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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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für den sog.
Feuerwehrautomaten
, dessen Supersymbole Feuerwehrzüge sind; im Gewinnfall rückt die Feuerwehr aus und löscht Brände. Oder so ähnlich. Ich kapiere das Spiel irgendwie nicht und verliere in einem fort. Ich bestelle ein Bier und einen Rum. C., der krankheitsbedingt nüchtern bleibt, mustert mich forschend:
    «Sag mal was.»
    «Wie sagen? Was soll ich denn sagen?»
    «Siehst du, es geht schon los.»
    «Was geht schon los?»
    «Deine Aussprache. Merkst du es nicht?»
    «Nein.»
    «Du lallst. Ich sehe es kommen: spätestens auf dem Rückweg lallend und auf allen vieren.»
    «Ach Quatsch.»
    «Von wegen. Nur ungern erinnere ich dich an deine Entgleisungen vergangener Jahre. Ich kenne niemanden, dessen Verfall so rasend schnell vorangeht. Einmal hast du dir sogar in die Hose gemacht.»
    «Das lag an was anderem.»
    Nach einer fruchtlosen halben Stunde bläst C. zum Aufbruch:
    «Hat keinen Zweck. Abmarsch.»
    Die Ampel steht auf Rot. Wir warten. Grün. Gehen.
    «Eins, zwo. Eins, zwo, drei.»
    «Wird’s gar nicht besser?»
    «Nein. Schlechter.»
     
    Nach zehn Minuten erreichen wir das
Mungo
. Im Inneren schlägt uns beißende Kälte entgegen.
    C.: «Du nimmst die linke Seite, ich nehm die rechte.»
    Doch auch im
Mungo
bleibt die Suche nach den Kugelautomaten ergebnislos, und da wir keine Lust haben, mit unserem sauer verdienten Geld langweilige Schrottkästen zu füttern, begeben wir uns an einen der Black-Jack-Tische, an dem drei fette, passend mit dicken Goldketten behängte Schwarze sitzen, die aussehen wie Karikaturen amerikanischer Hiphop-Produzenten. Wir setzen 500. Die Bank gewinnt. Wir setzen nochmal 500. Wieder gewinnt die Bank. Wir setzen abermals 500. Diesmal gewinnen wir. Nochmal 500. Wir. Dann die Bank, dann wir, dann zweimal die Bank, einmal wir usw. Black Jack gilt als das fairste aller Glücksspiele. Nach einer halben Stunde liegen wir bei plus/minus null. Gott, ist das langweilig. Man geht schließlich nicht wegen Fairness ins Casino, sondern wegen Thrill.
    Nach einer halben Stunde brechen wir das Experiment ab. Als ich aufstehe, zeigt der Rum schlagartig Wirkung, ich stolpere und kann einen Sturz nur mit Mühe verhindern.
    «Siehst du. Wie ich’s vorausgesagt habe: lallend und auf allen vieren. Ich flehe dich an, reiß dich zusammen und blamier mich nicht wieder bis auf die Knochen.»
     
    Um 22 Uhr 30 erreichen wir das
Velvet
, die mutmaßlich letzte Station des heutigen Abends. Das runtergeranzte, mit anderswo ausgemusterten Uraltmaschinen der ersten Generation bestückte Casino ist von ungeahnter Schäbigkeit, die Auslegeware total verdreckt, das Mobiliar zerschlissen, spackig, es ist drückend heiß. Von den ursprünglich drei Spielsälen ist nur noch einer in Betrieb, die anderen sind zu Abstellräumen umfunktioniert worden. Ich muss mal. In einem den Toiletten vorgelagerten Raum stehen neben einem defekten Konzertflügel mehrere Regale mit leeren Fässern. Alt. Mit Kreide Zahlen draufgemalt. Ganz, ganz hinten, irgendwo, die Toilette. Auf einem weißen Plastikstuhl schläft ein Klomann mit halboffenem Mund, aus einem Radio plärrt quäkend, verzerrt und in ohrenbetäubender Lautstärke undefinierbarer Musikmatsch.
    Als ich wiederkomme, wartet C. vor den Black-Jack-Tischen.
    «Ich hab schon überall nachgeschaut. Wieder keine Kugeln.»
    «Oje. Und nun?»
    «Black Jack. Jedenfalls besser als im Hotel hocken.»
    Ich steige um auf Rotwein.
    «Trink doch mal Wasser zwischendurch. Wenigstens ein Glas!»
    «Keinen Durst.»
    Wir verlieren. In einer Tour. Beide. Vier von fünf Spielen geben wir ab, so was habe ich überhaupt noch nicht erlebt. Nach einer Stunde liege ich mit 80 000 Schilling hinten, C. hat 100 000 verbraten.
    «Was geht hier vor? Die schummeln doch.»
    Eine Stunde später bin ich so betrunken, dass ich dauernd vom Stuhl rutsche, C. lehnt sich stöhnend zurück:
    «Darf ich dich nach deiner Bilanz befragen?»
    «Verheerend. 140 000 im Minus. Und du?»
    «170 000. Das sind eintausendsiebenhundert Euro. Ich hab nichts mehr. Abmarsch.»
    Wenn das so weitergeht, bin ich übermorgen pleite.
    C., auf dem Rückmarsch: «Darf ich dich befragen, welches dir am besten gefallen hat: das große, das kalte oder das schmutzige?»
    «Das schmutzige ist ja nicht etwa das billigste, wie man annehmen könnte, sondern verlustreicher als das große und das kalte zusammen.»
    Erstaunlich, dass mir diese komplizierte Formulierung noch fehlerfrei über die Lippen kommt. Ich kann mich kaum

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