Heinrich Spoerl
Steht da vielleicht dein Name? Du, das ist aber komisch.«
»Nicht wahr, wahnsinnig komisch!« Kempenich veranstaltet einen Lachanfall und hört gar nicht mehr auf. Denn er weiß, sobald er aufhört, geht das Fragen weiter.
Aber er hat Glück. Der Kommissar hat keine Lust mehr und will nach Hause. »Also schön. Wenn Sie nicht in Köln waren, dann haben Sie mit der Sache auch nichts zu tun. Entschuldigen Sie vielmals. Wir Beamte – Sie wissen ja –«
Die Kempenichs sind bereits wieder in der Tür. Es ist überstanden.
Was will der Kommissar noch? »Sie können mir ja Ihr Mädchen mal hereinschicken«, ruft er hinter ihnen her.
»Wieso das Mädchen?«
»Formsache. Sie soll mir nur bestätigen, daß Sie nicht fort waren.«
»Ja gewiß, recht gern – aber unsere Maria, Sie wissen doch –«
»Schön. Lassen wir das. Es genügt auch eine Bescheinigung Ihrer Amtsstelle.«
»Ja gewiß, recht gern – Verzeihung, was soll die Amtsstelle bescheinigen?«
»Herrgott, daß Sie nicht verreist waren in der Zeit.«
»Daß ich verreist war? – Ach so, daß ich nicht verreist war. Ja natürlich – können Sie bekommen – das heißt, es trifft sich allerdings etwas unglücklich. Insofern nämlich, als ich zufällig doch verreist war.«
»Na ja, aber doch nicht gerade nach Köln.«
»O nein, durchaus nicht, was soll ich in Köln? Ich war nur zu einer Taufe.«
Aber nun will der Kommissar wissen, wo die Taufe war. Kempenich hält das für nebensächlich, außerdem sei es Privatsache. Der Kommissar will es trotzdem wissen. Nur der Form halber, und weil er es in die Akten schreiben muß. Kempenich dreht und wendet sich. Seine Frau kommt ihm zu Hilfe. »Sag es doch ruhig. Die Taufe war natürlich in Köln. Was ist denn dabei?«
Der Kommissar stutzt. »Das ist natürlich ein merkwürdiger Zufall. Übrigens haben Sie doch eben gesagt –«
»Gar nichts habe ich gesagt.« Kempenich rettet sich in die Frechheit. »Und da ist auch nichts merkwürdig. Kann ich dafür, daß meine Kusine in Köln wohnt? Kann ich dafür, daß sie Zwillinge bekommt? Oder soll sie etwa Ihnen zuliebe – na also!«
Die sanfte Hedwig muß vermitteln. »Ich weiß nicht, warum mein Mann sich aufregt. In Köln hat er bei seinen Verwandten geschlafen, und in keinem Hotel. Das können Sie nachprüfen. Wenn Sie mal notieren wollen: Frau Gerta Nettesheim, Köln-Ehrenfeld, Florastraße 82, III. Etage –«
In ihrem Eifer sieht sie nicht, daß ihr Mann mit dem Auge blinkt, sie hört nicht, daß er sich mißbilligend räuspert, sie fühlt nicht, daß er ihr mit dem Fuß Zeichen gibt. Schließlich platzt er hinein: »Das hat ja alles keinen Zweck. Erstens bist du nicht gefragt, und zweitens habe ich in Köln – um welche Nacht handelt es sich, Herr Kommissar?«
»24. zum 25.Mai, die Nacht nach Himmelfahrt.«
»Aha. Also in dieser Nacht – ich weiß nicht, liebe Hedwig, ob ich dir das schon erzählt habe, da habe ich nämlich nicht mehr bei Nettesheims geschlafen.«
»Ja wo denn sonst?«
»Im Hotel natürlich.«
Hedwig findet das gar nicht natürlich. Sie findet das sehr komisch. »Wenn dir das hier zu komisch wird, kannst du ja nach Hause gehen. Das wäre überhaupt das beste für dich.« In seiner Seelennot sucht er einen Zank mit ihr. »Überhaupt lasse ich mir von dir keine Vorschriften machen. Ich gehe ins Hotel, wenn's mir paßt, dazu habe ich deine gnädige Erlaubnis nicht nötig – und –«
Es zündet nicht, Hedwig bleibt sanft, und Kempenich wechselt die Taktik. »Die Sache ist nämlich die, ich muß dir das mal erklären, bei Nettesheims war es ja so weit ganz nett, und die Blitzlichtaufnahme –« Er fängt an zu quasseln. Aber er kann das Verhängnis nicht aufhalten. Der Kommissar will nichts wissen von Nettesheims und Blitzlicht, er will das Hotel wissen.
Auch Hedwig wird immer neugieriger. Kempenich steht im Kreuzfeuer, kämpft nach zwei Fronten. Er überlegt: Er könnte ein falsches Hotel nennen, aber man wird es nachprüfen, sagte der Kommissar.
Kempenich schweigt und stellt sich beleidigt. Der Kommissar klopft ungeduldig mit dem Bleistift. »Also bitte das Hotel.«
»Was für ein Hotel?«
»Herrgott, wo Sie in Köln geschlafen haben.«
»Ach so. – Och, das war nicht besonders. Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen empfehlen soll. Wenn Sie mal nach Köln kommen, dann gehen Sie besser zum – oder –«
Der Kommissar will nicht nach Köln. Aber er will durchaus wissen, wo Kempenich abgestiegen ist.
Kempenich
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