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Heimstrasse 52

Heimstrasse 52

Titel: Heimstrasse 52 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Oezdogan
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Bulgarien vor Müdigkeit zwei Mal zugefallen, doch Gül hat sofort geschrien:
    – Aufwachen, Augen auf.
    Fuat hat den Kopf geschüttelt und die Bitte seiner Frau, eine kurze Rast einzulegen, ignoriert.
    – Wir sind fast schon da, hat er gesagt, da werde ich doch nicht schlappmachen.
    Danach hat er nach der Packung gegriffen, solange er raucht, schläft er nicht ein.
    Gül hat genauso wenig geschlafen wie er, denn die ständige Angst, dass etwas passieren könnte, hält sie wach.
    Der Beamte nimmt nun die Pässe aus Fuats Hand entgegen, holt aus Fuats Pass einen Hundertmarkschein, den er zwischen Daumen und Zeigefinger durch das offene Fenster hinhält.
    – Was ist das?, will er wissen. Sein Ton ist herausfordernd.
    Eine halbe Sekunde zögert Fuat, vielleicht weniger.
    – Oh, der gehört da gar nicht hin. Ich hatte schon geglaubt, ich hätte ihn verloren, wie ist der denn zwischen die Pässe geraten?
    Der Beamte schüttelt den Kopf.
    – So etwas macht man nicht. Fahr mal da vorne ran. Und alle aussteigen, bitte.
    Als der Mann außer Hörweite ist, schimpft Fuat:
    – Wenn es Suppe regnen würde, wäre ich der einzige Mensch mit einer Gabel. Was für ein Glück, unter hundert Beamten |130| den zu erwischen, der sich nicht bestechen lässt. Und das nachts um halb eins. Na, danke. Würde es Mösen regnen, würde mir ein Schwanz auf den Kopf fallen, gottverflucht.
    Gül schaut zu ihm hinüber, solche Flüche hört man fast nie von ihm.
    – Stier mich nicht so an. Jetzt werden wir sehen, was wir davon haben, so vollgepackt zu sein. Die werden den Wagen auseinandernehmen, sie werden hinter jede Schraube gucken. Yılmaz und Saniye werden schon zu Hause sein, sie werden Baklava und heißen Kaffee serviert bekommen, während wir hier festsitzen und sie schauen, ob ich nicht noch etwas unter meinen Hemdknöpfen versteckt habe. Da hast du uns mal in die Scheiße geritten.
    – Was gibst du ihnen auch einen Hunderter, sagt Yılmaz zu ihm, während der Mercedes kontrolliert wird. Da weiß er ja gleich, dass du etwas zu verbergen hast. Sieh mich an, uns haben sie einfach durchgewunken.
    Sein Atem riecht schon wieder nach Alkohol, und Gül fragt sich, ob das den Grenzbeamten nicht aufgefallen ist.
    – Jedes Jahr lege ich einen Schein in den Pass, sagt Fuat, und bisher hat es immer funktioniert. Außerdem, du hast den Bulgaren doch auch eine Flasche zugesteckt.
    – Ja, damit es schneller geht, aber nicht, weil wir etwas zu verbergen hatten. Und das sind ja auch unsere Nachbarn, die sind uns wohlgesonnen. Es sind immer die eigenen Leute, die einen ins Verderben stürzen. Merk dir diese Worte: Du musst Angst haben vor deinen Leuten, die schauen nicht auf deine Tränen. Vertrau den Kurden, den Bulgaren, den Griechen, von mir aus auch den Deutschen, aber nicht den Türken.
    – Yılmaz, sagt Saniye.
    – Ist doch wahr, sagt er. Jetzt sieht es so aus, als würde es bei euch ganz schön lange dauern.
    – Fahrt ihr nur, sagt Gül, aber fahrt vorsichtig. Bis hierher |131| waren wir gemeinsam, doch der Weg ruft nach den Reisenden. Fahrt nur.
    Während sie sich verabschieden, reißt Fuat sich noch zusammen, aber kaum hat Saniye den Gang eingelegt und die Kupplung kommen lassen, fängt er an:
    – Dieser Klugscheißer, dieser kaum fassbare Klugscheißer. Kaum eine Minute nüchtern während der ganzen Fahrt, aber mir Ratschläge geben, dieser saufende Kommunist, dieser verdammte Vaterlandsverräter.
    Er hebt einen Stein auf und schleudert ihn dem Granada hinterher, und Gül geht langsam zu der Bank, auf der Ceyda und Ceren, in eine Decke gehüllt, gegeneinandergelehnt im Sitzen schlafen. Fuat zündet sich schon wieder eine an, das ist bereits die sechste Packung, seit sie in Deutschland losgefahren sind, sein Kopf ist fast so rot wie seine Augen, und Gül weiß, dass er jemanden braucht, um seine Wut abzureagieren. Sie hat nichts dagegen, diese Person zu sein. Ohne Unfall und Unheil sind wir bis hierher gekommen, denkt sie, mit Gottes Hilfe schaffen wir das letzte Stück auch noch.
    Vier Stunden lang durchsuchen die Beamten das Auto, die Koffer und die Taschen, listen fein säuberlich Gegenstände auf. Fuat ist so müde, dass er ein wenig auf einer Bank schläft. Der Schlaf gibt ihm die Kraft und die Zollgebühren die Wut, um fast bis Edirne am Steuer zu toben.
    – Klar, drei Toaster, zwei Bügeleisen, vier Uhren, zwei Mixer, ein Entsafter, ein Ich-weiß-nicht-was, sechs Wasserkocher, als wollten wir einen Elektroladen aufmachen. Hast

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