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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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wirklich?»
    «Klingt zumindest sehr unwahrscheinlich.»
    «Die Kultur der Massai dreht sich ums Rind. Das Trinken von Rinderblut gehört dazu. Dabei wird dem Rind der Kopf festgehalten und mit einem Pfeil die Halsvene angeritzt, aber nicht durchtrennt. Nach der Entnahme von zwei Litern Blut wird das Rind verbunden und lebt weiter. Nach Zugabe von Milch wird das Gefäß geschüttelt, um die Bildung eines Blutkuchens zu verhindern.»
    «Ja, ist ja gut.»
    «Du interessierst dich also nicht für die Kultur des Landes, dessen Gast du bist?»
    «Nein. Doch. Natürlich.»
    Schweigen. Hitze. Vogelkreischen.
    Um uns herum schleichen unentwegt fliegende Händler, deren blau-gelbe Hemden sie als Mitarbeiter der
Nyali Dorada Crew
ausweisen. Die Männer verkaufen T-Shirts, Bilder, Teppiche, Puppen und allen nur denkbaren Nippes, die Frauen haben mobile Massage, Pediküre, Maniküre und
Dreadlockflechten
im Angebot. Dann gibt es noch eine winzige Hütte, in der man sich mit einer
Ocean-Massage
verwöhnen lassen kann.
    Ein großer, finster blickender Mann, wohl so etwas wie der Chefverkäufer, schreitet in Riesenschritten über den Strand und preist Affenpuppen an. Alle paar Meter bleibt er stehen, stellt sich auf die Zehenspitzen, verrenkt seinen Oberkörper und intoniert einen langgezogenen Shout: «I’ VE GOT THE MONKEYYYYYYYS . MONKEY SEEEEE , MONKEY DOOO .» Gleich nochmal: «I’ VE GOT THE MONKEYYYYYYYS . MONKEY SEEEEE , MONKEY DOOO .» Und nochmal: «I’ VE GOT THE MONKEYYYYYYYS . MONKEY SEEEEE , MONKEY DOOO .» C. zündet sich eine Zigarette an und macht mich mit den Ergebnissen seiner Recherchen vertraut: Widerrist und Kruppe sollten im Idealfall auf gleicher Höhe sein. Ich erfahre, was Wurfbuch, Ahnentafel, Gangwerk, Vorführleine und Leipziger Lefzen sind. Dass sich Pudel besser als jede andere Rasse als Lawinen-, Blinden-, Drogen-, Katastrophen- und Leichensuchhunde einsetzen lassen. Dass Pudel Wasserhunde sind (Pudel kommt von puddeln, was in manchen Mundarten so viel bedeutet wie
im Wasser planschen
). Dass Pudel als rassisch minderwertig gelten, wenn sie durch einen Karpfenrücken entstellt sind, Verzwergungsmerkmale aufweisen oder zu kleine Nasenschwämme. Dass Hunde mit Ramsnase, Staupegebiss, Apfelköpfen oder Glotzaugen chancenlos sind.
    «Apfelköpfe? Ich glaub, ich hör nicht richtig. Das ist ja Naziterminologie. Ich dachte, wir wollten extra
keinen
Nazifilm machen.»
    «Jaja, machen wir doch auch nicht. Solche Begriffe werden selbstredend nicht verwendet. Wichtig ist nur, dass
wir
Bescheid wissen. Ich hab übrigens ’nen guten Namen für den Radiotypen: Pit Steiger. Hat bereits viertausend Sendungen auf dem Buckel, sein einziger Freund ist der Taxifahrer, der ihn jeden Morgen zum Sender bringt.»
    «Und was ist das für ein Typ?»
    «Wer? Pit oder der Taxifahrer?»
    «Der Taxifahrer.»
    «Keine Ahnung.»
    «Ein afghanischer Student im tausendsten Semester. Mit den Jahren sind sie Freunde geworden. Pit wird sogar zu Familienfeierlichkeiten eingeladen. Was hältst du davon: Der ganze Stolz der Familie ist ein Pudel, ziemliches Mittelmaß, aber sie sind felsenfest davon überzeugt, dass er nur deshalb nie gewinnt, weil sie als Afghanen vom Juryvorsitzenden gemobbt werden. Jetzt soll Pit den Hund zum Sieg führen und gleichzeitig den Vorsitzenden als Rassisten enttarnen!»
    «Sehr gut, Bursche. Du scheinst das Prinzip einer Komödie begriffen zu haben.»
    «Jaja. Sehr witzig.»
    «Sei nicht so empfindlich. Wir brauchen auch noch vier oder fünf andere Teilnehmer. Vorschläge?»
    «Neureiche Russin mit sündhaft teurem Elitehund, eine bereits zum Inventar zählende Oma, ein debiler Hinterwäldler und ein Kind.»
    I GOT THE MONKEYS . MONKEY SEEEEE , MONKEY DOOO.
    C. steckt sich die nächste Zigarette an und macht einen zufriedenen Eindruck. Nichts pumpt einen mehr auf als gute Ideen. Außer vielleicht die schweren Omicron-Hanteln. Genüsslich lässt C. den Rauch vom Mund in die Nase steigen. Ich würde jetzt auch gern eine rauchen, zur Belohnung. Geht nicht, schade. Das Leben besteht aus der Summe der versagten Genüsse. C. schlägt vor, es für heute seinzulassen. Ruhe auf dem Zimmer, 19 Uhr Poolbar.
    Zeit für die tägliche Trainingseinheit, in deren Mittelpunkt heute Bauchmuskeltraining steht: Diagonalcrunch mit wechselnden Beinbeugen, Scherencrunch, Grätschcrunch und Bodendrücker. Meine Sprache, meine Welt: Höchstkontraktion (Peak contraction). Schockprinzip. Super Sets. Abnehmende Sätze (Staggering

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