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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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konnte, und verließ sie auf der Matratze liegend und mit dem Federbett zugedeckt. Das Kind, das kräftig und gesund aussah, wickelte ich in einen halbwegs sauberen Pullover Kathys, nahm es in den Arm und ging hinunter, um mich nach Mrs. Houston umzusehen. Oben war sie nicht zu erblicken, aber aus der Küche kam Tellergeklapper. Ich war gerade unten angelangt, als die Haustüre ging und der Hausherr heimkam. Er sah sehr flott aus in seinem braunen Filzhut mit der aufgerollten Krempe und dem buschigen Schnurrbart, den er sich zum Ausgleich für seine kleine Statur hatte wachsen lassen.
    »Gratuliere!« begrüßte ich ihn. »Es ist ein Junge!«
    Seine blauen Augen sprangen ihm fast aus dem Kopf, und er näherte sich meinem Bündel.
    »Was zum Kuckuck haben Sie denn da?«
    »Ein Baby.«
    In diesem Augenblick rief Mrs. Houston, aus der Küche tretend, ihm zu:
    »Gott sei Dank, daß du da bist, Matthew«, und sank auf der untersten Treppenstufe um.
    Ich überließ den Säugling Mr. Houston und gab seiner Frau einen Klaps auf die Wange.
    »So«, sagte ich dann, »jetzt wollen wir die Angelegenheit besprechen.«
    In der richtigen Annahme, daß kein Mitgefühl für sie bereitstand, setzte Mrs. Houston sich auf. Wir erklärten ihrem Gatten, was sich abgespielt hatte.
    »Ich wußte nicht mal, daß sie schwanger war«, wimmerte Mrs. Houston. »Sie sah genauso aus wie immer.«
    »Nicht nur schwanger, sondern im neunten Monat, möchte ich
    sagen«, gab ich ihr zu wissen. »Sie muß es unter ihrer Schürze verborgen haben.«
    »Was sollen wir bloß machen? So ein fürchterlicher Schrecken!«
    Ich stopfte meinen Hemdzipfel in die Hose. »In einer Woche ist sie bestimmt wieder obenauf. Sie hat ja eine Roßnatur.«
    »Ich kann sie nun doch nicht behalten!« rief Mrs. Houston.
    »Nehmen Sie mir das da um Himmels willen ab«, sagte ihr Mann und reichte mir das Baby.
    »Wenn Sie sie nicht hier behalten wollen, muß ich dem Krankenhaus berichten«, erklärte ich und reichte es ihm zurück. »Aber ich weiß nicht, ob sie sie überhaupt aufnehmen werden, weil sie das Kind ja schon hat. Ich werde sagen müssen, sie hätte es noch nicht, und vorgeben, es sei gerade angekommen, während sie unterwegs waren, um sie abzuholen. Freilich wäre es weitaus besser, Sie könnten sie hier behalten.«
    Ich sah, wie Mrs. Houston entsetzt die Augen hob, und begab mich aus Mitleid für Kathy ans Telefon.
    Ich wartete, bis die Ambulanz sie abgeholt hatte, und ging dann hinauf, um meine Jacke anzuziehen.
    Mrs. Houston öffnete mir die Haustür und sah mich kalten Auges an. Sie verabschiedete sich, als sei ich allein an allem schuld, und wartete kaum ab, bis ich draußen stand, um die Türe hinter mir zuzumachen. Ich wappnete mich im stillen nicht nur gegen ein Hackbeefsteak, sondern gegen angebranntes Hackbeefsteak und setzte mich in das Auto, um meine übrigen Besuche zu erledigen, in der Hoffnung, sie würden weniger ereignisreich verlaufen.
     

FÜNFZEHNTES KAPITEL
     
    Sie waren gerade fast alle aus den Sommerferien wieder daheim angelangt, die Wohlhabenden von Viareggio oder Santa Margherita (Frankreich schien aus irgendeinem Grunde dieses Jahr weniger beliebt), die nicht so Wohlhabenden aus den vielen englischen Seebädern. Die noch weniger mit Glücksgütern Gesegneten hatten sich damit zufriedengegeben, in ihrer freien Woche den Garten in Ordnung zu bringen, die Küche frisch zu weißen und alle sonstigen Schäden auszubessern, die im Laufe von einundfünfzig Arbeitswochen im Hause entstanden waren. Die Kinder dieser Häuser hatten in den meisten Fällen das Meer nie zu sehen bekommen und erbrachten die Sommerferien mit Seilhüpfen und Rollerfahren auf den Straßen. Entschwunden waren die langen, faulen Tage an fremdem Strand, vergessen war die kleinliche Habgier der Pensionsinhaberinnen in den heimischen Sommerfrischen bis zum nächsten Jahr, und die Türen wurden auf die bevorstehenden Winterstürme hin abgedichtet. Die Kinder gingen wieder in die Schule, die Straßen waren still, und morgens wie abends war das Wartezimmer voll. Die Mütter saßen, nachdem sie die Schuluniformen mit Anfangsbuchstaben gezeichnet, auf der Suche nach der richtigen Schuhnummer durch die Läden geirrt waren und pflichtschuldig die Mickymausbilder in den Kinderbüchern bewundert hatten, gemütlich an den Wänden und genossen die Minuten der Ruhe, ehe sie an der Reihe waren, mir im Sprechzimmer ihr Herz auszuschütten. Für die Arbeitermütter hatte ich ein besonders

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