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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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kaserniert. Nach dem Mästungsprozess werden die Mädchen auf dem Dorfplatz begutachtet. Schätzt man sie als fett, schön aussehend und rundlich ein, bekommen sie ein Stück weißer Kreide, den knöchrigen und verklemmten hingegen wird ein Stück Holzkohle überreicht, und sie werden noch dazu durch Spottgesänge lächerlich gemacht.»
    «Ach, du spinnst doch.»
    «Nein. Ich schwöre. Manche Feedees geben in einschlägigen Internetforen Anzeigen auf, dass sie zwar unbedingt weiter zunehmen wollen, sich das Essen jedoch nicht mehr leisten können und daher um Zusendung von Care-Paketen bitten. Im Gegenzug schicken sie Fotos, die sie nach Wünschen ihrer virtuellen Mäster aufnehmen. In enger Kleidung, aus der die Fettwülste herausplatzen.»
    «Aha.»
    «Im brandenburgischen Specklin findet sich Deutschlands einziger Beauty-Mastbetrieb. Dort wird man gehalten, den Tag im Liegen zu verbringen, Beförderung findet ausschließlich in Sänften statt. Das interessante Motto des Sanatoriums: Mit dem Leib weitet sich auch der Geist. Indem wir dem Körper die störenden Kanten nehmen, bringen wir die Gedanken dazu, die Richtung zu wechseln. Guck mal nach rechts, die beiden da, er ist der Feeder, sie Feedee.»
    Die Frau schraubt sich ächzend und schnaufend aus ihrem Stuhl, greift nach einer Krücke und verlässt, gestützt von ihrem Mann, den Speisesaal. Wieso greift das Personal nicht ein? Solche Praktiken sind doch bestimmt nicht legal.
    «Soso, dann sind wir also in einem Hotspot der internationalen Feederszene gelandet. Eine Freakshow. Wie dem auch sei, Bursche, ich darf dich langsam ins Casino bitten, es gilt, die gestrigen Verluste wieder reinzuholen.»

Alltag Mystiqe
    Sechs Uhr siebenunddreißig. Schon wieder bin ich hellwach, das darf doch nicht wahr sein! Ich habe ja viele Probleme, aber Schlafprobleme eigentlich nicht. Ich lasse den gestrigen Abend Revue passieren: Bier, Rotwein, Rum, schmerzliche Verluste beim Black Jack (schmutziges Casino), auf dem Rückweg heftiger Streit mit C. Peinlich, ein unentschuldbarer Aussetzer meinerseits, Lachanfall, hysterischer Anfall, einfach nur Anfall, Spirale des Wahnsinns, keine Ahnung, wie man’s nennen soll, ich habe mich jedenfalls wie ein Irrer benommen. Dabei gab es überhaupt keinen Grund, weder hat jemand einen gelungenen Witz gerissen, noch ist etwas Komisches passiert oder sonst etwas, das Anlass zu meiner Psychoattacke gegeben hätte. Grunzend, grölend, greinend, tierische Laute ausstoßend habe ich eine Art Veitstanz aufgeführt und bin dabei in einen Zustand völliger Entäußerung geraten, einer schizoaffektiven Psychose nicht unähnlich. C. hat jedenfalls nicht kapiert, was das Ganze
soll
. Dummerweise hatte er den ganzen Abend keinen Tropfen getrunken – abstinenzbedingte Humorlosigkeit. Egal, keiner hätte das verstanden. Und je genervter C. reagierte, desto mehr bin ich durchgedreht, bis es vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist und ich mich komplett habe gehenlassen. Kurz vor unserem Hotel sind uns nächtliche Spaziergänger begegnet, denen sich ein bizarrer Anblick geboten hat: Ein vor Wut dampfender Mann marschiert, den Blick starr geradeaus gerichtet, ein anderer hüpft wie ein psychedelisiertes Rumpelstilzchen um ihn herum. C. ist grußlos im Zimmer verschwunden. Mein Aussetzer wird nicht ohne Folgen bleiben, so viel ist sicher. Sechs Uhr fünfzig. Bitte, bitte, lieber Gott, lass mich wenigstens noch ein Stündchen schlafen! Wie soll ich den Tag sonst überstehen? Manchmal hilft lesen. Aber nicht irgendetwas:
    «Dann kam ein Kleid mit der ersten zaghaften Andeutung von Schulterpolstern, und gleich darauf folgten die selbstbewußteren, dynamischeren, reiferen Schwestern, die schon die burschikosen Jahre abgestreift hatten, Taille und Kurven entdeckten, die Hoffnungen der Männer aber souverän ignorierten und wieder länger wurden. Ihr neuestes und bestes Stück, das sie sich zum Examen gekauft hatte, ehe sie von ihrer beschämenden Note erfuhr, war ein die Figur betonendes dunkelgrünes, diagonal geschnittenes, rückenfreies Abendkleid mit Nackenband.»
    Gleich schüttet das Hirn die müde machenden Substanzen aus.
    «Viel zu elegant, um es daheim zum ersten Mal zu tragen. Also ließ sie die Hand zurückwandern und holte ein Kleid aus Moiré mit plissiertem Oberteil und langettiertem Saum heraus – eine sichere Wahl, da das Rosa matt und dezent genug für den Abend war. Der dreiflügelige Spiegel sah es genauso. Sie zog sich andere Schuhe an,

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