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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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herausnahm«, ließ sich ihre Freundin vernehmen, um sie womöglich zu übertrumpfen.
    »Allerdings muß ich noch immer ganz furchtbar vorsichtig sein!«
    Die Conferenciere, in schwarzem Kleid mit hell-lila Orchideen über dem Busen, rief die Anwesenden in liebenswürdig-strengem Ton zur Sache.
    »Longchamps«, kündigte sie an, und der Vorhang teilte sich, um Joanna in einem smaragdfarbenen Tweedkostüm hervortänzeln zu lassen.
    Ungeduldig wartete ich, während Gay »Arnie« zeigte, Claire »Contessa« und ein neues, mir noch unbekanntes Mannequin » Herbstmorgen«.
    »Fiona« erscholl es danach. Dies war ein Tageskleid aus mandarinfarbener Wolle, und in ihm steckte Sylvia. Sie sah mich nicht, und ich folgte ihr mit den Blicken, während sie mit der vollendeten Grazie, deren nur sie fähig war, ihre Aufgabe erfüllte. Durch di^ undefinierbare Verschmelzung mit den Toiletten, die sie vorführte, war sie an die Spitze sämtlicher Mannequins gelangt. Sie sah aus, als trete sie ganz einfach in einem ihrer eigenen Kleider auf, statt den Zuschauern ein neues Modell zu präsentieren, und diese trügerische Selbstverständlichkeit war der Grund, warum die Damen sich stets um das, was sie trug, rissen. Ich konnte mir nie ein Lachen verbeißen, wenn ich bemerkte, wie die starken, breitschultrigen Frauen in 'ihren Katalogen jedesmal Sylvias Nummern anstrichen. War es menschenmöglich, daß sie sich einbildeten, sie selbst könnten in solch einem Kleid auch nur annähernd so aussehen wie Sylvia? Doch Sylvia vollbrachte das Wunder, daß sie es wirklich glaubten, und das war für die Modezeichner ja das Ausschlaggebende. Sylvia konnte darum auch ihre Preise selber machen. Ein weiteres Merkmal ihrer Modevorführungen war, daß sie stets lächelte. Da gab es nichts von der steif-obligaten, zudringlichen Art der meisten anderen Mannequins! Sylvia wählte sich ihre Kundinnen unparteiisch aus und beglückte sie mit einem warm strahlenden Gesicht.
    Es genügte mir, ruhig dazusitzen und sie zu beobachten. Sie zeigte »Aperitif«, »Cordon Bleu« und »Ritz-Bar«. Eben war sie durch den Vorhang entschwunden, um sich eines enganliegenden schwarzen Kleides namens »Après-Midi« zu entledigen, als ich zufällig nach der Tür blickte und mir damit meinen Nachmittag verdarb. An einem der Marmorpfeiler lehnte, den goldenen Zigarettenhalter im Mundwinkel und ein Monokel im Auge, der ekelhafte Wilfred. Er stand mit gekreuzten Armen in einer so nonchalanten Pose da, als gehöre ihm der ganze Modesalon. Ich konnte nur hoffen, der Pfeiler werde Umstürzen und ihn erschlagen.
    Statt Sylvia weiter zu beobachten, beobachtete ich nun Wilfred, wie er Sylvia beobachtete. Ich mußte zugeben, daß es ihn erwischt hatte! Sobald sie auftrat, richtete er sich auf, nahm die Zigarette aus dem Mund und gaffte bloß noch. Es war, als habe er den Schock ihres Jaworts noch immer nicht überwunden. Das mußte ihn auch wohl jedesmal, wenn er in den Spiegel sah, in immer zunehmendem Maße erstaunen. Die Modeschau ging weiter, aber mir war alle Freude daran verflogen. Meine Chancen, sie nachher zum Tee mitzunehmen und sie um Verzeihung zu bitten, waren mit Wilfreds Erscheinen verflogen. Was für ein Trottel ich war, daß ich annehmen konnte, der erbärmliche Wicht würde sich von der Veranstaltung fernhalten!
    Vor der letzten Vorführung, dem Höhepunkt der Schau, war eine Pause. Selbstredend war es Sylvia, die erschien. Es war fast mehr, als ich zu ertragen vermochte: Sylvia im vollen Hochzeitsstaat! Sie wurde mit stürmischem Beifall akklamiert, und ich hätte sie küssen mögen. Wilfred trug eine selbstgefällige Miene zur Schau, und ich versagte es mir, den zwischen den beiden ausgetauschten Blick zur Kenntnis zu nehmen. Sie schwebte ganz nahe an mir vorbei, und das schaumzarte weiße Gewebe, aus dem das Kleid bestand, raschelte sanft bei ihren Bewegungen. Ich verkroch mich tiefer hinter meine Palme. Sie kehrte um, und die Schleppe rauschte in weichen Falten hinter ihr drein. Indem sie den blonden Kopf zurückwarf und das Brautbukett mit ihrer eleganten Hand leicht an sich drückte, glitt sie durch den Vorhang. Ich mußte fort. Und das geschwind! Es gelang mir, zwischen den Gruppen der Zuschauerinnen, die jetzt aufgestanden waren, hindurchzuschlüpfen und mit abgewandtem Kopf an dem müßig wartenden Wilfred vorbeizukommen, wobei ich mich zusammennehmen mußte, um ihm nicht sein Monokel aus dem Fischauge zu schlagen. Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte ich die

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