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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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man ihn bei Wiederbelebungsversuchen am unerotischen Nationalrätinnenobjekt erwischen sollte. In Panik überlegte er, wo der Defibrillator hing, bis er sich erleichtert daran erinnerte, dass er in einer Schmierenkomödie saß, denn eben klingelte das Handy von Frau Quasi-Bundesrätin, und sie fand die Kraft, den Anruf zu beantworten. Spring übte sich in Geduld.
    »Wo genau ist der Unfall geschehen?«, wollte er wissen, als sie zu Ende gesprochen hatte.
    Die unterschwellige Spannung war spürbar. Barbara Born konnte nun nicht mehr das vernehmungsunfähige Opfer spielen, so viel war klar.
    »Sie kennen den Haupteingang des Botanischen Gartens?«
    Spring nickte.
    »Dort steht mein Roller. Oder besser, er liegt auf dem Boden, neben dem Gitterzaun, in den ich geprallt bin.«
    »Von so weit weg sind Sie bis hierher gelaufen? Das ist doch fast ein Kilometer.«
    »Ja«, antwortete die Nationalrätin. Ihre Opferbereitschaft war augenscheinlich grenzenlos. »Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Sie haben doch das Handy dabei. Sie hätten eine Streife rufen sollen. Die hätte die Unfallstelle sichern müssen. Sie von der SEBP sind doch mit sicherheitstechnischen Vorgängen vertraut?«
    Das aufkeimende Berner Bauernmädchenwangenrouge passte hervorragend zu den schwarzen Schlieren des Kajals um die Augen.
    »Außerdem hätte man Sie zur Untersuchung ins Spital bringen müssen«, seufzte Spring. »Aber das können wir ja noch nachholen.«
    »Es geht schon«, erwiderte die Nationalrätin.
    »Kommt nicht infrage, dass wir darauf verzichten«, sagte der Störfahnder, griff zum Telefon und bestellte den Rettungsdienst. »Sie könnten innere Verletzungen oder eine Gehirnblutung davongetragen haben. Wenn man ohne Helm vom Roller stürzt …«
    »Der Helm muss irgendwo auf der Straße liegen«, beeilte sich Born zu erklären.
    »Dann sind Sie aber ganz schön über den Boden geschrammt«, meinte Spring, blickte in ihr lädiertes Gesicht und fragte: »Wie ist dieser Unfall überhaupt geschehen, und weshalb kommen Sie zu mir? Wir sind für Kapitalverbrechen zuständig, nicht für Unfälle.«
    »Weil ich Ihre Karriere und Ihre Erfolge wohlwollend zur Kenntnis genommen habe«, erklärte Barbara Born. »Außerdem war es gar kein richtiger Unfall.«
    »Sondern?«
    »Ein Auto hat mich am Viktoriarain verfolgt, ist fast auf mich aufgefahren. Da bin ich illegal bei der Ampel nach links auf die Altenbergstraße hinübergewechselt. Der Wagen hinterher, hat sein Tempo noch gesteigert. Die Straße fällt steil ab, und als ich mich umblickte, wurde ich gerammt und konnte dem Gitter nicht mehr ausweichen.«
    »Und das Auto?«
    »Ist weitergefahren Richtung Altenberg.«
    »Marke und Farbe?«
    »Konnte ich nicht erkennen, irgendetwas Dunkles, blau oder schwarz. Ein Mittelklassewagen. Hat wohl eine Beule auf der Beifahrerseite.«
    Der Störfahnder tätigte einen zweiten Anruf und schickte ein Team der Spurensicherung zum Tatort.
    »Sie kümmern sich nicht selbst um die Angelegenheit?«, fragte Frau Nationalrätin maliziös. Offenbar hatte sie ihre Stimme wieder beisammen.
    »Das tue ich gerade«, antwortete Spring. »Für die Detailarbeit sind die Spezialisten zuständig. Ich stelle ja auch keine medizinischen Diagnosen.«
    »Eine notfallmäßige Wundversorgung hätte ich schon erwartet«, sagte die Dame und versuchte, ihren Busen wieder zu bedecken.
    »Ich muss darauf achten, keine Spuren zu verwischen.« Spring dachte nach. »Haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt, weshalb wildfremde Leute Sie mit einem Auto durch die Stadt jagen sollten? Politische Auseinandersetzungen?«
    Frau Born lächelte. »Herr Spring! Wir befinden uns in der Schweiz. Nationalräte mögen zwar während der Sitzungen gegenseitig austeilen, am Abend an der Bar verstehen sich die meisten jedoch prächtig. Nein.« Sie zögerte. »Es geht um etwas völlig anderes. Und ich bin mir bewusst, dass Sie mich gleich tadeln werden, weil ich nicht früher zur Polizei gekommen bin. Ausgerechnet wir von der Staatserhaltenden BürgerPartei sollten etwas mehr Vertrauen in die Behörden haben.«
    Spring setzte sich aufrecht hin. Die Ansprache bekam einen offiziellen Charakter.
    »Vor zwei Wochen«, begann Barbara Born ihre Geschichte, »ist aus meinem Haus ein illuminiertes Buch aus dem späten 15. Jahrhundert gestohlen worden, ein Prachtexemplar früher Buchdruckerkunst.«
    Spring runzelte die Stirn.
    »Ein Stundenbuch, um genau zu sein. Das sind religiöse Gebrauchstexte, meist illustriert und

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