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Heinermaedsche

Heinermaedsche

Titel: Heinermaedsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann-Sophie Aigner
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schließlich entgegen.
    »So, hier ist das Handy. Steck es zurück in die Tasche und dann kannst du alle eingehenden SMS empfangen und mit Vaters Nummer ebenfalls SMS senden.«
    »Und das kriegt er nicht mit?«
    »Nein.«
    »Danke.« Sie gab Mark einen Kuss auf die goldfarbenen Haare. »Unten ist noch etwas Rollbraten im Kühlschrank. Gute Nacht.«
    Eva würde das Zimmer gleich morgen aufräumen. So viel stand fest.

7
    Am nächsten Tag setzte sie ihren Plan in die Tat um.
    Es war Freitag, ihr Canasta-Club-Tag, an dem sie und ihre Freundinnen sich regelmäßig trafen. Ein fester Termin war für alle Damen unabdingbar, da sie mitten im gesellschaftlichen Leben standen. Bis zum Nachmittag war jedoch ein wenig Zeit, sie konnte sich also Marks Zimmer vornehmen.
    Hermann war bei der Arbeit oder irgendwelchen ›wichtigen‹ Terminen und ihr Sohn in der Universität. Sie betrat Marks Zimmer. Wie so oft überkam sie ein beklemmendes Gefühl hier drin. Sie konnte nicht richtig durchatmen, was womöglich an den zugezogenen Vorhängen lag. Jetzt würde sie in den sauren Apfel beißen müssen und den Raum aufräumen. Wenn Mark das nicht selbst übernahm, musste sie das als Mutter in Angriff nehmen.
    Erst einmal zog sie die schweren Brokatvorhänge zurück; sie waren lange nicht mehr bewegt worden. Was sie dann sah, hatte sie nun wirklich nicht erwartet.
    Auf dem Fensterbrett standen diverse Flaschen und Gefäße. Allesamt waren sie etwas verschmutzt, wie von Rauchschlieren überzogen.
    Sie machte sein Bett. Ein wunderschönes, 180 Zentimeter breites Mahagonibett. Eine Freundin hatte er leider noch nie mit nach Hause gebracht. Er war zwar noch keine 20, aber sie dachte schon seit langer Zeit an Enkelchen. Alle ihre Freundinnen sah sie regelmäßig mit ein oder zwei dieser süßen Wonneproppen im Herrengarten oder auf der Mathildenhöhe spazieren gehen. Nur sie hatte kein Kinderlachen im Haus, keine kleinen Trippelschritte und keine Kinderspielsachen, nichts. Sie wünschte sich einen Enkel, nicht um mithalten zu können oder als Statussymbol, nein, sie wünschte ihn sich, um etwas für ihr Herz zu haben. Sie wollte ihn lieben, sich um den kleinen Wirbelwind kümmern, eben einfach eine liebevolle Oma sein.
    Bis es so weit war, blieb ihr nichts weiter als die Stärke, nicht daran zu zerbrechen. Die jungen Leute, und ihr Sohn gehörte offensichtlich dazu, ließen es sehr langsam angehen. Eva wusste nicht einmal, ob Mark eine Freundin hatte. Sie musste ihn mal danach fragen.
    Langsam beschlich sie das Gefühl, dass sich in diesem Haus Sachen abspielten, von denen sie überhaupt keine Ahnung hatte.
    »Jetzt nur nicht nervös werden, Eva«, munterte sie sich selbst auf. Dabei krempelte sie ihre Blusenärmel hoch und drückte ihren Rücken durch. Sie holte tief Luft.
    Dann sammelte sie die Wäsche vom Boden auf und versuchte die Bücher auf seinem Schreibtisch zu sortieren. Das gestaltete sich allerdings als schwieriges Unterfangen. Die Titel sagten ihr allesamt nichts.
    Nach welchem System würde ihr Sohn die Bücher ordnen? Nach dem Alphabet, Thema oder Autor?
    Aber sie hatte ohnehin keinen Platz, um die Bücher ordentlich aufzureihen. Überall standen Glasbehälter und aufwendige Gestelle herum. Die sahen ein bisschen so aus wie die Kugelbahnen, die Mark als Kind kunstvoll in diesem Zimmer gebaut hatte.
    Diverse Pülverchen, Flüssigkeiten und allerlei Rührschüsseln, alle aus Glas, lagen auf dem Schreibtisch und in den Regalen verstreut. Sie fühlte sich in ihre Schulzeit zurückversetzt. Ihr Lehrer, Herr Eisenschmidt, hatte aus Spaß öfter gesagt: ›Chemie ist das, was raucht und stinkt, Physik ist das, was nie gelingt.‹
    Ein eher platter Spruch, zugegeben, aber Eva lächelte amüsiert in sich hinein. Genau so hatte es in ihrem alten Chemieschulraum ausgesehen.
    Sie schaffte es nach einiger Zeit und unter großer Anstrengung doch noch, die Bücher in die Regale zu sortieren. Schweißperlen zeichneten sich auf ihrer Stirn ab.
    Sie war zufrieden mit ihrer Leistung. Der Raum sah annehmbar aus. Sicherlich würde Mark ein sauberes Zimmer ebenfalls bevorzugen.
    Als letzte Tat an diesem Tag nahm sich Eva vor, das angrenzende Bad zu putzen. Es war ein modern eingerichtetes Badezimmer, nur die besten Materialien waren verwendet worden. Feinster Marmor aus Italien, beste Keramik für das Handwaschbecken und die freistehende Badewanne. Vergoldetes Kupfer für die Wannenstandarmatur sowie eine Jugendstildeckenleuchte rundeten das Bild

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