Heinz Strunk in Afrika
ein Toupet. Reynolds sei im Übrigen der erste Schauspieler, der fünf Millionen Dollar pro Film bekommen habe und allein für Pflege und Neuanschaffung seiner Haarteile einhundertzweiundvierzigtausend Dollar im Jahr veranschlage, wie ich einmal dem TV -Magazin
Celebrities
entnommen hätte. Beruhigende Informationen. C. kriegt sich wieder ein.
Pause.
Ob ich wisse, was ein Grower sei. Nein, nie gehört. Erst kürzlich sei er von einem
ernstzunehmendem
Menschen als einer bezeichnet worden. Merkmal des Growers sei, dass er, je länger man ihn anschaue, immer attraktiver werde, seine Schönheit erschließe sich erst bei längerer Betrachtung. Was denn das Gegenteil eines Growers sei, will ich wissen. Männer, die auf den
ersten
Blick schön sind, George Clooney oder Brad Pitt beispielsweise. Je länger man sie betrachte, desto durchschnittlicher und langweiliger würden sie. Klingt einleuchtend.
Als Nächstes arbeiten wir das Nationalitäten-Attraktivitätsranking ab. Ob, wie immer behauptet wird, die Deutschen tatsächlich die Hässlichsten seien. Ich vertrete den Standpunkt, Deutsche, Österreicher und Japaner stünden auf einer Stufe. Deutsche und Österreicher sähen fast immer so aus wie von Manfred Deix gezeichnet. Aber bei genauem Überlegen seien die Japaner mit ihren dürren, verwachsenen Körpern, den Pferdegesichtern und riesigen, schiefen Zähnen
noch
hässlicher, jedenfalls der Teil der Population, dem man für gewöhnlich im Urlaub begegne. Puppen des Kapitalismus, der einzige Antrieb: mehr. Auch ihre Sprache klinge schrecklich: kehlig, stakkatohaft, schnarrend, zum Fürchten. C. zeigt sich empört über meinen
rassistischen Ausfall
, er habe nicht geahnt, dass ich
auch
etwas gegen Asiaten hätte, je länger er mich kenne, desto mehr Abgründe täten sich auf. Jaja. Wir einigen uns darauf, dass die schönsten Menschen aus Skandinavien stammen (mit Ausnahme der Finnen, Finnen sind die Japaner Skandinaviens), Rang zwei und drei bekleiden Franzosen und Brasilianer.
Pause.
C. schnippt seine Zigarette weg und weist mich auf die angeblich frappierende Ähnlichkeit zwischen mir und dem älteren und dickeren der beiden Amis hin. Frechheit. Der Mann, Typ verschmitzter Zahnarzt im Vorruhestand, klein, Birnenfigur, Vollglatze, mit anderen Worten: Weniger Ähnlichkeit geht nicht. C., kiebig: «Heinz Strunk in flott.» Nachsatz: «Und fröhlich.» Ich kontere, dass er dem mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrischen Clint Eastwood wie aus dem Gesicht geschnitten sei. C., sichtlich amüsiert: «Robert Redford, Alain Delon, Clint Eastwood: Greise mit Pistolen.» Wir lachen. Herrlich, endlich gibt’s mal was zu lachen!
«Bursche, darf ich dich zur nachmittäglichen Arbeitseinheit am Indischen Ozean einladen?»
«Ja. Aber lass uns auf dem Weg an der Poolbar einen Cappuccino trinken.»
«Einverstanden. Koffein betäubt den Hunger.»
Schmeckt sehr gut, der Cappuccino. Einer plötzlichen Eingebung folgend bestelle ich Sprite. Die prickelnde weiße Brause habe ich seit bestimmt zwanzig Jahren nicht mehr getrunken. Köstlich. C. zeigt sich ebenfalls begeistert. Es herrscht absolute Gewissheit darüber, dass wir ab sofort
immer
genau um diese Zeit einen Zwischenstopp an der Poolbar einlegen und
immer
Sprite und Cappuccino trinken werden. Ob die Kenianer ein Nationalgetränk haben, wie die Griechen Ouzo oder die Italiener Ramazzotti? Egal. Austrinken, Abmarsch. Als wir das Wartehäuschen passieren, brechen die beiden Grüßauguste in schallendes Gelächter aus.
« HAHAHA , THE GERMAN GUYS . HOW ARE YOU TODAY ? LOS JETZT , SCHWEINEHUNDE , SCHNELLER , SCHNELLER ! HAHAHA .»
Demütigend. Kaum vorstellbar, dass sie das Ehepaar Wolf oder irgendein anderes Ehepaar auch so despektierlich behandeln, und ganz abgesehen davon, dass Wolfs keine Minute ihrer gottverdammten Zeit am Strand verplempern würden. Naja, als stockschwuler Sextourist muss man ein dickes Fell haben.
«I’ve got the monkeys. Monkey seeee, monkey dooooo.»
Kaum haben wir unsere Plätze bezogen, kommt ein höchstens sechzehnjähriger, irgendwie irre wirkender Junge herangeeilt und baut sich vor uns auf. Er zieht eine Handvoll Perlenketten aus seiner Umhängetasche und fuchtelt damit vor unseren Gesichtern herum. «Saubillig.»
Aha. Er mustert uns von Kopf bis Fuß und wiederholt mehrere Male sein einziges Verkaufsargument:
«Saubillig!»
Woher weiß der überhaupt, dass wir Deutsche sind? Wird man auf der ganzen Welt sofort als Deutscher enttarnt?
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