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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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weiß man ja, und hier tun Sie sich wichtig – und hier tun Sie sich wichtig –«
    Der Kommissar ist hochrot wie seine Aufschläge und schnappt nach Luft. Der Assistent schreibt wie ein Wilder: »Soll das alles mit ins Protokoll?«
    »Was?« eifert Frau Hedwig, »ein Protokoll wollen Sie uns auch noch machen? Bittöh, wir können das ja Gott sei Dank bezahlen. Und wir haben auch nicht nötig, uns Glasteller auszuleihen, wenn wir Besuch haben. Wie das gewisse Leute tun, nicht wahr, Herr Kommissar?«
    Der Kommissar knallt die Akten zu. Die Glasteller läßt er sich nicht aufs Butterbrot schmieren. »Die Vernehmung ist beendet!« Kempenich steht bereits an der Tür, um den Rückzug zu decken. Nun, da er seinen Arm um die kleine, tapfere Frau legen will, empfängt er aus ihren Samtaugen einen tödlichen Blick. »Rühr mich nicht an, du – du Ungeheuer!«
    Getrennt, wie sie kamen, gingen sie wieder fort.
    Sie nach Hause.
    Er demzufolge nicht nach Hause.
    Er lief spazieren. Und tat das, was man immer nach bedeutungsvollen Unterredungen tut: er überlegte, was er eigentlich hätte sagen sollen.
    Er hat einiges falsch gemacht. Er hätte besser daran getan, sich auf den unvorbereiteten Zweifrontenkampf nicht einzulassen. Er hätte auf die lächerliche Beschuldigung nur ironisch lächeln und jede Auskunft verweigern, oder er hätte diesem aufgeblasenen Wicht von Kommissar gründlich die Wahrheit sagen sollen. Er hätte – hätte –.
    Aber er hat nicht. Er hat nur eine komische Figur gemacht und sich nebenher bei seiner Frau himmelhoch in die Tinte geritten.
    Vor der Polizeisache war ihm nicht bange. Christian Kempenich stiehlt keine Bettwäsche. Übrigens war die Eintragung ins Fremdenbuch nicht seine Handschrift, wahrscheinlich war er nicht mehr schreibfähig gewesen und hatte sie dem Portier diktiert, leider mit allen Einzelheiten und richtig. Der ganze Polizeikommissar mitsamt der gestohlenen Wäsche konnte ihn gern haben. Das Problem hieß Hedwig. Und das war gründlich verfahren. Er hätte ihr seine sittengeschichtliche Forschungsreise nicht verheimlichen dürfen, er hätte ihr alles beichten sollen von Litfaßsäule bis zweimal Logis. Er hätte – hätte –
    Aber er hat nicht. Er hat auch hier nicht.
    Und jetzt kann er nicht mehr. Jetzt hat er sich festgelegt auf das Hotel mit dem vergessenen Namen, jetzt muß er bei der Stange bleiben und weiterschwindeln. Er erinnert sich, daß er im Grunde seines Herzens ein intelligenter Mensch ist. Und zum Schwindeln gehören Intelligenz und Gedächtnis. Beides hat er.
    Als es vom schiefen Kirchturm sechs Uhr schlug, war er bereits vierzehnmal durch Weinheim gelaufen. Die Leute steckten schon die Köpfe zusammen, und er war rechtschaffen müde.
    Aber er wußte jetzt, was er Hedwig sagen würde. Er hatte sich etwas Wundersames zurechtgedacht, eine kluge Mischung von Dichtung und Wahrheit. Er würde auch nicht erst warten, bis sie ihn fragte. Er würde sofort frank und frei vor sie hintreten: Liebe Hedwig, würde er sagen – er würde – würde –
    Er war ganz voll Würde. Und ging festen Schrittes nach Hause.
    ***
    »Christian, ich habe mit dir zu reden.«
    »Ich weiß. Aber ich will mir eben noch –« Kempenich geht ins Herrenzimmer und holt sich eine Zigarre. Das war offenbar eine schwierige Sache, denn er krabbelte endlos in der Zigarrenkiste. Frau Hedwig kam ihm nach. »Christian, ich habe mit dir zu –«
    »Ich weiß. Aber ich möchte mir noch schnell –« Er schlüpfte ins Schlafzimmer und wäscht sich die Hände. Sie mußten wohl recht schmutzig sein, denn er rieb endlos mit Seife und Bürste und wurde nicht fertig. – Frau Hedwig stand schon wieder hinter ihm. »Christian, ich habe mit dir –«
    »Ich weiß. Aber ich muß noch vorher –« Er entflieht in die Küche und macht sich Butterbrote. Er war scheinbar sehr hungrig, denn er würgte mit Todesverachtung eine Schnitte nach der andern hinunter.
    Hedwig bleibt ihm auf den Fersen. »Christian, ich habe mit –«
    Christian ist schon wieder im Wohnzimmer. Hedwig hinter ihm. Die Runde kann von neuem beginnen. Vielleicht gibt es auch einen Raum, in den sie ihm nicht folgen würde.
    Es war nicht nötig. Der rettende Engel erscheint und heißt Maria.
    »Da is wer.«
    »Wer ist wer?«
    »Da is er schon.«
    Es ist Faletti. Kempenich war noch nie über einen Besuch so erfreut und empfängt ihn mit einem Wasserfall von Höflichkeit: Reizend, daß Sie kommen, und wir haben Sie so sehr vermißt und so

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