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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Glauser saß in abgewetzten Jeans im 70er-Jahre-Schnitt vor ihnen, sein Oberkörper steckte in einem schmuddeligen roten Pullover, hinter ihm an der Wand hing eine Wandergitarre, am Boden lag das iPad.
    »Freizeitkleidung«, entschuldigte er sich.
    »Wir haben die Verlautbarungen der SEBP gelesen«, sagte der Störfahnder ohne weitere Einleitung. »Stammen sie von Ihnen?«
    »Ich hatte den Auftrag, sie auszuarbeiten. Sie werden jeweils vom Parteichef Martin Wiederkehr persönlich kontrolliert«, erwiderte Glauser.
    »Er traut Ihnen nicht?«, fragte Meyer.
    »Das hat damit nichts zu tun«, erwiderte der Angesprochene. »Sie dürfen sich einen politischen Entscheidungsprozess nicht als Folge von Vertrauen und Misstrauen vorstellen. Zuoberst steht die Parteilinie, verabschiedet von der Parteiführung, als Gesamtprogramm genehmigt von der Delegiertenversammlung, in Auftrag gegeben von der Wählerschaft. Es ist das Einzige, was zählt. Ihm ist alles unterzuordnen. Auch persönliche Be-und Empfindlichkeiten kommen erst an zweiter Stelle. Wenn überhaupt. Sonst herrscht hier gleich das nackte Chaos. Wie bei unsern Gegnern.«
    »Welche Positionen vertritt denn Ihre Partei bei diesen beiden Morden?«, fragte Spring.
    »Wenn es denn Morde sind«, wiegelte Glauser ab. »Bisher ist meines Wissens noch keine entsprechende Anklage erhoben worden. Außerdem haben wir dazu keine ›Position‹, wie Sie es nennen. Es ist allerdings klar, wer die Drahtzieher hinter den Anschlägen sind.«
    »Dann wissen Sie mehr als wir«, sagte der Störfahnder. »Wäre nett, wenn Sie uns an Ihren Erkenntnissen teilhaben ließen.«
    »Es können nur unsere politischen Widersacher sein«, erläuterte der Parteisekretär. »Sie kennen die Todesliste? Wer, wenn nicht unsere Feinde, könnte von einer Elimination der Parteispitze profitieren? In dieser Richtung sollten Sie suchen. Dort finden Sie die wahren Staatsfeinde.«
    »Damit ich Sie richtig verstehe«, intervenierte Pascale Meyer. »Ihre politischen Gegner setzen Sie mit Staatsfeinden gleich?«
    Ernst Glauser lächelte süffisant. »Fragen Sie unsere Wähler. Nicht umsonst nennen wir uns Staatserhaltende BürgerPartei. Einzig wir garantieren die Aufrechterhaltung der öffentlichen Funktionen, natürlich gleichzeitig mit einer möglichst geringen Präsenz des Staates überhaupt und mit einer möglichst grenzenlosen persönlichen Freiheit.«
    »Gut. Das war jetzt das Wahlprogramm«, fasste Spring zusammen. »Noch einmal etwas konkreter: Was sagt Ihre Partei dazu, dass zwei wichtige Mitglieder in ihren Stammlanden auf derart mysteriöse Art und Weise ums Leben gekommen sind? Kommen Sie mir nicht noch einmal mit diffusen politischen Gegnern. Wir haben Morde aufzuklären und keine Märchen zu erfinden.«
    »Sie glauben andere Motive für die Tötungen zu kennen?« Das Lächeln war aus dem Gesicht des Parteisekretärs gewichen. »Dann teilen Sie uns das bitte mit. Selbst wir wollen uns nicht in unbegründeten Vermutungen verrennen. Es tut mir leid, mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
     
    Der Störfahnder konnte sich kaum zurückhalten vor Wut. Als sie wieder auf der Straße standen, fluchte er vor sich hin und spuckte auf den Boden. »Ausschließlich Leerfloskeln. Keine einzige inhaltliche Aussage. Es gelingt ihnen, noch aus dem Nichts auf sich aufmerksam zu machen. Und wenn die Propagandamaschinerie mal so richtig auf Touren gekommen und die ganze Schweiz geimpft worden ist, dann könnte selbst der Parteichef der Täter sein, es würde niemanden mehr kümmern.« Er räusperte sich, bevor er mit seiner Tirade weiterfuhr. »Früher trug Gott die Schuld an allem Guten, und alles Übel war seine Strafe für ein sittenloses Leben. Heute ist man seines eigenen Glückes Schmied, und für alles Übel verantwortlich sind die andern, zum Beispiel DIE Beamten, wahlweise aus der Hauptstadt, aus der EU oder von der UNO, je weiter weg von zu Hause, desto schlimmer. Allenfalls kämen dafür auch Politiker infrage, zumindest jene, vor denen man schon im Kalten Krieg gewarnt hatte. Man musste also nur die Richtigen wählen, damit Ordnung ins Land kam. Ein modernes Heilsversprechen.«
    Pascale hatte Bernhard an das Ufer des Egelsees gelotst und ihn auf einer Bank sozusagen fixiert, bevor sie sich traute zu sagen: »Wenn wir ganz in Ruhe die Hypothese durchgehen, dass wirklich ein politischer Gegner hinter dem Ganzen steckt, wo müssten wir suchen?«
    »Das ist doch purer Quatsch!«, regte sich der Störfahnder wieder

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