Heirate mich, Prinzessin!
hatte aufblitzen sehen. Damals hatte sie noch geglaubt, es sich nur eingebildet zu haben. Doch das hier war unmissverständlich.
„Ihre … Position ist gefestigt, das versichere ich Ihnen. Sie sollten mittlerweile genug Erfahrung haben, um zu wissen, dass das Persönliche im Geschäftsleben endet, sobald die Verhandlungen beginnen. Und falls der Kronrat denkt, ich hätte persönliche Absichten, dann ist das nur logisch. Schließlich wäre ich nicht da, wo ich heute bin, wenn ich meine Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen würde.“
„Ich hätte wissen müssen, dass Sie sich nicht einmal die Mühe machen würden, es zu leugnen“, erwiderte sie indigniert.
Er warf ihr einen rätselhaften Blick zu. „Aber ich gebe es auch nicht zu. Sie können hineininterpretieren, was Sie wollen. Es gibt übrigens noch einen dritten Aspekt: Ich wollte mit einer Person reden, die etwa gleichaltrig ist, nicht mit den übrigen Mitglieder des Kronrats, die so alt sind wie mein nicht vorhandener Vater oder älter.“
Clarissa traf seine Bemerkung an einer empfindlichen Stelle, denn seit sie wusste, dass Ferruccio elternlos aufgewachsen war, konnte sie ihn nicht mehr aus ganzem Herzen hassen. Oft hatte sie sich vorgestellt, wie einsam und verlassen er sich als Kind gefühlt haben musste. Er hatte sicher unendliches Leid erfahren, bis er sich jene raue Schale zulegte, die ihm seinen kometenhaften Aufstieg ermöglicht hatte. Sie war nicht in der Lage, ihr Mitgefühl für das unglückliche Kind zu unterdrücken, auch wenn sie den Mann, zu dem Ferruccio geworden war, nicht mochte.
Als sie nicht antwortete, legte Ferruccio nach. „Hier kommt ein viertes Argument. Sie sind dasjenige Mitglied des Kronrats, das mir am meisten gefällt.“
Sie war froh über seine leicht dahingeworfene Bemerkung. „Das glaube ich gern, wenn man die Alternativen bedenkt.“
Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. „Glauben Sie wirklich, ich hätte Sie nur ausgewählt, weil die Alternativen Tattergreise und alte Jungfern gewesen wären?“
Ich glaube es nicht, ich weiß es, hätte sie am liebsten gerufen, aber sie verkniff es sich, denn hatte er es nicht mehr oder weniger zugegeben? Und selbst wenn es anders gemeint gewesen war, wusste sie, dass sie für ihn Luft war, sobald es attraktivere Optionen gab. Denn das wusste sie aus erster Hand.
Nach dem Ball, auf dem sie Ferruccio das erste Mal begegnet war, hatte sie ihre Freundin Luci ausgefragt. Zu gern hätte sie gehört, dass sie sein Verhalten missdeutet hatte. Doch Luci hatte ihren Verdacht bestätigt.
Ferruccio hatte sich Luci und Stella in eindeutiger Absicht genähert. Luci gab sogar zu, sie hätte kurz darüber nachgedacht, ihn mit Stella zu teilen, diesem Ekelpaket, wenn sie ihn schon nicht für sich allein haben konnte. Doch plötzlich habe er sich abgewandt und sei verschwunden.
Jahrelang hatte er Clarissa gegenüber so getan, als habe er die beiden Frauen nicht angemacht. Doch was sie von Luci erfuhr, machte ihr klar, dass er wohl einfach davon ausging, dass alle Frauen, die er haben wollte, zur Verfügung standen. Der einzige Reiz, den sie, Clarissa, auf ihn ausübte, war, dass sie die Tochter des Königs war, und später, dass sie die einzige Frau war, die ihn zurückwies. Und das Verlangen, das sie jedes Mal, wenn sie ihm begegnete, in seinen Augen zu lesen glaubte, war höchstwahrscheinlich reine Einbildung. So wie jetzt.
„Kein Widerspruch mehr, Principessa ?“, fragte er. „Hm, ich glaube, ich weiß, warum.“ Er richtete seinen Blick auf ihren Mund, bis sie das Gefühl hatte, seine Lippen auf ihren spüren zu können. „Sie sind … hungrig.“
Alarmiert, weil sie annahm, er habe erkannt, was sie fühlte, wollte sie leugnen, doch er nahm ihren Arm und sagte: „Kommen Sie. Sie müssen etwas essen, damit Sie wieder angriffslustig werden.“
Essen. Das war es, was er gemeint hatte.
Während Clarissa ihm folgte, verlor sie bald jeglichen Orientierungssinn. Das Anwesen war riesig. Endlich erreichten sie ein großes Tor aus Eichenholz. Ferruccio öffnete es, und Clarissa ließ sich willenlos von ihm leiten.
Kurz darauf betraten sie eine erhöhte Terrasse, von der man einen herrlichen Blick auf den großen rechteckigen Pool hatte, der wie ein Aquamarin inmitten blühender, geometrisch angelegter Gärten lag. Dahinter erstreckten sich Olivenhaine, und in einiger Entfernung erhoben sich die von wilder Vegetation bewachsenen Berge. Zu ihrer Linken aber erhoben sich flache Dünen,
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