiner Grobheit zu mögen. Ich dachte, er wäre brutal, aber er war es nicht: Er war streng und korrekt zu den Leuten, mit denen wir es auf der Straße zu tun hatten, und wenn Gewalt nötig war, um unbewaffnete Verdächtige ruhigzustellen, dann war seine Methode - verglichen mit dem Standard der 77. Straße - vergleichsweise mild: Er umarmte die Person wie ein Bär von hinten und quetschte sie, bis sie überall blaue Flecken hatte. Dann ließ er sie bewußtlos aufs Pflaster fallen. Es funktionierte.
    Wenn wir beide auf der Central Avenue südlich der 100. Straße patrouillierten, einer Gegend, die Norsworthy »dunkelstes Afrika« nannte, dann nickten uns alle außer den Ausgeflippten und Betrunkenen ängstlich zu. Norsworthy war sich seiner Gefährlichkeit so sicher, daß er den Negern, die er privat beschimpfte, regelrechten Respekt entgegenbrachte. Er mußte nie laut werden. Seine riesige, tabakkauende Erscheinung genügte, und ich als sein Partner bekam einen Zipfel des ängstlichen Respekts ab.
    Also funktionierte unsere Partnerschaft - eine Weile. Wir gingen Streife und verhafteten viele wegen Trunkenheit, Besitzes von Rauschgift und Tätlichkeiten. Wir gingen in Bars und verhafteten Schläger. Gewöhnlich gelang es Norsworthy, eine ausbrechende Schlägerei dadurch zu ersticken, daß er eintrat und sich räusperte, aber manchmal mußten wir mit geschwungenen Knüppeln einsteigen und die Schläger niedermachen, ihnen dann Handschellen anlegen und einen Streifenwagen rufen, der sie aufs Revier brachte.
    Die »ungesetzlichen Ansammlungen«, von denen Norsworthy geredet hatte, waren leicht zu zerstreuen. Wir gingen ganz lässig an ihnen vorbei, Nors sagte dann »’n Abend, Leute«, und die Gruppe schien sich in Luft aufzulösen.
    So war der Job. Aber er fing an, mich zu langweilen, und ich fing an, mich über meinen Partner zu ärgern. Sein unablässiger Redeschwall-über seinen Kriegsdienst in Italien, seine sportlichen Fähigkeiten, die Länge seines Schwanzes, über »Nigger«, »Jidden«, »Itaker« und »Schlitzaugen« - irritierte und deprimierte mich und zerstörte in meinen Augen das Wunder und die faszinierende Fremdheit des Lebens in Watts. Ich war die furchterregenden Auftritte meines Partners leid und wollte in Ruhe und auf eigene Faust dem Wunder nachspüren. Deshalb heckte ich einen Plan aus: Ich überzeugte Norsworthy davon, daß wir doppelt so effektiv arbeiten könnten, wenn wir getrennt patrouillierten, jeder auf der anderen Seite der Straße, und trotzdem in Seh- und Rufweite des anderen. Es bedurfte einiger Überzeugungskraft, aber schließlich nahm er es mir unter der Bedingung ab, daß wir uns jede Stunde einmal treffen sollten, um unsere Beobachtungen zu vergleichen und zu überlegen, an welchen Brennpunkten wir eventuell zusammen erscheinen müßten.
    So fühlte ich mich etwas freier. Frei, die Sinne schweifen zu lassen und, begleitet von Musikfetzen, durch die Neonnacht zu wandern. Um Wacky trauerte ich immer weniger, und meine ehemals wilde Neugier auf Lorna Weinberg ließ nach.
    Als mir die Einzelstreife langsam vertraut und lieb wurde, ließ ich

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