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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Landstraße verloren.«
    Da läuft die Frau rot an: »Die Straßen sind für alle da, dat merken Sie sich mal. Und mein Huhn kann jehen und laufen, wo et will, dafür war et alt jenug. Dafür haben mer die Demokratie. Da lassen wir uns auch kein Vorschriften machen. Aber auf die Hühner wird immer jeschimpft. Nur die Eier, die habt Ihr jern, nit wahr, Herr Wachtmeister! Aber so jeht dat hier. Und Sie sind auch nit besser als die anderen. Wir kleinen Leut sind ene Dreck für die Polizei. Und die auf die Behörden werden in Schutz jenommen und dürfen einem die Hühner totfahren, soviel dat sie wollen.«
    Derendorf wird ein wenig ungeduldig: »Ich würde Ihnen ja gern helfen, aber dann müssen Sie genauere Angaben machen. Das eine Mal sagen Sie, der Betreffende war ein Nazi, dann war er ein Schieber. Und nun soll er von einer Behörde sein.«
    »Mit die feinen Unterschiede kenn ich mich nit so aus, Herr Wachtmeister. Aber von ene Behörde war da bestimmt; ein anderer hätt dat Huhn mitjenommen! Nur die von die Behörden, die haben dat nit nötig.«
    »Haben Sie sich wenigstens die Nummer des Fahrzeuges aufgeschrieben?«
    Nun wird die Frau aber wirklich böse: »Wat hab ich mit dem sein Nummer zu tun? Zum Aufschreiben is die Polizei da! Meinen Sie, ich lauf den janzen Tag mit enem Notizbüchske erum, wie Sie? Dat hat unsereins wat Besseres zu tun, Jott sei Dank.«
    Resigniert legt Derendorf das Formular wieder ins Regal: »Dann, liebe Frau, weiß ich wirklich nicht, wie ich den Mann finden soll.«
    »Ich will kein Mann, über dat bin ich eraus, ich will mein Huhn!«
    »Mer haben keine Hühner«, sagt Neuß; wenn es nach ihm ginge, wäre die Frau schon längst wieder draußen.
    Die aber rückt Derendorf immer näher auf den Leib: »Ich will Jeld, zweihundert Mark.«
    »Zweihundert Mark für ein Huhn?« Derendorf wird aufmerksam.
    »Jewiß dat. Ein Huhn legt zweihundert Eier im Jahr, dat steht im Jesetz. Und ein Ei kostet eine Mark, jetzt, wo se knapp sind.«
    Derendorf kommt bei der Rechnung nicht mit. Aber er weiß, was er nun zu tun hat. Er nimmt einen neuen Bogen, faltet ihn säuberlich und legt ein Aktenstück an: ›Wegen Preiswucher gegen –‹ »Wie heißen Sie?«
    Die Frau hat den Kopf verdreht: »Strafanzeige? Sie haben wohl noch nie en Ei jekauft? Eine Mark nehmen mer jetz all wieder, und wat unser Herr Bürgermeister is, dem sein Eier sollten Se mal sehen, halb so groß und noch zehn Pfeng teurer!«
    »Nicht mehr lange, liebe Frau!« sagt Derendorf bedeutungsvoll, »nicht mehr lange.« Und legt ein drittes Aktenstück an: ›Gegen den Bürgermeister, wegen Preiswucher‹.
    »Jessesmarandjosep hölp!« schreit die Frau und reißt das Huhn an sich. »Wenn dat hier so jeht!« Und entflieht aus dem Zimmer.
    Gladbach schließt hinter ihr die Tür. Derendorf ist aufgestanden und wendet sich an seine beiden Hilfsbeamten: »Sie müssen mich nicht für kleinlich halten. Es geht hier nicht um das Ei, sondern um den Grundsatz: Die Leute sollen den Hunger ihrer Mitmenschen nicht zu Geld machen. Und sie sollen wieder Achtung haben vor dem Gesetz – und Achtung vor uns, als der vollstreckenden Behörde.« – Das hat er schön gesagt und setzt sich wieder hin. Auf dem Schreibtisch liegen zwei schöne, glänzende Eier.
    »Wo kommen die Eier her?«
    »Sicher von dem Huhn«, mutmaßt Neuß.
    »Das ist sozusagen die Sympathie der Bevölkerung«, erklärt Gladbach; aber dann sieht er das finstere Gesicht seines Chefs und nimmt Haltung an: »Ich werde die Eier amtlich vernichten.«
    »Die Eier bleiben!« befiehlt Derendorf. Und mit großen Schritten durchs Zimmer gehend, diktiert er die vierte Strafanzeige ›wegen versuchter Beamtenbestechung –‹
    »Und die Eier nehmen Sie als Beweisstück zu den Akten.«
    »Wat für Eier?« fragt Neuß.
    »Die Eier!«
    Aber seine Hilfsbeamten sehen ihn verständnislos an. Derendorf wendet sich zu seinem Schreibtisch: Da sind keine Eier mehr. Sie sind weg, wie verdunstet.
    Derendorf sieht seine Hilfsbeamten durchdringend an, dann reckt er sich in ganzer Größe und diktiert: »Also gut, fünftens: Anzeige des hiesigen Gendarmeriepostens gegen sich selbst – wegen Diebstahls im Amt.«
    ***
    Die erste Amtshandlung Derendorfs bleibt nicht ohne Folgen:
    Ich sage Ihnen, dat ist aber einer!
    Und wie gut dat der aussieht.
    Ja, und vor nix ist der bang.
    Gott sei Dank, dat wir jetzt so einen haben.
    Ja. Und da kann die Frau Schmitz jetzt auch nit mehr so! – Ach, guten Tag, liebe Frau

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