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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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durfte, als ich nach Triest versetzt worden war. Ich hatte keine Chance. Konnte nichts beweisen. Und nach zweiundzwanzig Jahren taucht ein Dokument auf, das mir damals viel genutzt hätte. Ich bin mir sicher, der Österreicher wäre nicht so davongekommen. Jetzt hat es ihn aller Wahrscheinlichkeit nach selbst erwischt. Sag mir, was du darüber denkst.«
    »Ganz einfach: Jemand hat getan, was diese Frau gehofft hat. Nur frage ich mich, warum er sie umgebracht hat. Oder hat sie sich selbst umgebracht?«
    »Es ist ein bißchen lange her für eine Rache, findest du nicht? Schau, da ist noch etwas.«
    Er gab ihm die Fotos, die zusammen mit dem Tagebuch in dem Päckchen waren, die ihm die alte Signora Bianchi übergeben hatte.
    Sgubin machte große Augen und blätterte die Fotos sehr langsam durch. Manche Mädchen tauchten immer wieder auf, die Männer waren jedes Mal andere. Alle waren unbekleidet und in eindeutigen Positionen.
    »Pornohefte?« Sgubin schaute den Commissario fragend an.
    »Das glaube ich nicht«, Laurenti schüttelte den Kopf. »Mit solchen Männern doch nicht! Das sind nur Bürohengste.«
    »Dann Erpressung.« Sgubin legte die Fotos auf den Tisch, eines neben das andere, und atmete tief durch. »Damit läßt sich viel Geld machen.«
    »Mir kommt es so vor, als wurden einige in der Villa aufgenommen. Aber andere, schau, Sgubin«, Laurenti deutete mit dem Finger darauf, »diese hier, glaube ich nicht. Dort hinten siehst du eine Minibar. Das hat man nicht zu Hause. Das ist in einem Hotel.«
    »Und auf denen kann man erkennen, daß zwei Frauen dabei waren, eine hat fotografiert.« Sgubin zeigte auf ein nacktes Bein, das aus der Perspektive der Kamera verschwommen am Bildrand zu erkennen war und nicht zu den beiden Fotografierten gehörte.
    »Noch etwas«, sagte er dann. »Das ist die Tote vom Golfplatz.« Er hielt Laurenti ein Foto hin. »Da bin ich mir ganz sicher. Wir haben alle ihr Porträt erhalten. Im Borgo wurde nach ihr gefragt, aber die Mädchen kennen sie nicht, weil sie alle nicht lange genug hier sind.«
    »Verflucht!« Laurenti schrak auf. »Das habe ich völlig vergessen.« Er kramte in seiner Aktentasche und zog das Foto heraus, das er bei der alten Bianchi mitgenommen hatte. Die ganze Zeit hatte er nur über Elisa und seinen ersten Fall nachgedacht. Er warf das Foto auf den Tisch.
    »Ja, das ist sie! Wo haben Sie es her, Commissario? Dann haben wir sie endlich!« Sgubin war erstaunt über die Zauberkünste Laurentis, der ihm nun von seinem erneuten Besuch in der Via Ponzanino erzählte.
    »Wir müssen das Melderegister überprüfen«, sagte Sgubin und stand auf. »Ich verstehe nicht, wie Sie das vergessen konnten, Chef.« Sgubin schüttelte den Kopf. Er nahm das Telefon vom Tisch seines Chefs und wählte eine Nummer. Wenig später hatte er einige Notizen auf ein Blatt gekritzelt und legte auf.
    Laurenti war verlegen. Es war in der Tat die einfachste Routine, um die er sich nicht gekümmert hatte, weil er endlich eine Chance sah, seine Niederlage von einst gegen de Kopfersberg auszubügeln.
    »Olga Chartow, gemeldet seit 24. Mai 1996. Gebürtig am 15. September 1970 in Volovets, Ukraine. Wohnhaft Via Ponzanino Nr. 46. Es muß die Schwester unserer Leiche aus der Via del Castelliere sein.«
    Laurenti griff zum Hörer und erkundigte sich nach Eintragungen im Strafregister. Sie warteten. Nach zehn Minuten brachte eine verschlafen aussehende Beamtin den Computerausdruck. Keine Vorstrafen, aber der Vermerk, daß Olga Chartow bis April 1997 als Prostituierte im Borgo Teresiano registriert war.
    »Das ist komisch«, sagte Sgubin. »Sie ist vermutlich die einzige ausländische Hure, die geblieben ist.«
    »Und wie kam sie an das Tagebuch und die Fotos?« Laurenti ging unruhig umher.
    »Sie hat sie gestohlen. Und zwar von Kopfersberg!«
    Sgubin hatte zweifellos recht. Das Tagebuch, die Fotos – die Villa.
    »Komm«, sagte Laurenti. »Wir fahren hin.«
     
    Tatjana Drakic empfing sie freundlicher als am Tag zuvor. Laurenti und Sgubin wurden von einem Mädchen mit weißer Schürze, die sie an der Tür erwartet hatte, in einen kleinen Salon geführt. Die Drakic kam wenig später herein. Sie trug ein weinrotes, ärmelloses Leinenkleid und reichte ihnen zur Begrüßung die Hand. Dann bat sie die beiden Polizisten, Platz zu nehmen, und goß sogar eigenhändig Kaffee in drei Täßchen. Überraschende Freundlichkeit. Ihr Bruder mußte sie wohl von Laurentis Klage unterrichtet haben.
    »Gibt es Neuigkeiten?«

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